Sedilien (Sg. das Sedile; von lat. sedile n., pl. sedilia) sind die Sitze im Altarraum römisch-katholischer und altkatholischer Kirchen, die für Priester, Diakone und Messdiener und eventuell andere liturgische Dienste vorgesehen sind, sofern diese mit der Einzugsprozession einziehen.

Im Mittelalter gab es in vielen Kirchen feste Sedilienanlagen in Form einer Sessionsnische oder eines Dreisitzes.

Sedilien

Die heutigen liturgischen Regeln empfehlen, den Priestersitz unter den Sedilien des Altarraums herauszuheben:

„Der Sitz des Priesters hat dessen Dienst als Vorsteher der Gemeinde und dessen Aufgabe, das Gebet zu leiten, gut erkennbar zu machen. Besonders geeignet ist der Platz im Scheitelpunkt des Altarraumes, der Gemeinde zugewandt, sofern nicht die Gestalt des Raumes oder andere Gründe dagegen sprechen (wenn etwa der Kontakt zwischen Vorsteher und Gemeinde wegen zu großer Entfernung erschwert ist). Der Sitz darf nicht die Form eines Thrones haben. Die Plätze der Teilnehmer, die einen besonderen Dienst ausüben, sollen sich an passender Stelle im Altarraum befinden, damit alle ihre Aufgaben ohne Schwierigkeiten erfüllen können.“

Historische Sedilien haben fast nur in der Frühzeit die Form eines Einzelsitzes, selten sind auch Doppelsitze, in den weitaus meisten Fällen handelt es sich, soweit ihre Zahl an der Form der Sedilie ablesbar ist, um Dreisitze. Die älteren Sedilien sind typischerweise in die südliche Chorwand eingelassen, diese mehr oder weniger dekorierten Vertiefungen werden auch als Sessionsnischen bezeichnet und sind vor allem aus gotischer Zeit überliefert. Besonders häufig finden sich steinerne Sedilien in England, wo sie seit dem 12. und 13. Jahrhundert üblich werden. Doch gibt es in der Gotik, vor allem aus dem 14. Jahrhundert, auch selbständige, hölzerne Möbel.

Gotische Sessionsnischen

Die Sitznische oder Sessio (lat. sessio „Sitz“) in der zumeist rechten Chorwand – bei einer Ostung der Kirche in der Südwand – befindet sich im letzten Joch vor dem Chorschluss.

Deutschland
Niederösterreich
Steiermark
Wien
  • Dreiteilige spitzbogige Sessionsnische im rechten Seitenchor in der Michaelerkirche
Tschechien
  • Dreiteilige Sessionsnische mit Arkaden, Maßwerk und Sanktuarium in der südlichen Chorwand der Kirche St. Wenzel und Leib Christi in Křečhoř

Dreisitze

Im Dreisitz (auch Levitensitz, -bank, -stuhl, Zelebrantenstuhl) nahmen die Geistlichen während bestimmter Abschnitte der Liturgie, vor allem Gloria und Credo, Platz, wenn die Messe als Levitenamt von Priester, Diakon und Subdiakon gefeiert wurde. Die Messe als „Levitenamt“ zu feiern ist seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nur noch in der außerordentlichen Form des Römischen Ritus üblich.

Funktion, Ort und Typen

Ort des Dreisitzes ist die Südwand (rechte Seite, Epistelseite) des Chorraums in der Nähe des Hochaltars. Hier sind die ältesten, nischenförmigen Dreisitze aus Stein im Verband der Chormauer noch erhalten. In späteren Beispielen verselbständigen sich die Türmchenarchitekturen der Baldachine über den Sitzen. Seit dem 14. Jahrhundert sind es dann überwiegend hölzerne Möbel, deren Konstruktionen sich denen der Chorgestühle mit ihren Seitenwangen, Rückwänden und Überdachungen formal annähern. Doch im Gegensatz zu diesen haben Dreisitze in der Regel keine Pultreihe und keine Klappsitze. In seltenen Fällen sind Dreisitze nicht als Levitenstühle für die liturgischen Akteure errichtet worden, sondern als Ehrensitze anzusehen und befinden sich dann eher am westlichen Ende des Chorraums. Die Qualität der Schnitzereien an den mittelalterlichen Levitenstühlen steht der an den Altären kaum nach. Nur sind ihre Themen weltlicher, haben aber oft einen deutlich moralisierendem Hintergrund. Die Anzahl erhaltener Dreisitze scheint in der Barockzeit abzunehmen. In protestantischen Kirchen, zum Beispiel in Norddeutschland, haben sich Dreisitze vergleichsweise oft erhalten, ein Anzeichen dafür, dass sie im veränderten Ritus neue Funktionen bekamen.

