Die evangelische Stadtkirche St. Marien steht auf einem Hügel mitten in der Kleinstadt Bleicherode im Landkreis Nordhausen in Thüringen.

Geschichte

Die in der Kleinstadt Bleicherode befindliche Stadtkirche wurde im 12. Jahrhundert als ein romanischer Sakralbau errichtet. Von diesem Bau ist nur noch der Kirchturm teilweise erhalten. Bereits 1411 war die Gemeinde so groß und finanzkräftig, dass das Bauwerk im gotischen Stil grundlegend immer wieder durch Um- und Ausbauten verändert wurde.

Diese Kirche selbst

Über dem Hauptportal ist ein nicht mehr eindeutig definierbares Hochrelief angebracht. Es trägt die Jahreszahl 1411. Weiterhin sind heilige Figuren sowie ein Weihekreuz eingemeißelt. Eindeutig ist die Jahreszahl für das Gotteshaus zu erkennen. Der Innenraum präsentiert sich als nunmehr zweischiffige Hallenkirche. Das südliche Seitenschiff wurde zugunsten einer Empore aufgegeben, was sich statisch allerdings als nachteilig erwies. Durch das Fehlen der Pfeiler driftet die Langhauswand immer mehr nach Süden ab. Im Inneren wurden deshalb nachträglich hölzerne Stützen eingezogen und hölzerne Zuganker halten die Hochschiffwände beieinander. Der hochgotische Chorraum wirkt wie in das Kirchenschiff hineingeschoben. 7 Maßwerkfenster tauchen ihn in ein helles Licht. Er endet nicht, wie oft üblich, in einem Polygon oder einer Apsis, sondern wird von einer geraden Wand abgeschlossen, die von einem gewaltigen Maßwerkfenster durchbrochen ist. Dies und das hölzerne Waggongewölbe, welches den Innenraum überspannt, verleihen der Kirche fast schon englische Züge. Zweifellos erinnert das Interieur an Kirchen in Devon oder Cornwall.

Für die Stadtkirche St. Marien baute Friedrich Knauf aus Großtabarz (bei Waltershausen) 1837 eine zweimanualige Orgel mit 25 Registern. 61 Jahre später (1898) baute sein Neffe Robert, der die Werkstatt des Vaters in Bleicherode übernahm, eine komplett neue Orgel mit nunmehr 26 klingenden Stimmen auf 2 Manualen mit einem aufwändig gestalteten neobarocken Prospekt, vor allem auch als Referenzinstrument für seine Werkstatt vor Ort. Diese Orgel wurde 2013 (Fa. Brode, Heiligenstadt) komplett restauriert. Im Rahmen von umfangreichen Restaurierungen wurde das komplette äußere Mauerwerk sandgestrahlt und von Ablagerungen befreit. Obendrein wurden die Schallöffnungen des Glockenturmes mit Jalousien versehen.


Turm und Glocken

Der 38 Meter hohe Turm ist in das Kirchengebäude eingezogen und weist einen rechteckigen Grundriss auf. Er beherbergt neben einer mechanischen Uhr aus dem 19. Jahrhundert einen sehr wertvollen Glockensatz, dessen Geschichte so wechselhaft ist, wie die der restlichen Kirche auch. Hinter den Schallfenstern oben am Turmhelm befinden sich die Schlagglocken des Uhrwerks. Die Viertelstundenglocke ist in Zuckerhutrippe gegossen worden und stammt aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts. Die Stundenglocke wurde 1543 in einer verkürzten Rippe gegossen. Das Hauptgeläut, bestehend aus drei Glocken, soll klanglich das harmonischste der Gegend sein und setzt sich aus diesen drei Glocken zusammen:

Glocke 1: Eisenhartguss aus dem Jahr 1959 von Schilling & Lattermann in Morgenröthe-Rautenkranz gegossen. Aufhängung am gekröpften Stahljoch. Schlagton: cis′. Glocke 2: Ebenfalls 1959 von Schilling & Lattermann gegossen und am gekröpften Stahljoch aufgehängt. Schlagton: e′. Glocke 3: Gegossen im Jahr 1371, Schlagton a′. Gewicht: ca. 500 bis 600 Kilogramm. Diese wurde vor einigen Jahren an ein gerades Holzjoch umgehängt. Zur selben Zeit hat man die sogenannte Gebetsglocke aus dem frühen 14. Jahrhundert ebenfalls umgehängt und elektrisch läutbar gemacht. Dieses Glöckchen mit dem Schlagton f″ übernimmt seitdem das Angelusläuten um 12 und um 18 Uhr. Die große Glocke dürfte mit ihren geschätzten 2800 bis 2950 Kilogramm Gewicht die schwerste Glocke im Landkreis Nordhausen sein.

Die Kirche heute

Um 1968 bis 1973 waren gravierende Schäden an der Bausubstanz erkennbar. Deshalb machten sich Restaurierungsarbeiten erforderlich. Auch der Kirchenraum wurde protestantisch neu gestaltet. Man bewahrte das Gotteshaus vor dem Verfall, dank des Pfarrers Heinrich Müller und der Partnergemeinde Rüsselsheim.

Das Altarretabel aus dem Jahr 1710 befindet sich nun in einem gesonderten Raum hinter dem Altartisch. Vier gewundene Säulen tragen das horizontal geteilte Altarblatt. Ein unteres Gemälde zeigt die Szene des Abendmahls und das obere das Gebet Christi. Davor befindet sich eine Altarplatte, darüber das goldene Kreuz. Darüber hinaus ist der sich im nördlichen Seitenschiff befindliche barocke Taufstein sehenswert.

St. Marien wurde von der Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in Deutschland zur „Kirche des Jahres 2019“ gewählt.

Literatur

  • Thomas Müller: Die Kirchen im Südharz. mit Fotografien von Christoph Keil und anderen. Nordhausen 2017, S. 22f.
Commons: St. Marien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Das Portal der Königin. Abgerufen am 10. Mai 2019.
  2. Die Kirche auf www.ev-kirche-bleicherode.de Abgerufen am 10. Februar 2014.
  3. Pressemitteilung der EKD am 7. Mai 2019. Abgerufen am 10. Mai 2019.

Koordinaten: 51° 26′ 21,8″ N, 10° 34′ 15,3″ O

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