Geschichte
Das Geschossbuch der Stadt Jena von 1406 nennt auf Seite 163 einen Albrecht Tümpling mit Gütern am Jenzig undir und bie dem Talensteyne. Auf entsprechenden Plänen sind bis 1846 keine Gebäude an der Stelle von Gut Thalstein zu erkennen. Nachweislich erster Besitzer ist Rentamtmann Eduard Steinert, der seit 1841 die Obstnutzung auf seinen Grundstücken verpachtete und 1853 eine Holzauktion auf Thalstein veranstaltete. Bis Mitte 1853 lassen sich seine Zeitungsanzeigen für den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte und einen Weinberg verfolgen, bis er das Anwesen allerdings bereits 1858 wieder zum Kauf anbot. Danach soll sich auf dem Gelände eine Manufaktur für Holzstifte befunden haben. In der Zeitung wurden dazu Stellenanzeigen veröffentlicht. Der nächste Eigentümer hieß Gerstung, ebenfalls Landwirt, der das Gut mindestens bis 1864 besaß. Bis 1868 sprach man vom Gut, nicht vom Schloss Thalstein.
In der Folgezeit wurde das Anwesen von der Familie von Tümpling erworben. Der preußische General, Ritter des Schwarzen Adlerordens und Träger weiterer hoher Auszeichnungen, Wilhelm von Tümpling, lebte bis 1884 auf Thalstein. Bereits 1891 erwarben seine Nachfahren von der Gemeinde Wenigenjena den Hang des Jenzig südöstlich des Anwesens und einen Teil des Plateaus für 1.400 Mark und ließen das Grundstück besteinen. Hinter der Berggaststätte „Jenzighaus“ findet man heute noch einen Grenzstein mit der Jahreszahl 1891. Die von Tümpling stifteten für Thalstein ein Familienfideikommiss, um 1900 war Wolf von Tümpling (1845–1923) der Grundbesitzer. Er hatte mehrere Aufgaben inne, war kaiserlich deutscher Legationsrat, königlich preußischer Rittmeister, Rechtsritter des Johanniterordens und in erster Linie Familiengenealoge. Seine Ehefrau war Luise von Boyen, selbst Gutsherrin auf Löbichau bei Gera. Wolf von Tümpling-Thalstein fand auch Erwähnung im Deutschen Adressbuch der Millionäre. Ebenso war er Mitglied im heraldischen Verein Adler und Autor mehrerer Bände der Chronik seiner Familie. Auf Schloss Thalstein befand sich auch das Familienarchiv der Tümpling. Zwischen 1892 und 1902 fanden umfangreiche Modernisierungen am Herrenhauskomplex statt. Ende der 1930er Jahre wohnte nach den Jahrbüchern der Deutschen Adelsgenossenschaft, Landesabteilung Sachsen, der Oberst Horst von Tümpling (1859–1959) mit seiner Frau Marie-Anna von Heynitz (1871–1966) in Thalstein. Ihr Sohn, der Rechtsanwalt und Oberst Wolf von Tümpling (1899–1984), blieb mit der Familie in Jena, deren Kinder lebten nach dem Genealogischen Handbuch des Adels Ende der 1980er Jahre in Erfurt.
1960 übernahm der VEB Fernmeldewerk Arnstadt den Gebäudekomplex, der es als Ferienheim nutzte.
Nach der Wende stand das Gebäude leer. Seit es 2002 durch das Bundesvermögensamt veräußert wurde, verfällt das denkmalgeschützte Schloss zunehmend. Aus diesem Grund wurde der Besitzer, ein Steuerberater aus Jena, 2010 vom Denkmalverbund Thüringen mit dem Negativpreis „Schwarzes Schaf der Denkmalpflege“ ausgezeichnet. Seit 2021 wird erneut eine Sanierung und Nutzung als Wohn- und Geschäftsflächen geplant.