Herausragende Dreisitze

OrtZeitMaterialBemerkungenBild
Schulpforte, Klosterkirche1268Stein
Xanten, Stiftskircheum 1290SteinFigürlicher Schmuck: Thronende Muttergottes, Personifikationen des AT und NT, David, Salomon, Evangelisten als Wasserspeier. Stilgeschichtlich eng an die Reimser Skulpturen anschließend.
Bad Doberan, Klosterkirche1310/1890HolzKlappsitze original, Rest um 1890 kopiert, Originalteile in Ludwigslust.

Verden, Dom1329 ca.HolzFigürlicher Schmuck: Paare aus dem AT, personifizierte Stände. Literatur
Kloster Amelungsborn1370–90Stein
Kloster Scharnebeck1330–50HolzMit Chorgestühlsresten zu neuen Gestühlen zusammengesetzt. Literatur
Salzwedel, Marienkirche1300–1350Holz
Osnabrück, St. Johann1350–80HolzLiteratur
Naumburger Dom, Ostchor1390–1400HolzFigürliche Reliefs. - Literatur
Kloster Maulbronn, Chor der Kirchegegen 1500Holzsog. Abtsstuhl
St.-Ansgari-Kirche in Hage (Ostfriesland)um 1500wahrscheinlich aus der Prämonstrantenserabtei Coldinne; 1981 restauriert

Siehe auch

Einzelnachweise

Vorbemerkung zum Kenntnis- und Forschungsstand: Zum Möbeltyp „Dreisitz“ war keine monografische Darstellung zu ermitteln. Weder das LThK noch die RGG widmen ihm Artikel. Der im Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte angekündigte Artikel „Levitenstuhl“ ist 2016 (auch in der digitalen Version „RDK-Labor“) noch nicht erschienen.
  1. Duden
  2. Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, Nr. 271
  3. G. Cyprian Alston: Sedilia, in: Catholic Encyclopedia, 1913, Bd. 13.
  4. Zur Bezeichnung Levitensitz siehe den auf diese Zelebranten bezogenen Abschnitt über die christlichen Leviten.
  5. Walter Loose: Chorgestühle des Mittelalters, 1928, S. 11; Beispiele: Dreisitz im Freisinger Dom (Berndt Osterholt: Der Chorraum des Freisinger Münsters im Mittelalter, S. 14). – Comburg, Stiftskirche, Prälatenstuhl mit Pult, 1715 (Loose, S. 42, Abb. 57).
  6. Vereinzelt wurden sie im 16. Jahrhundert sogar im Zusammenhang mit einem Abendmahlstisch neu errichtet. Alfred Rauhaus: Kleine Kirchenkunde, Reformierte Kirchen von innen und außen, Göttingen 2007, S. 122–124 nennt ostfriesische Beispiele in Canum und Uttum.
  7. Jens Schröder: Die Turmaufbauten des Altartabernakels in der Katholischen Kirche zu Ludwigslust – Bestandsdokumentation, Restaurierung, Umbau zu einem Levitenstuhl. Diplomarbeit Potsdam (masch.) 1998
  8. Die Kunstdenkmale der Kreise Verden, Rotenburg und Zeven, Hannover 1908 und Nachdruck Osnabrück 1980, S. 65–67.
  9. Willi Meyne: Die mittelalterlichen Gestühlsreste in der Kirche zu Scharnebeck. In: Lüneburger Blätter 13, 1962, S. 25 ff.; Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Bremen – Niedersachsen, München 1992, S. 1163.
  10. Christian Dolfen: Der Levitenstuhl der ehem. Stiftskirche St. Johann in Osnabrück. In: Jahrbuch des Provinzial-Museums zu Hannover NF Bd. 4 (1929) S. 88–98.
  11. Ernst Schubert: Der Naumburger Dom, Halle 1997, S. 66–67 (angeblich „für den Bischof sowie für den Propst und den Dechanten des Domkapitels“). An der Ostwand des Ostlettners.
  12. Broschüre Evangelisch-lutherisch St.-Ansgari-Kirche zu Hage.
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