1951Gesamterneuerungswahlen
des Nationalrats 1955
1959
Wahlbeteiligung: 70,1 %
 %
30
20
10
0
27,02
23,30
23,17
12,08
5,48
2,37
2,22
2,15
0,91
1,13
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 1951
 %p
   2
   0
  -2
  -4
+1,03
−0,69
+0,64
−0,49
+0,37
−0,37
−0,36
−0,10
−0,08
−0,19

Die Schweizer Parlamentswahlen 1955 fanden am 30. Oktober 1955 statt. Dabei waren alle 196 Mandate des Nationalrats sowie 25 der 44 Mandate im Ständerat neu zu vergeben. Diese 35. Legislaturperiode dauerte vier Jahre bis Oktober 1959.

Bei diesen Wahlen gab es sowohl im National- als auch im Ständerat nur geringe Verschiebungen. Am deutlichsten war die Zunahme bei den Sozialdemokraten, die vier Nationalratssitze gewinnen konnten. Die Freiwirtschafter traten letztmals als ernstzunehmende Kraft zu nationalen Wahlen an.

Die durchschnittliche Wahlbeteiligung bei den Nationalratswahlen 1955 sank leicht auf 70,1 %, mit kantonalen Werten zwischen 37,4 % in Appenzell Innerrhoden und 87,7 % in Luzern.

Wahlmodus

Nationalrat

Die Nationalräte werden seit 1919 nach dem Proporzwahlsystem gewählt, d. h. die Sitze werden nach dem Wähleranteil der Parteilisten in den einzelnen Kantonen verteilt und erst innerhalb der Liste gemäss den Personenstimmen. Die Anzahl Sitze pro Kanton werden anhand der Einwohnerzahl bestimmt.

Ausführlicher hierzu: Nationalrat (Schweiz) – Wahlverfahren

Ständerat

Jeder Kanton wählt seit 1848 zwei Vertreter für den Ständerat (ehemalige Halbkantone: einen Vertreter). Die Ständeratswahlen richten sich nach kantonalem Recht. In den meisten Kantonen wurde am 25. Oktober auch die Ständevertretung gewählt. In den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Glarus, Nidwalden und Obwalden wählten die Landsgemeinden im Frühjahr die Ständeräte. Die Kantone hatten nicht nur abweichende Wahltermine, sondern auch noch verschieden lange Amtsperioden (1–4 Jahre). In den Kantonen Bern (Novembersession), Freiburg (1 Person in der Maisession, 1 Person in der Novembersession), Neuenburg (gleichentags mit den Nationalratswahlen) und St. Gallen (in der Frühjahrssession) wurden die Ständeräte vom Kantonsparlament gewählt. In allen anderen Kantonen wurden die Ständeräte bei Urnenwahlgängen ermittelt, normalerweise am gleichen Tag wie die Nationalratswahlen. Abweichend davon wählten die Stimmberechtigten in den Kantonen Graubünden (erster Sonntag im März), Tessin (letzter Sonntag im Februar) und Zug (im November).

Ausführlicher hierzu: Ständerat – Wahlverfahren

Resultate Nationalrat

Anmerkungen zu den Wählerzahlen

In den Mehrpersonenwahlkreisen hat jeder Wähler so viele Stimmen, wie in seinem Kanton Sitze zu vergeben sind (im Kanton Bern 34, im Kanton Zug 2). Diese Stimmen kann er an beliebige Kandidaten der sich zur Wahl stellenden Listen vergeben (Panaschieren). Eine Stimme für einen Kandidaten ist gleichzeitig eine Stimme für dessen Partei. Hat ein Wähler nicht alle seine Stimmen an Kandidierende vergeben, gehen diese Stimmen als sogenannte «Zusatzstimmen» an die von ihm gewählte Liste. Wenn der Wähler keine Liste auswählt, sondern einen so genannten «Wahlzettel ohne Parteibezeichnung» – auch Blankoliste genannt – verwendet, verfallen nicht benutzte Stimmen (sog. Leere Stimmen).

