Als Schriftart bzw. Schrifttyp bezeichnet man in der Typografie die grafische Gestaltung einer Satzschrift.
Weitere Begriffe für Schrift im Sinne von Schriftart, die teilweise synonym, in manchen Zusammenhängen aber auch differenziert verwendet werden, sind Font, Type und Typensatz, (grafischer) Zeichensatz, Schriftsatz und Schriftschnitt.
Begriff
Der Begriff der Schriftart hilft dabei, unterschiedliche Glyphensätze mit in sich konsistenter Gestaltung begrifflich zu differenzieren, nicht nur durch deren Namensbezeichnung, wie etwa Helvetica, Frutiger oder Univers, sondern auch durch deren typografische Charakterisierung im Detail. Dies ist der allgemeine Begriff von Schriftart (englisch typeface).
Ein verwandter Begriff ist der der Schriftfamilie, der die Gesamtheit der Schnitte einer Schriftart bezeichnet. Bei gemeinsamen Formmerkmalen der jeweiligen Schriftart können die einzelnen Schriftschnitte etwa solche wie „fett“, „kursiv“ oder „schmal“ sein.
Mit dem Begriffsapparat der Typografie werden Schriftarten weitergehend charakterisiert und klassifiziert (siehe Schriftklassifikation und nachfolgenden Hauptabschnitt „Schriftgestalt“).
Außer den Eigenschaften der Schriftarten gilt es, den technischen Aspekt der Zeichensatzgenerierung zu beachten:
Die technische Umsetzung eines Schriftdesigns zu seiner praktischen Verwendung (englisch font-making), zu der früher das Gießen der Lettern in Blei gehörte und das heute durch die Software-basierte Erzeugung von elektronischen Schriftzeichen in Form von Fonts für die Darstellung auf Computer-Bildschirmen und Druckern abgelöst ist, besitzt rückkoppelnde Effekte auf die grafische Gestaltung von Zeichensätzen. So kristallisiert sich allmählich neben der althergebrachten Papiertypografie eine neue Digitale Typografie heraus, die sich der Erfordernisse digitaler Texte annimmt. Schriftarten werden somit zunehmend auch anhand von Kriterien der Digitalen Typographie entworfen. So gibt es mittlerweile eine Vielzahl an Schriftarten, die beispielsweise für niedrig auflösende Computerbildschirme konzipiert sind. In einem ebensolchen Sinne entwickelt sich auch eine Webtypographie, die sich die typographischen Belange von Texten für das World Wide Web zur Aufgabe macht. So entstehen dann auch neue Schriftarten für das Web.
Verwendung
Die Kriterien für die Verwendung einer bestimmten Schriftart können sein:
- Verfügbarkeit: Die Windows-Schriften wie Arial zum Beispiel sind gerade deshalb weit verbreitet, weil sie auf jedem Windows-System verfügbar sind und entsprechend formatierte Dokumente auch unter mehreren Benutzern leicht ausgetauscht werden können.
- Emotionale Wirkung: Ein Text kann die unterschiedlichsten Zwecke erfüllen. Entsprechend seiner Aufgabe wird er in einer dazu passenden Schrift gesetzt. Im Verkehrsbereich finden vorwiegend Grotesken, wie die Univers, Anwendung, in belletristischer Literatur wird gerne auf Renaissance-Antiqua wie die Garamond zurückgegriffen, und eine spielerischere Schriftart ist die Comic Sans MS, die auch als „Kinder-Schriftart“ benutzt wird.
- Lesbarkeit: Sie ist wichtig, um ein Buch entspannt lesen zu können oder weiter entfernte Straßenschilder zu entziffern. Das Auge des Lesers muss möglichst leicht die einzelnen Buchstaben eines Textes voneinander trennen und erkennen können. Einfluss auf die Lesbarkeit einer Schrift hat neben der Gestaltung der Wort- und Zeichenzwischenräume auch die Gestalt der Zeichen selbst. So werden für längere auf Papier gedruckte Texte (Mengentext) Antiqua-Schriften empfohlen. Die größere Komplexität der Zeichen ist gerade nicht, wie oft vermutet wird, lesehindernd, sondern steigert ihre Unterscheidbarkeit. Bei der Lesbarkeit kommt es nicht auf Einfachheit, sondern auf Eindeutigkeit der Zeichen an.
