Ein Spinorbündel – auch Spinbündel genannt – ist ein mathematisches Objekt aus der Differentialgeometrie beziehungsweise der globalen Analysis. Es ist eine spezielle Art eines Vektorbündels über einer Mannigfaltigkeit. Spinorbündel können nur für Spin-Mannigfaltigkeiten definiert werden. Dies sind spezielle riemannsche Mannigfaltigkeiten mit einer Spinstruktur auf dem Tangentialbündel. Ob ein Tangentialbündel mit einer Spinstruktur ausgestattet werden kann, kann durch die zweite Stiefel-Whitney-Klasse gemessen werden.
Der Raum der glatten Schnitte eines Spinorbündels wird auch als Raum der Spinoren oder Spinorfelder bezeichnet und dient als eine natürliche Definitionsmenge für den Dirac-Operator.
Das mathematische Teilgebiet, das sich mit Spinorbündeln und Spin-Mannigfaltigkeiten sowie mit verwandten Themen, wie zum Beispiel Dirac-Operatoren und deren Indextheorie beschäftigt, wird als Spin-Geometrie bezeichnet.
Spinstruktur
Sei eine riemannsche Mannigfaltigkeit und ein orientiertes hermitesches Vektorbündel der Dimension . Mit wird die Spin-Gruppe von bezeichnet. Sie kann als eine zweiblättrige Überlagerung der orthogonalen Gruppe aufgefasst werden. Eine Spinstruktur auf ist ein -Hauptfaserbündel zusammen mit einer zweiblättrigen Überlagerung
des -Hauptfaserbündels , so dass für alle und alle gilt.
Spin-Mannigfaltigkeit
Eine Spin-Mannigfaltigkeit ist eine orientierbare riemannsche Mannigfaltigkeit, die eine Spinstruktur auf ihrem Tangentialbündel erlaubt.
Da die Stiefel-Whitney-Klasse einer Mannigfaltigkeit definiert ist als die Stiefel-Whitney-Klasse ihres Tangentialbündels ist, bedeutet das, dass eine orientierbare riemannsche Mannigfaltigkeit genau dann eine Spinstruktur zulässt, wenn gilt. Dann werden die verschiedenen Spinstrukturen von den Elementen von bestimmt.
Definition des Spinorbündels
Sei eine riemannsche Mannigfaltigkeit mit gerader Dimension und einer Spinstruktur auf dem Tangentialbündel , also kurz eine Spin-Mannigfaltigkeit mit gerader Dimension. Sei die Darstellung der komplexen Clifford-Algebra (auch Spinor-Modul genannt). Die -Gruppe hat als Teilmenge von ebenfalls eine Darstellung .
Das Spinorbündel über der Mannigfaltigkeit ist definiert als das assoziierte komplexe Vektorbündel
Hierbei bezeichnet das Faserprodukt von mit über . In diesem konkreten Fall bedeutet dies
für , und .
Literatur
- Thomas Friedrich: Dirac-Operatoren in der Riemannschen Geometrie. Mit einem Ausblick auf die Seiberg-Witten-Theorie. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig, 1997. ISBN 3-528-06926-0.
Einzelnachweise
- ↑ Thomas Friedrich: Dirac-Operatoren in der Riemannschen Geometrie. Mit einem Ausblick auf die Seiberg-Witten-Theorie. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig, 1997. ISBN 3-528-06926-0, S. 467–468.
- ↑ spin geometry. In: nlab. Abgerufen am 31. März 2021 (englisch).
- ↑ H. B. Lawson, M. Michelsohn: Spin Geometry. Princeton University Press, 1989, ISBN 978-0-691-08542-5, S. 80.
- ↑ H. B. Lawson, M. Michelsohn: Spin Geometry. Princeton University Press, 1989, ISBN 978-0-691-08542-5, S. 96.
- ↑ H. B. Lawson, M. Michelsohn: Spin Geometry. Princeton University Press, 1989, ISBN 978-0-691-08542-5, S. 96–97.
- ↑ Nicole Berline, Ezra Getzler, Michèle Vergne: Heat kernels and Dirac operators (= Grundlehren der mathematischen Wissenschaften 298). Berlin u. a. Springer 1992, ISBN 0-387-53340-0, S. 111.