Das ehemalige Schul- und Rabbinatsgebäude in der schwäbischen Marktgemeinde Fischach wurde zwischen 1845 und 1847 im Judenhof neben der Synagoge erbaut und bis 1939 von der israelitischen Kultusgemeinde genutzt. In dem Gebäude mit der Adresse Am Judenhof 6 war von 1862 bis 1939 eine jüdische Elementarschule (auch israelitische Volksschule genannt) untergebracht. Zudem befand sich dort eine Rabbiner- und Lehrerwohnung und ein Kellerquellenbad (Mikwe). Bei dem Gebäude handelt es sich um einen dreigeschossigen Walmdachbau, der als Baudenkmal in die Bayerische Denkmalliste eingetragen ist.

Geschichte

Seit der Einführung der Schulpflicht im Jahre 1802 besuchten alle Kinder in Fischach (ungeachtet der Konfession) die katholische Volksschule. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder in Fischach stark an. Zeitweise wohnten sogar mehr Juden als Christen im Ort. So setzte sich beispielsweise im Jahre 1840 gemäß einer Zählung des Landgerichts die Einwohnerschaft aus 253 Katholiken und 289 Juden zusammen.

Bei den jüdischen Gemeindemitgliedern kam in dieser Zeit der Wunsch auf, ihre Kinder in einer jüdischen Elementarschule unterrichten zu lassen. Daher errichtete die israelitischen Kultusgemeinde von 1845 bis 1847 unmittelbar neben der Synagoge ein Gemeindehaus, welches die benötigten Räumlichkeiten für eine Schule und eine Rabbiner- und Lehrerwohnung zur Verfügung stellte. Im Jahre 1862 nahm der jüdische Lehrer Israel Wahler den Schuldienst in Fischach auf.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten versuchten immer mehr Fischacher Juden auszuwandern. Zu diesem Zweck wurde zwischen 1937 und 1939 in dem Gebäude auch ein jüdisches Ausbildungsheim zur landwirtschaftlichen Umschulung für Ausreisewillige nach Israel betrieben. Als der jüdische Lehrer Ludwig Stein Fischach verließ, musste die Schule im Jahre 1939 geschlossen werden. 1942 kaufte die Gemeinde Fischach das ungenutzte Gebäude für 6500 Reichsmark und richtete darin zwei Schulsäle und fünf Wohnungen ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Gemeinde das Eigentumsrecht an dem Gebäude. Sie nutzte es vorübergehend weiter, lehnte einen erneuter Ankauf zunächst aufgrund des desolaten Zustands jedoch ab. Erst 1953 entschied sich die Gemeinde für den Kauf. Später kam es dann wieder in private Hände und wurde als Wohngebäude genutzt.

Gegenwart

Die Marktgemeinde Fischach plant das Gebäude wieder anzukaufen und anschließend im Zuge der Erneuerung der Ortsmitte zu sanieren. Anschließend soll es für öffentliche Zwecke genutzt werden. So ist beabsichtigt, darin ein Museum einzurichten, das unter anderem auch die jüdische Geschichte in Fischach dokumentiert.

Literatur

  • Hans Frei: Die Stauden. Porträt einer Landschaft in Bayerisch-Schwaben. Satz und Grafik Partner, 2006, ISBN 978-3-935438-30-8.
  • Michael Piller: Fischach – Geschichte einer mittelschwäbischen Marktgemeinde. Anton H. Konrad Verlag, 1981, ISBN 3-87437-178-6.
  • Klaus-Dieter Alicke: Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum. Gütersloher Verlagshaus, 2008, ISBN 978-3-579-08035-2 (Online-Ausgabe).

Einzelnachweise

  1. Denkmalliste für Fischach (PDF) beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Denkmalnummer D-7-72-141-21
  2. Historisches Lexikon Bayerns: Jüdisches Schulwesen in Bayern (1804-1918), abgerufen am 27. Juni 2017
  3. Michael Piller: Fischach – Geschichte einer mittelschwäbischen Marktgemeinde. Anton H. Konrad Verlag, 1981, ISBN 3-87437-178-6, S. 457.
  4. Michael Piller: Fischach – Geschichte einer mittelschwäbischen Marktgemeinde. Anton H. Konrad Verlag, 1981, ISBN 3-87437-178-6, S. 479.
  5. Neue Pläne für die alte Schule In: Augsburger Allgemeine, 17. Juli 2015, abgerufen am 30. Juni 2017.

Koordinaten: 48° 17′ 23,5″ N, 10° 39′ 17,1″ O

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