Schriftgestalt
Serifen
Serifen sind kleine Endstriche eines Buchstabens, umgangssprachlich auch „Füßchen“ genannt. Sie bilden eine horizontale Linie, an der sich das Auge des Lesers orientieren kann. Daher eignen sich Serifenschriften, insbesondere die Antiqua, besonders für gedruckten Fließtext (Bücher, Artikel). Bei Postern, Plakaten, Schildern usw. kommt es dagegen darauf an, auch auf größere Distanz einzelne Wörter zu entziffern. Hier werden wegen ihrer größeren Klarheit Schriften ohne Serifen eingesetzt.
Eines der grundlegenden Merkmale einer Schrift sind vorhandene oder fehlende Serifen. Schriftklassen mit Serifen sind Antiqua und Egyptienne, Schrift ohne Serifen wird als Groteske bezeichnet (serifenlose Schrift).
Auch für die Darstellung von Fließtexten sind serifenlose Schriften unter Umständen besser geeignet: Heutige Computermonitore (Stand: 2016) haben im Vergleich zu einer Druckmaschine eine äußerst niedrige Bildauflösung, sodass Serifen nicht mehr eindeutig als zum Buchstaben gehörend wahrgenommen werden und dann, vor allem bei kleineren Schriftgrößen, den Lesefluss eher behindern als fördern.
Höhe
Neben der Tatsache, dass es zwei parallele Alphabete von Groß- und Kleinbuchstaben gibt, unterscheiden sich seine Buchstaben noch in weiteren Punkten. Zum Beispiel betrachtet man die Höhe der einzelnen Buchstaben. Zunächst einmal allen gemeinsam ist, dass sie eine Grundlinie teilen. Die Grundlinie ist der Boden der Zeile selbst, der bei Serifenschriften durch ihre Füße angedeutet wird. Auf dieser Grundlinie „stehen“ alle Buchstaben und gehen unterschiedlich weit über bzw. unter diese hinaus.
Die Höhe eines Buchstabens wird mit horizontalen Begrenzungslinien beschrieben:
- Versalhöhe, die Höhe eines Großbuchstabens (Versal): A, B, C, D, E …Z
- Mittellänge (x-Höhe), die Höhe der meisten Kleinbuchstaben: a, c, e, m, n, o, r, s, u, v, w, x, z
- Oberlänge, sie ragt etwas über die Mittellänge hinaus: b, d, h, k, l
- Unterlänge, sie ragt unter die Grundlinie hinaus: g, j, p, q, y
- Ausnahmen: G, J, Q, f, i, t. Die Abmessung dieser Buchstaben variiert von Schrift zu Schrift, hängt hier also auch davon ab, welche Schrift man zur Anzeige oder für den Ausdruck benutzt.
Der x-Höhe kommt bei der Betrachtung der Schriftabmessung eine besondere Bedeutung zu. Das „x“ ist ein zufällig herausgegriffener Buchstabe, der sich dadurch besonders auszeichnet, dass seine Enden (bei den meisten Schriftarten) sich an die beiden (gedachten) horizontalen Linien der Grundlinie und der x-Höhe anschmiegen. Die x-Höhe ist der Abstand zwischen Grundlinie und Mittellinie, den viele Kleinbuchstaben gemeinsam haben; sie hat eine große Auswirkung auf das Schriftbild, das beim Schriftsetzen eine große Rolle spielt.
Laufweite
Die Laufweite einer Schrift beschreibt, wie groß die horizontale Ausdehnung eines geschriebenen Textes ist. Sie entsteht durch die Breite der einzelnen Buchstaben sowie den Abstand, den sie zueinander haben. Die Laufweite spielt beim Schriftsetzen in Büchern, Zeitungen, Magazinen usw. eine große Rolle, da sie bestimmt, wie „ökonomisch“ eine Schrift ist, das heißt, wie sparsam sie mit Platz umgeht. Um wertvollen Platz zu sparen, gibt es gerade für diesen Zweck entworfene Schmal-Schnitte einer Schrift (englisch condensed). Wesentlich seltener werden extra breite Schnitte verwendet (englisch extended), die meisten hiervon sind Grotesken (Sans Serifs). Der Verwendungszweck von breiten Schnitten ist weniger ökonomisch als grafisch (für Überschriften, Plakate, Logos, Corporate Design usw.).