Um zu überkantonal vergleichbaren Ergebnissen zu kommen, muss zuerst die Anzahl fiktiver Wähler pro Kanton und Partei berechnet werden. Und die Summe aller fiktiven Wähler der einzelnen Kantone sind dann die Wähler auf Landesebene (z. B. SP auf 263'664 Wähler gerundet). Ein Aargauer «Wähler» kann aber auch aus 13 Personen bestehen, die nur je einen Kandidaten der betreffenden Partei auf ihrer Liste aufgeführt haben.

Das Bundesamt für Statistik benutzt daher den Begriff «fiktiver Wähler» für den Wähler, da ein effektiver Wähler auch nur ein Teilwähler sein kann. Die Zahl der Wähler entspricht der Anzahl gültiger Wahlzettel. Auf Kantonsebene ist die Summe aller Parteistimmen (Summe der Kandidatenstimmen von Kandidierenden einer Partei plus Zusatzstimmen = leere Felder einer Parteiliste) Berechnungsgrundlage. Beispiel: Partei A erzielt im Kanton X 12000, Partei B 27000 und Partei C 48000 von 87000 Parteistimmen. Die Anzahl gültiger Wahlzettel beträgt 25000. Somit hat Partei A in diesem Kanton 3448,28 (12000:87000 × 25000), Partei B 7758,62 (27000:87000 × 25000) und Partei C 13793,10 (48000:87000 × 25000) fiktive Wähler. Alle drei Parteien zusammen total 25000 Wähler.

Die gewählten Mitglieder des Nationalrats sind im Bundesblatt Nr. 48 vom 1. Dezember 1955 aufgelistet.

Parteien, Wähler, Sitze

Die landesweiten Ergebnisse sahen wie untenstehend dargestellt aus. Resultate aus den Kantonen finden sich unter Schweizer Parlamentswahlen 1955/Resultate Nationalratswahlen. In den Kantonen Glarus und Schaffhausen kam es zu stillen Wahlen.

Insgesamt 196 Sitze
ParteiWähler %(+/−)Sitze(+/−)
Sozialdemokratische Partei263'66427,02 %+1,03 %53+4
Freisinnig-Demokratische Partei227'37023,30 %−0,69 %50−1
Konservative Volkspartei226'12223,17 %+0,64 %47−1
Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei117'84712,08 %−0,49 %22−1
Landesring der Unabhängigen53'4505,48 %+0,37 %10±0
Partei der Arbeit23'1102,37 %−0,37 %4−1
Liberale Partei der Schweiz21'6882,22 %−0,36 %5±0
Demokratische Partei21'0032,15 %−0,10 %4±0
Evangelische Volkspartei (ZH) 18'8880,91 %−0,09 %1±0
Liberalsozialistische Partei (ZH)3'4710,36 %−0,49 %0±0
Wiedervereinigungsliste-Aktion Kanton Basel (BL)2'2930,23 %±0,00 %0±0
Parti progressiste (GE) 21'9500,20 %+0,20 %0±0
Liste du mouvement social-paysan indépendant (VS) 31'9150,20 %+0,20 %0±0
Freie demokratische und evangelische Wähler (AG)1 1'693 0,17 % +0,17 % 0 ±0
Bauern-, Gewerbe- und Arbeiterpartei (LU)4840,05 %+0,05 %0±0
Union fédérale indépendante (GE) 41510,02 %+0,02 %0±0
Vereinzelte Stimmen in Einerwahlkreisen7960,08 %+0,05 %0±0
Total975'895100 %196±0
1 
Die Liste "Freie demokratische und evangelische Wähler" (AG) kann nicht der EVP zugerechnet werden kann, wie dies das Bundesamt für Statistik tut.
2 
Abspaltung von der PdA um Pierre Nicole
3 
auf deutsch (sinngemäss): Soziale Bauernbewegung
4 
auf deutsch (sinngemäss): Unabhängige Föderale/Eidgenössische Union

Wähleranteile in den Kantonen (mit mehreren Sitzen)

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1955/Resultate Nationalratswahlen.

