Koordinaten: 65° 40′ 53″ N, 37° 54′ 50″ W

Sermilik-Station

Die Sermilik-Station ist eine glaziologische Forschungsstation auf der zu Grönland gehörenden Ammassalik Ø. Sie wird zusammen vom Institut für Geographie und Raumordnung der Universität Graz sowie vom Institut für Geographie der Universität Kopenhagen betrieben.

Lage

Die Station liegt an der Westküste der Ammassalik Ø in Ostgrönland am Südufer der Bucht Sivinganiip Kangertiva, im Osten des Fjords Sermilik. Die nächsten bewohnten Orte sind Tasiilaq 15 km südöstlich und Tiilerilaaq 23 km nördlich. Das verlassene Ikkatteq liegt nur 6 km südlich. Direkt östlich der Station liegt der Mittivakkat-Gletscher.

Geschichte

1933 wurden die Gletscher der Ammassalik Ø von Knud Rasmussens Siebter Thule-Expedition erstmals einer wissenschaftlichen Bestandsaufnahme unterzogen. Im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957 war der Mittivakkat-Gletscher eines der dänischen Forschungsobjekte. Zu dieser Zeit hatte er sich gegenüber 1933 um 600 m zurückgezogen. 1970 wurde die Sermilik-Station als Basis für glaziologische, hydrologische und geomorphologische Untersuchungen des Mittivakkat-Gletschers gegründet. Nachdem am Institut für Geographie der Universität Kopenhagen 1990 eine Arbeitsgruppe für arktische physikalische Geographie gebildet worden war, wurde 1993 eine automatische Wetterstation am Mittivakkat, dem Nunatak des Gletschers in 515 m Höhe installiert, um das Gletscherklima zu erforschen. Ihr folgten 1997 eine zweite Station an der Küste und 2009 eine dritte in 200 m Höhe.

2022 unterzeichnete die Universität Graz ein Kooperationsabkommen mit der Universität Kopenhagen und errichtete mit einer Spende des österreichischen Unternehmers Christian Palmers ein weiteres zweigeschossiges Haus, das ab 2024 Platz für 25 Forscher bietet.

Beschreibung

Die Station besteht aus drei Gebäuden, die von der Universität Kopenhagen betrieben werden, und dem Haupthaus, für das die Universität Graz verantwortlich ist.

Die Gebäude der Universität Kopenhagen bestehen aus einem 60 m² großem Holzhaus mit drei Wohnräumen, einem Esszimmer, einem Aufenthaltsraum, einer Küche, einer Toilette und einer Vorratskammer. Dazu kommt ein zweites, nicht isoliertes Gebäude von 50 m², das eine Werkstatt, einen Lagerraum mit einem Schlauchboot enthält sowie eine Unterkunft für vier Personen. In einem dritten Gebäude werden der Brennstoff und weitere Ausrüstungsgegenstände gelagert.

Das zweigeschossige Haus der Universität Graz bietet im Sommer Platz für 25 Personen. Im Erdgeschoss befinden sich Lagerräume, ein 56 m²großer Gemeinschaftsraum, eine Küche, ein Badezimmer, ein 16 m² großer Raum für die Stationsleitung sowie ein Schlafraum mit 10 m² Fläche. Im Obergeschoss gibt es eine 18 m² große Terrasse, fünf Schlafräume mit je 14 m² Fläche und je zwei Stockbetten sowie einen Schlafraum mit 9 m² Fläche und einem Stockbett. Dazu kommt ein Badezimmer. Das Gebäude ist so ausgelegt, dass es von bis zu sechs Personen auch im Winter genutzt werden kann, wobei das Obergeschoss dann aus Gründen der Energieeffizienz großteils verschlossen ist. Die Elektrizitätsversorgung soll mittels Fotovoltaik und Batterie erfolgen. Als Backup und für einige Wochen im Jänner gibt es auch einen Dieselgenerator. Frischwasser kommt von einer nahe gelegenen Quelle und vom Abfluss des Mittivakkat-Gletschers. Für die Toilettenspülung wird Meerwasser verwendet.

An der Wetterstation in 515 m Höhe gibt es eine 6 m² große Hütte. Insgesamt kann die Station ab 2024 im Sommer bis zu 30 Forscher aufnehmen und im Winter 6 Personen.

Klima

In der Umgebung der Station herrscht ein arktisches Meeresklima, das gegenwärtig größeren Veränderungen unterworfen ist. Die globale Erwärmung führt zu einem Abschmelzen des Inlandeises und der lokalen Gletscher. Die wachsende Eismengen durch ein verstärktes Kalben der Gletscher beeinflussen das lokale Klima am Sermilik.

Die mittlere Jahrestemperatur beträgt −1,7 °C, die mittlere Temperatur im Januar −7,5 °C und im Juli 6,4 °C. Jährlich fallen im Mittel 984 mm Niederschlag. Es gibt durchschnittlich 120 Tage mit Niederschlag und 1374 Sonnenstunden im Jahr.

Forschung

An der Station wird ein ganzjähriges Monitoring-Programm grundlegender Klimadaten und des lokalen Klimagradienten im Entwässerungsbecken des Mittivakkat-Gletschers durchgeführt. Schwerpunktmäßig werden die Massenbilanz des Gletschers, der Sedimenttransport und landschaftsformende Prozesse untersucht. Auf der Grundlage der seit den frühen 1990er Jahren gewonnenen Datenreihen wurden Modelle entwickelt, mit deren Hilfe die Auswirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung der Gletscher prognostiziert werden können. Forscher der Universität Graz untersuchen hier auch, welche Folgen der Klimawandel auf das Auftreten des Sturmwindes Piteraq hat, der in Ostgrönland immer wieder für verheerende Schäden an Gebäuden sorgt.

Commons: Sermilik Station – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nunat Aqqi. Karte über die vom Grönländischen Ortsnamenausschuss offiziell anerkannten Ortsnamen. Oqaasileriffik.
  2. History and facilities. Sermilik Research Station (Universität Kopenhagen).
  3. 1 2 Sermilik Research Station. eu-interact.org.
  4. Andreas Puschautz: Warum Herr Palmers der Uni Graz eine Polarstation finanziert hat. 15. September 2023, abgerufen am 18. September 2023.
  5. Sermilik-Forschungsstation in Grönland. Abgerufen am 18. September 2023.
  6. Österreichische Forschungsstation in Grönland gebaut. Abgerufen am 18. September 2023 (österreichisches Deutsch).
  7. Christoph Ruhsam: Voreröffnung der Österreichischen Polarforschungsstation „Sermilik“. In: APRI. 15. September 2023, abgerufen am 18. September 2023 (deutsch).
  8. Norbert Swoboda: Sermilik-Station: Universität Graz baut ein Haus für Österreichs Polarforschung. Abgerufen am 18. September 2023.
  9. Die Sermilik-Forschungsstation – Sermilik-Forschungsstation in Grönland. Abgerufen am 18. September 2023.
  10. 1 2 The Sermilik Scientific Research Station. Sermilik Research Station (Universität Kopenhagen).
  11. Norbert Swoboda: Riesenschritt für Polarforschung: Graz ist ab sofort in Grönland dem Klimawandel auf der Spur. In: Kleine Zeitung. 14. September 2023, abgerufen am 18. September 2023.
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