Proportionen
Im Normalfall sind die einzelnen Zeichen einer Schriftart unterschiedlich breit, ein „w“ nimmt also mehr Platz ein als ein „i“. Solche Schriftarten werden proportional genannt. Um die Konstruktion von Schreibmaschinen und Computern zu vereinfachen, kamen nichtproportionale, sogenannte dicktengleiche Schriftarten zum Einsatz, bei denen alle Zeichen eine identische Breite aufweisen. Auch in den früher üblichen Computerterminals wurden solche Schriften verwendet und so finden nicht-proportionale Schriftarten vielfach im Bereich der EDV Verwendung. So wird zum Beispiel der maschinenlesbare Teil der Zahlscheine mit der nichtproportionalen Schrift OCR-B bedruckt. Mit ASCII-Art hat sich sogar eine Kunstrichtung entwickelt, die ohne die weite Verbreitung nicht-proportionaler Schriften wohl nie entstanden wäre.
Beurteilung
Obwohl Pangramme nicht alle Zeichen eines Zeichensatzes enthalten, werden sie häufig zur groben Beurteilung von Schriftarten verwendet. Die bekannten Pangramme enthalten fast alle kleinen Buchstaben, einige große Buchstaben, keine Ziffern und nur wenige Satzzeichen. Einige typische Pangramme sehen folgendermaßen aus:
- Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern. (ohne Umlaute und „ß“)
- „Fix, Schwyz!“ quäkt Jürgen blöd vom Paß.
- Falsches Üben von Xylophonmusik quält jeden größeren Zwerg.
- Duc, Zephyre exsurgens, durum cum flatibus aequor. (ohne j k w, da diese im Lateinischen ungebräuchlich sind)
Urheberrechtliches
Der „Rechtsschutz typografischer Gestaltungen“ betrifft folgende Aspekte:
- den Schutz des typographischen Erscheinungsbilds einer Schriftart
- den Schutz von „Fonts“ (Computerschriften), die eine Schriftart implementieren
- den Schutz der Gestaltung von Textsatz und Notenstichbild
- den Schutz von handschriftlichen Schriftarten und Gestaltungen
Siehe auch
- Liste von Schriftarten, enthält verschiedene Schriftarten und verweist auf Einzeleinträge (Geschichte, Künstler …)
- Morphogenese der Buchstaben
- Schreibschrift
- Hamburgefonts
Literatur
- Johannes Bergerhausen, Siri Poarangan: decodeunicode: Die Schriftzeichen der Welt. Hermann Schmidt, Mainz 2011, ISBN 978-3-87439-813-8.
- Charles Bigelow, Kris Holmes: The design of Lucida: an integrated family of types for electronic literacy. In: J. C. van Vliet (Hrsg.): Text Processing and Document Manipulation. Internat. Conf., Proceedings, 14.–16. April 1986. Cambridge University Press, Cambridge 1986, ISBN 0-521-32592-7, S. 1–17 (englisch).
- Karen Cheng: Anatomie der Buchstaben. Basiswissen für Schriftgestalter. Hermann Schmidt, Mainz 2006, ISBN 3-87439-689-4.
- Friedrich Forssman, Ralf de Jong: Detailtypografie. 4. Auflage. Hermann Schmidt, Mainz 2004, ISBN 3-87439-642-8.
- Adrian Frutiger: Adrian Frutigers Buch der Schriften. marix Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-045-5.
- Stephanie de Jong, Ralf de Jong: Schriftwechsel. Schrift sehen, verstehen, wählen und vermitteln. Hermann Schmidt, Mainz 2008, ISBN 978-3-87439-746-9.
- Arne Scheuermann: Schriftbild. In: Gert Ueding (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. WBG 1992ff. Band 10. Darmstadt 2011, Sp. 1193–1207.
- Günter Schuler: body types. Kompendium der Satzschriften: Serif, Sans Serif und Slab Serif. SmartBooks, Kilchberg 2003, ISBN 3-908492-69-6.
- Philipp Stamm: Schrifttypen – Verstehen Kombinieren: Schriftmischung als Reiz in der Typografie. Birkhäuser Verlag, Basel 2021, ISBN 978-3-0356-1113-7.
- Michael Wörgötter: TypeSelect. 2. Auflage. Hermann Schmidt, Mainz 2010, ISBN 978-3-87439-685-1.
- Hans Peter Willberg, Friedrich Forssman: Erste Hilfe in Typografie. Ratgeber für Gestaltung mit Schrift. Hermann Schmidt, Mainz 1999, ISBN 3-87439-474-3.
- Hans Peter Willberg: Wegweiser Schrift. Erste Hilfe für den Umgang mit Schriften. Hermann Schmidt, Mainz 2001, ISBN 3-87439-569-3.
Weblinks
- www.linotype.com Umfangreiche Darstellung verschiedener Schriftarten (Linotype)
- FAQ der Usenet-Gruppe comp.fonts, zusammengestellt von Norman Walsh, Stand 1996 (englisch)