Kanton SP FDP KCV BGB LdU PdA LPS DP
 Aargau 34,5 % 19,2 % 23,0 % 14,6 % 6,5 %
 Appenzell Ausserrhoden 39,6 % 60,4 %
 Basel-Landschaft 35,2 % 22,5 % 14,1 % 13,3 % 4,7 %
 Basel-Stadt 29,5 % 17,4 % 12,6 % 3,0 % 13,3 % 11,8 % 12,4 %
 Bern 37,6 % 17,0 % 6,7 % 33,8 % 4,9 %
 Freiburg 11,3 % 19,9 % 53,8 % 15,0 %
 Genf 13,5 % 28,0 % 18,3 % 16,6 % 16,0 %
 Graubünden 13,3 % 16,0 % 41,2 % 29,6 %
 Luzern 10,9 % 37,7 % 50,5 %
 Neuenburg 42,6 % 25,5 % 10,3 % 21,6 %
 Schwyz 26,5 % 27,6 % 45,9 %
 Solothurn 30,8 % 43,4 % 25,7 %
 St. Gallen 18,7 % 27,9 % 45,9 % 7,5 %
 Tessin 19,0 % 42,6 % 38,4 %
 Thurgau 30,3 % 18,5 % 24,9 % 26,3 %
 Waadt 29,6 % 31,6 % 5,0 % 9,5 % 11,4 % 12,9 %
 Wallis 12,5 % 19,5 % 62,6 %
 Zug 23,7 % 32,2 % 44,1 %
 Zürich 28,8 % 13,3 % 11,5 % 14,1 % 16,4 % 2,8 % 6,4 %
Schweiz 27,0 % 23,3 % 23,2 % 12,1 % 5,5 % 2,4 % 2,2 % 2,2 %

Sitzverteilung in den Kantonen

Wählerzahlen, Prozente kleinerer Parteien und Namen der Gewählten unter Schweizer Parlamentswahlen 1955/Resultate Nationalratswahlen.

Kanton Total SP FDP KVP BGB LdU LPS PdA Dem EVP
 Aargau 13 4 3 3 −1 2 1 +1
 Appenzell Ausserrhoden 2 1 1
 Appenzell Innerrhoden 1 1
 Basel-Landschaft 4 2 +1 1 1 0 −1
 Basel-Stadt 8 2 2 1 1 1 1
 Bern 33 13 +1 6 2 11 1 −1
 Freiburg 7 1 1 4 1
 Genf 8 1 3 2 +1 1 1 −1
 GlarusS1 2 1 1
 Graubünden 6 1 3 2
 Luzern 9 1 3 5
 Neuenburg 5 2 2 1
 Nidwalden 1 1
 Obwalden 1 1
 SchaffhausenS1 2 1 1
 Schwyz 3 1 1 +1 1 −1
 Solothurn 7 2 3 2
 St. Gallen 13 2 4 6 1
 Tessin 7 1 3 3
 Thurgau 6 2 1 1 2
 Uri 1 1
 Waadt 16 5 +1 6 −1 0 −1 1 2 2 +1
 Wallis 7 1 1 5
 Zug 2 1 1
 Zürich 32 10 +1 4 −1 4 +1 5 6 0 −1 2 1
Schweiz 196 53 +4 50 −1 47 −1 22 −1 10 ±0 5 ±0 4 −1 4 ±0 1 ±0

Ergebnisse der Ständeratswahlen

Die gewählten Mitglieder des Ständerats sind im Bundesblatt Nr. 48 vom 1. Dezember 1955 aufgelistet.

