Das Schlierseer Bauerntheater war das erste bayerische Bauerntheater.
Gründung
Gegründet wurde die Theatergruppe 1892 in Schliersee von Konrad Dreher und Xaver Terofal. Nach den Plänen des Münchner Architekten Emanuel von Seidl wurde im selben Jahr ein Theatergebäude errichtet, das mehr als 450 Besuchern Platz bot. Die wenige Jahre vorher eröffnete Eisenbahnlinie ermöglichte es den Gästen, bequem von München aus nach Schliersee anzureisen und dort in ländlicher Umgebung die Aufführung von Volksstücken zu besuchen.
Ensemble
Im Gegensatz zur damaligen Gepflogenheit, auch Volksstücke in Mundart mit akademisch ausgebildeten Schauspielern zu besetzen, ging die Schlierseer Bühne einen anderen Weg: Das „echte Leben“ sollte ein Darstellerkreis aus Handwerkern und Bauern lebendig vermitteln. Trotzdem war das Ensemble in Vollzeit für das Theater tätig: in der Sommersaison im Stammhaus in Schliersee und den Winter über auf Gastspielen in Deutschland, Österreich und Übersee. Zum Ensemble gehörten (1893) u. a. Xaver Terofal und Tochter Anna, Willi Dirnberger und Ehefrau Therese (Miesbach), Mathias Gailing, Anna Reil, Marie Riedlechner, Sigmund Wagner, Jakob Weinisch (Schliersee), Michael Dengg (Rottach-Egern).
Gastauftritte und Reisen
Neben zahlreichen Gastauftritten in München, Frankfurt, Nürnberg, Hamburg, Stuttgart und Wien trat die Truppe 1895 eine große Amerika-Tournee an. Bemerkenswert sind dabei vor allem die Auftritte an der Metropolitan Opera in New York.
KdF und Frontbühne
Das bäuerliche Schauspiel und die darin gezeigte Lebensart passte gut in die Vorstellung der NS-Machthaber ab 1933. Im Rahmen der nationalsozialistischen Freizeitorganisation „Kraft durch Freude“ wurden Reisen nach Schliersee und Besuche des Bauerntheaters angeboten. Eine noch stärkere politische Instrumentalisierung erfuhr die Truppe beim Einsatz als „Frontbühne“ in den Jahren 1939 bis 1944. Dabei wurden deutsche Truppenteile in Frankreich, Russland, Griechenland und Polen besucht und mit Vorstellungen populärer Volksstücken unterhalten.
Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Ende des Weltkrieges hatte die Truppe mit großen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Ein Brand im Stammhaus machte zudem eine Pause von zwei Jahren nötig. Das Ensemble fand nicht mehr zu alter Größe zurück und konnte weder mit der Qualität der Stücke noch mit der schauspielerischen Leistung an frühere Zeiten anknüpfen, was jedoch wenig an der Beliebtheit des Schlierseer Bauerntheaters der heutigen Zeit änderte.
Literatur
- Julius Schaumberger: Konrad Dreher's Schliersee'r Bauerntheater. Ein Zeit- und Zukunftsbild. Mit 7 Ansichten der Gegend und des Theaters und 13 Bildnissen Konrad Dreher's und der Hauptdarsteller. E. Albert & Co., München 1893.
- H': Schlierseer Bauerntheater, in: Allgemeine Kunst-Chronik. Illustrirte Zeitschrift für Kunst, Kunstgewerbe, Musik, Theater und Literatur. Bd. 17. München 1893, S. 494–497 (Abbildungen).
- Illustrirte Zeitung Leipzig, Nr. 2617, 26. August 1893, S. 239 (Abb.).
- Ernst Georg Nied: Almenrausch und Jägerblut. Die Anfänge des berufsmäßigen oberbayerischen Bauerntheaters vor dem ersten Weltkrieg, München 1986 (= Münchner Beiträge zur Theaterwissenschaft, Bd. 17) [zugleich phil. Dis.].
- Siegfried Weiß: Der Kampf um die Überreste – Humor und Gesellschaftskritik im Werk des Münchner Malers Peter Baumgartner (1834–1911) und seine Beziehung zum oberbayrischen Bauerntheater. In: Pantheon, München 1999, S. 203–207 (Abb.).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Schlierseer Bauerntheater. In: Kultur – Lebensart, 2020. Auf Schliersee.de, abgerufen am 24. Oktober 2020.