Umgebung
Das Schloss befindet sich zwischen den Siedlungen von Wenigenjena und Kunitz, zwischen Jenzig und Saale und nur wenige hundert Meter nördlich der Erlkönig-Statue.
Literatur
- von Tümpling. Geschichte des Geschlechtes von Tümpling. Band 4, 1890 bis 2020. Basierend auf dem Privatdruck von 1987, Hrsg. Wolf von Tümpling, tredition (Verlag), Hamburg, Erfurt 2020, S. 35–37; S. 94–133. ISBN 978-3-347-13852-0.
- W. von Tümpling: Thalstein – ein Stück Nachkriegsgeschichte einer Thüringer Familie. In: J. Sobotka (Hrsg.): Burgen, Schlösser, Gutshäuser in Thüringen. Veröffentlichung der Deutschen Burgenvereinigung e. V., Reihe C. K. Theiss Verlag, Stuttgart 1995, ISBN 978-3-8062-1123-8, S. 162–167.
- Walter von Hueck, Friedrich Wilhelm Euler: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel), Band XIX, Band 92 der Gesamtreihe GHdA, C. A. Starke, Limburg an der Lahn 1987, S. 488–490. ISSN 0435-2408
Weblinks
Einzelnachweise
- 1 2 Der Thalstein auf viaregia.org
- ↑ Paul Lehfeldt: Bau-und Kunstdenkmäler Thüringens. Herzogthum Sachsen-Altenburg. I. Verwaltungsbezirk Altenburg (Ostkreis). Ronneburg. 28, Löbichau-Boyen. Gustav Fischer, Jena 1895, S. 335–337 (google.de [abgerufen am 18. September 2022]).
- ↑ Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser 1900. In: "Der Gotha". 1. Auflage. Tümpling, II. Linie. Justus Perthes, Gotha 1900, S. 827–828 (uni-duesseldorf.de [abgerufen am 18. September 2022]).
- ↑ Albert Johannsen (Hrsg.): Deutsches Millionär Adressbuch 1890. 1890. Auflage. T., v. Tümpling, Wolf, Rittmstr. a. D. Thalstein b. Jena. Selbstverlag. Erster Reclamebureau Berlin. Buchdruckerei Schuster & Priess, Berlin 1890, S. 196 (google.de [abgerufen am 18. September 2022]).
- ↑ C. Herrlich: Wochenblatt der Johanniter-Ordens Balley Brandenburg. 1893. Hrsg.: Balley Brandenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spital zu Jerusalem. 34. Auflage. Nr. 10. Julius Sittenfeld, Berlin 8. März 1893, S. 55–58 (google.de [abgerufen am 18. September 2022]).
- ↑ Herold-Verein zu Berlin (Hrsg.): Der Deutsche Herold. Zeitschrift für Wappen-, Siegel-und Familienkunde. XXIV. Auflage. Das Tümpling`sche Familien-Archiv auf dem Thalstein bei Jena, Nr. 8. W. T. Bruer, Berlin 22. August 1893, S. 95–97 (google.de [abgerufen am 18. September 2022]).
- ↑ Wanderung auf dem "Dach nordöstlich von Jena" auf geraer-wanderverein.de
- ↑ Anfrage der SPD-Fraktion zur 3. Sitzung des Stadtrates am 30. September 2009 (Memento vom 24. April 2014 im Internet Archive)
- ↑ Schwarzes Schaf der Denkmalpflege 2010 des Thüringer Denkmalverbunds (Memento vom 14. Dezember 2013 im Internet Archive)
- ↑ Preisvergabe: Das Schwarze Schaf der Denkmalpflege 2010 geht an den Schloss-Thalstein-Besitzer auf YouTube, 5. Oktober 2010 (Bericht von JenaTV).
- ↑ REVITALISIERUNG SCHLOSS THALSTEIN JENA – RMB Planungs- & Entwicklungsgesellschaft mbH. Abgerufen am 7. Juni 2023 (deutsch).
Koordinaten: 50° 56′ 37″ N, 11° 37′ 3,7″ O