Sitzverteilung

Insgesamt 44 Sitze
ParteiWahlen 1955Wahlen 1951
SPS54
KVP1718
LPS33
FDP1212
DP22
BGB33
Sonst.22

Gewählte Ständeräte

Kanton1. Ständeratssitz2. Ständeratssitz
 AargauErnst Speiser, FDP (bisher)Xaver Stöckli, KVP (neu)
 Appenzell AusserrhodenWalter Ackermann, FDP (bisher)nur ein Sitz
 Appenzell InnerrhodenArmin Locher, KVP (bisher)nur ein Sitz
 Basel-LandschaftEmil Müller, SP (neu)nur ein Sitz
 Basel-StadtGustav Wenk, SP (bisher)nur ein Sitz
 BernGeorges Möckli, SP (bisher)Rudolf Weber, BGB (bisher)
 FreiburgMaxim Quartenoud, KVP (bisher)Paul Torche, KVP (neu)
 GenfVictor Gautier, LPS (neu)François Perréard, FDP (neu)
 GlarusHeinrich Heer, DP (neu)Rudolf Stüssi, parteilos (bisher)
 GraubündenAlbert Lardelli, DP (bisher)Josef Vieli, KVP (bisher)
 LuzernChristian Clavadetscher, FDP (neu)Peter Müller, KVP (neu)
 NeuenburgJean-Louis Barrelet, FDP (bisher)Sydney de Coulon, LPS (bisher)
 NidwaldenWerner Christen, parteilos (bisher)nur ein Sitz
 ObwaldenLudwig von Moos, KVP (bisher)nur ein Sitz
 SchaffhausenErnst Lieb, BGB (bisher)Kurt Schoch, FDP (bisher)
 SchwyzDominik Auf der Maur, KVP (bisher)Fritz Stähli, KVP (bisher)
 SolothurnPaul Haefelin, FDP (bisher)Gottfried Klaus, SP (bisher)
 St. GallenWilli Rohner, FDP (neu)Johann Schmuki, KVP (bisher)
 TessinAntonio Antognini, KVP (bisher)Bixio Bossi, FDP (bisher)
 ThurgauJakob Müller, FDP (neu)Erich Ullmann, BGB (bisher)
 UriLudwig Danioth, KVP (bisher)Emil Wipfli, KVP (neu)
 WaadtGabriel Despland, FDP (bisher)Frédéric Fauquex, LPS (bisher)
 WallisMarius Lampert, KVP (neu)Joseph Moulin, KVP (neu)
 ZugAugustin Lusser, KVP (bisher)Alois Zehnder, KVP (bisher)
 ZürichWilly Spühler, SP (neu)Ernst Vaterlaus, FDP (bisher)

Fraktionen in der 35. Legislaturperiode

Fraktionen sind Zusammenschlüsse der Parlamentsmitglieder einer oder mehrerer Parteien. Untenstehende Tabelle gibt den Stand zu Beginn der Legislaturperiode wieder.

FraktionGesamtNationalratStänderat
katholisch-Konservative Fraktion644717
Radikal-demokratische Fraktion (FDP)625012
sozialdemokratische Fraktion58535
Bauern-, Gewerbe und Bürgerfraktion25223
Fraktion des Landesrings10100
Liberal-Demokratische Fraktion853
Demokratische und evangelische Fraktion752
ohne Fraktionszugehörigkeit642

Einzelnachweise

  1. Tabelle «Nationalratswahlen: Wahlbeteiligung, 1919–2015»
  2. Mitglieder des Nationalrats, Seiten 1147–1233
  3. Neue Zürcher Nachrichten 9. November 1955 Ausgabe 02 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 12. März 2021.
  4. Neue Zürcher Nachrichten 25. September 1959 Ausgabe 02 — e-newspaperarchives.ch. Abgerufen am 12. März 2021.
  5. Nur ein einziger Kandidat dieser Liste hatte bei den Nationalratswahlen 1951 für die EVP kandidiert und kein einziger sollte sich auf der EVP-Liste für die Schweizer Parlamentswahlen 1959 finden.
  6. Mitglieder des Ständerats, Seiten 1234–1236
  7. Fraktionen seit 1912
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