Die evangelisch-lutherische Filialkirche St. Paulus im oberfränkischen Grattstadt, einem Gemeindeteil von Bad Rodach im Landkreis Coburg, stammt aus dem Jahr 1686.
Geschichte
Ein Vikar in Grattstadt ist für das Jahr 1518 belegt. Eine Kapelle, die zur Pfarrkirche in Oettingshausen gehörte, dürfte lange vor diesem Jahr bestanden haben. 1536 wurde die Vikarei Grattstadt der Pfarrei Heldritt unterstellt. Im Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs wurde die Kapelle im Jahr 1632 zerstört. Einen Ersatzneubau errichteten die Grattstadter 1686. 1728 wurde Grattstadt der neu erhobenen Pfarrei Ahlstadt zugeordnet.
Im Jahr 1755 folgte eine aufwändige Instandsetzung der baufälligen Kirche mit dem heutigen Aussehen. Die zugehörige Finanzierung erforderte Rückzahlungen der Gemeinde, die bis 1815 dauerten. Bei der nächsten Baumaßnahme im Jahr 1864 erhielt die Nordseite, die bis dahin nur zwei Fenster hatte, zwei zusätzliche Fenster. Außerdem wurden der Innenraum neu gestrichen und eine Orgel aufgestellt. Weitere Renovierungsarbeiten folgten 1892 und 1926, als der Turm saniert wurde.
1907 wurde die Pfarrei Ahlstadt mit der Pfarrei Großwalbur zusammengelegt, 1923 folgte die Umpfarrung nach Oettingshausen und seit 1977 gehört Grattstadt schließlich zu Elsa. Einen neuen Anstrich des Gotteshauses ließ die Kirchengemeinde in den 1950er Jahren ausführen. Zwischen 1980 und 1985 umfassten die Restaurierungsarbeiten unter anderen eine Neugestaltung des Altarraums in rötlichen Farben und einen neuen Anstrich der Emporen und Kirchenbänke.
Baubeschreibung
Die kleine Kirche steht mitten im Dorf, aber seitlich der Straße. Sie lag ursprünglich in einem befestigten, ungefähr ovalen Bezirk.
Das Kirchhaus ist 18,1 Meter lang und 6,8 Meter breit. Der Innenraum wird von einer Flachdecke überspannt und hat an drei Seiten eine eingeschossige Empore. In der Nord- und Südseite befinden sich je vier hohe Flachbogenfenster. Die westliche Giebelseite besitzt in der Mitte die flachbogige Eingangstür und seitlich oben je ein kleines Flachbogenfenster. Den Zugang zur im Osten angebauten Sakristei, die 1952 erneuert wurde, bildet eine rechteckige Tür. Die Ostwand des Kirchhauses hat einen profilierten Sockel und trägt südlich, außen oben, die Zahl 1686. Der östlich auf dem Walmdach angeordnete achtseitige Dachreiter ist verschiefert und hat eine Kuppel.
Die Kanzel in der Ostwand ist über eine Treppe in der Sakristei erschlossen. Sie stammt wohl aus den 1730er Jahren. Die polygonale hölzerne Brüstung, durch dichtes Bandelwerk verziert, besteht aus den sieben Seiten eines Zehnecks. An der Vorderseite befindet sich ein Reliefbrustbild Martin Luthers. Der Taufstein besteht aus Sandstein und trägt die Jahres Zahl 1748 am Schaft.
Orgel
Im Jahr 1864 erbauten Christoph Hofmann und Söhne aus Neustadt eine Orgel auf der Westempore mit sieben Registern auf einem Manual und Pedal. Eine Restaurierung erfolgte 1980.
Das kastenförmige Orgelgehäuse hat einen dreiteiligen Prospekt mit zwei hohen, rechteckigen Seitenfeldern und einem niedrigeren Mittelfeld, aus zwei symmetrischen Teilen bestehend. Den ausgesägten Dekor in Bandform aus dornigen Ranken schmücken Fischblasenmuster und Rosetten in neugotischer Manier. Der Unterbau mit dem Spielschrank besitzt je vier seitliche Registerzüge.
Glocken
In dem Dachreiter hängen zwei Glocken. Die kleine Glocke mit 58 Zentimeter Durchmesser stammt aus dem 14. Jahrhundert. Sie ist reich verziert und trägt in Spiegelschrift die Namen der vier Evangelisten.
Das zweite Glocke goss ursprünglich 1761 der Coburger Johann Andreas Mayer. Sie hatte einen Durchmesser von 67 Zentimetern und trug das Wappen des Herzogs Franz Josias. Zum Einschmelzen sollte sie im Ersten Weltkrieg abgehängt werden. Um sich das Abdecken des Kirchturmes zu ersparen wurde sie in der Glockenstube zerschlagen. Als Ersatz erwarb die Gemeinde 1920 eine Eisenglocke mit 300 Kilogramm Masse, die 1995 durch eine Bronzeglocke mit 200 Kilogramm Masse und der Inschrift „Friede auf Erden“ ersetzt wurde.
Weblinks
Einzelnachweise
- 1 2 Michael Höchstädter: Grattstadt. In: Eckhart Kollmer (Hrsg.): Evangelische Kirchengemeinden im Coburger Land. Verlag der Ev.-Luth. Mission Erlangen, Erlangen 1984, ISBN 3-87214-202-X, S. 102.
- 1 2 Lothar Hofmann: Denkmale Region Coburg - Neustadt - Sonneberg: Orte der Einkehr und des Gebets. Historische Sakralbauten. Ein Führer durch die Kirchen der Landkreise Coburg und Sonneberg. Verlag Gerätemuseum des Coburger Landes, Ahorn 2007, ISBN 3-930531-04-6, S. 19.
- 1 2 Richard Teufel: Bau- und Kunstdenkmäler im Landkreis Coburg. E. Riemann’sche Hofbuchhandlung, Coburg 1956, S. 62 f.
- 1 2 3 Paul Lehfeldt: Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens, Heft XXVIII, Herzogthum Sachsen-Coburg und Gotha, Landrathsamt Coburg. Jena 1902, S. 38.
- ↑ Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Alte Orgeln im Coburger Land, Teil I. Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1970, S. 191.
Koordinaten: 50° 22′ 36″ N, 10° 50′ 21″ O