Die Schachpartie zwischen Boris Spasski mit Weiß und David Bronstein mit Schwarz bei der 27. UdSSR-Meisterschaft 1960 in Leningrad ist aufgrund der scharfen Spielanlage und ihrer Schlusskombination bekannt geworden. Sie ist in einer abgeänderten Version auch in die Filmgeschichte eingegangen: In einer Szene gegen Anfang des James-Bond-Filmes From Russia With Love (1963) treffen zwei Schachspieler, der tschechoslowakische Großmeister Kronsteen und der kanadische Meister McAdams während eines Matches aufeinander, wobei auf dem Demonstrationsbrett eine veränderte Position der Schlusskombination aus Spasski – Bronstein zu sehen ist.

Bei der 27. UdSSR-Meisterschaft (Sieger: Viktor Kortschnoi) wurde Spasski 9., während Bronstein den 12. Platz belegte. Spasski opferte in dieser Partie im 15. Zug einen Turm und erreichte einen entscheidenden Angriff, der schnell zum Sieg führte. Spasski selbst bezeichnet sie als seine „Immergrüne Partie“, die beste seiner Karriere.

Partie

1. e2–e4 e7–e5 2. f2–f4

Spasski spielt das riskante Königsgambit, das seine Blütezeit im 19. Jahrhundert hatte. Pikant war diese Wahl besonders gegen Bronstein, der selbst als einer der wenigen Spitzenspieler seiner Zeit gerne diese veraltete Eröffnung mit Weiß anwandte.

2. … e5xf4 3. Sg1–f3 d7–d5

Die Moderne Verteidigung

4. e4xd5 Lf8–d6

Bronstein hatte mit Weiß die gleichen Anfangszüge gegen Michail Botwinnik bei der 20. UdSSR-Meisterschaft (1952 in Tiflis) gemacht. Der Weltmeister antwortete damals 4. … Sg8–f6, wonach 5. Lf1–b5+ c7–c6 6. d5xc6 b7xc6 7. Lb5–c4 Sf6–d5 mit ungefähr ausgeglichener Stellung folgte.

5. Sb1–c3 Sg8–e7 6. d2–d4 0–0 7. Lf1–d3 Sb8–d7 8. 0–0 h7–h6?

Dieser Zug wurde von allen Kommentatoren gerügt. Besser war 8. … Sd7–f6!

9. Sc3–e4! Se7xd5 10. c2–c4 Sd5–e3 11. Lc1xe3 f4xe3 12. c4–c5 Ld6–e7 13. Ld3–c2!

Ein Räumungszug für die Dame. Spasski konzentriert seinen Druck gegen den Punkt h7.

13. … Tf8–e8 14. Dd1–d3 e3–e2?

Stärker war 14. … Sd7–f8 (Kasparow). Nachdem Schwarz diesen Zug ausgeführt hatte, verblieben ihm bloß noch 20 Minuten Bedenkzeit bis zur Zeitkontrolle im 40. Zug. Dies spielte wohl auch eine Rolle bei Spasskis Entscheidung für den nun folgenden Zug. (Cafferty)

  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  

Stellung nach dem 14. Zug von Schwarz

15. Se4–d6!?

Weiß opfert seinen Turm und kommt schließlich zum Ziel. Gemäß Kasparow führte auch 15. Tf1–f2!± zu einer vorteilhaften Stellung für Weiß. „Ein gewöhnlicher Sterblicher hätte sich mit 15. Dd3xe2 und gutem Spiel begnügt.“ (Teschner)

15. … Sd7–f8?

„Panik“, schreibt Kasparow und gibt das kaltblütige 15. … Le7xd6 16. Dd3–h7+ Kg8–f8 17. c5xd6 e2xf1D+ 18. Ta1xf1 c7xd6 19. Dh7–h8+ Kf8–e7 20. Tf1–e1+ Sd7–e5 21. Dh8xg7 Te8–g8 22. Dg7xh6 Dd8–b6! 23. Kg1–h1 Lc8–e6 24. d4xe5 mit guter Kompensation für Weiß aber unklarer Stellung. Die gleiche Variante gab Spasski selbst in seinen Analysen an.

  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  

Stellung nach dem 15. Zug von Schwarz

16. Sd6xf7! e2xf1D+

„A dying man can eat anything“, kommentiert Cafferty.

17. Ta1xf1 Lc8–f5

Der Springer ist unantastbar: 17. … Kg8xf7 18. Sf3–e5+ Kf7–g8 19. Dd3–h7+! Sf8xh7 20. Lc2–b3+ Kg8–h8 21. Se5–g6 matt. Kasparow empfiehlt hier 17. … Dd8–d5!?, sieht Weiß aber nach 18. Lc2–b3! in Gewinnstellung.

18. Dd3xf5 Dd8–d7 19. Df5–f4 Le7–f6 20. Sf3–e5 Dd7–e7

Zum Verlust führte auch 20. … Lf6xe5 21. Sf7xe5 Dd7–e7 22. Df4–e4 g7–g6 23. Tf1xf8+ Te8xf8 (23. … De7xf8 24. Lc2–b3+ Kg8–h7 25. De4xg6+ Kh7–h8 26. Se5–f7#-) 24. Lc2–b3+ Kg8–h7 25. De4xg6+ Kh7–h8 26. Dg6xh6+ De7–h7 27. Se5–g6 matt.

  a b c d e f g h  
8 8
7 7
6 6
5 5
4 4
3 3
2 2
1 1
  a b c d e f g h  

Stellung nach dem 20. Zug von Schwarz

21. Lc2–b3 Lf6xe5 22. Sf7xe5+ Kg8–h7 23. Df4–e4+

Schwarz gab auf. Nach 23. … g7–g6 24. Tf1xf8 oder 23. … Kh7–h8 24. Tf1xf8 ist der Kampf sofort vorbei.

Im James-Bond-Film From Russia With Love wurde die Schlusskombination nachgestellt, jedoch ohne die beiden weißen Bauern auf d4 und c5. Obwohl der Weißspieler Kronsteen auch in der Filmszene gewann, könnte sich Schwarz verteidigen: nach 21. Lc2–b3 Lf6xe5 22. Sf7xe5+ Sf8–e6 23. Se5–g6 De7–c5+ 24. Kg1–h1 Dc5–b5 25. Df4–f7+ Kg8–h7 26. Lb3–c2 Se6–d4 müsste Weiß mit 27. Sg7–f8+ Kh7–h8 28. Sf8–g6+ Dauerschach geben.

Siehe auch

Literatur

  • Bernard Cafferty: Spassky's 100 Best Games, Batsford, London 1973 (3. Aufl.) – ISBN 0-7134-2409-5 – (S. 101-104).
  • Garri Kasparow: Moi welikie predschestwenniki [Meine großen Vorgänger], Band 3, Moskau 2004 – ISBN 5-7905-2979-8 – (S. 216-219).
  • Rudolf Teschner: Schachmeisterpartien 1960-1965, Reclam, Stuttgart 1979 (1966) – ISBN 3-15-008997-2 – (S. 8-10).

Einzelnachweise

  1. Interview mit Boris Spasski, 18. April 2009.
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