Der Stallhof in Dresden gehört zum Baukomplex des Residenzschlosses und diente als Schauplatz für große Reitturniere. Erbaut wurde der Stallhof ab 1586 für Kurfürst Christian I. vermutlich nach den Entwürfen von Giovanni Maria Nosseni. Die Renaissance-Anlage stellt einen der ältesten in der originalen Ausgestaltung erhaltenen höfischen Turnierplätze der Welt dar. Heute wird der Stallhof für kulturelle Veranstaltungen wie den mittelalterlichen Weihnachtsmarkt genutzt. Gelegentlich werden hier auch heute noch Reitturniere und Theaterveranstaltungen ausgerichtet.
Geschichte
Der Bau wurde 1586 oder spätestens 1587 begonnen und 1591 fertig gestellt. Ausgeführt wurde das Bauwerk nach den grundlegenden Ideen des in Italien künstlerisch geschulten Giovanni Maria Nosseni von dem aus Nürnberg stammenden Ingenieur und Architekt Paul Buchner. Bereits unmittelbar nach der Fertigstellung wurde das Bauwerk von vielen Seiten gerühmt. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts war der Stallhof Schauplatz höfischen Vergnügens mit Turnieren, Ringelstechen und Hetzjagden. Der Lange Gang diente der Unterbringung der kurfürstlichen Pferde. In den oberen Etagen wurde die prunkvolle Ausstattung aufbewahrt.
Die Luftangriffe auf Dresden im Februar 1945 beschädigten den Stallhof schwer. Mit dem Wiederaufbau wurde 1957 begonnen. Dabei wurden von 1972 bis 1979 auch die vor dem Krieg nicht mehr vorhandenen Bildwerke von Zacharias Wehme und Heinrich Göding wieder an die Außenfassade des „Langen Ganges“ angebracht. Die Instandsetzung und Restaurierung des Bauwerks war im Äußeren 1984 weitgehend abgeschlossen. Seitdem dauern weitere Baumaßnahmen an. So wurden Teile der alten Stallhofmauer und das 1567 von Hans Irmisch errichtete Kanzleihaus rekonstruiert. Seit 2021 ist der Galerieraum im Obergeschoss in Anlehnung an die alte Funktion als Gewehrgalerie als Rekonstruktion wiederhergestellt. Er ist nun als Teil der Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zugänglich.
Ein Brand am Morgen des 17. Dezember 2007 vernichtete zehn Stände des zu dieser Zeit gerade stattfindenden mittelalterlichen Weihnachtsmarkts. Dabei wurde auch die restaurierte Schlossfassade am Stallhof beschädigt.
Bauwerk
Langer Gang
Der „Lange Gang“ verbindet den Georgenbau mit dem Stallgebäude (heute Johanneum) und war einst der Zuschauerraum für die höfischen Turniere und Hetzjagden. Innen befindet sich im Erdgeschoss eine offene Bogenhalle mit einer Arkadenreihe aus 20 toskanischen Säulen. Oberhalb der Säulen sind die Wappen der Lande unter wettinischer Herrschaft zu sehen. Äußerlich ist der Gang mit einer Sgraffito-Malerei verziert. In der Mitte ist eine Sonnenuhr angebracht. Diese entstand im Jahr 1568 und wurde 1976 durch Gunter Herrmann nach historischem Vorbild restauriert. Bei der Uhr handelt es sich um eine Vertikaluhr mit römischen Zahlen, Angaben zur ungefähren Uhrzeit, Monatsangaben und den Tierkreiszeichen. Berechnet wurden die Angaben durch den Stralsunder Ernst Dambeck. Auf der Außenseite des Ganges ist der Fürstenzug angebracht.
Im Inneren des „Langen Ganges“ befindet sich im Obergeschoss der „Lange Saal“, der bis zur Zerstörung 1945 eine bedeutende Ahnengalerie der Wettiner beherbergte. Ab 1731 war in diesem Raum zusätzlich die Gewehrgalerie Augusts des Starken untergebracht, die er nach dem Vorbild von Ludwig XIV. einrichten ließ. Daraus ging später die Abteilung der Feuerwaffen in der Rüstkammer hervor. Beim Umbau des Georgenbaus für die 800-Jahr-Feier des Hauses Wettin im Jahr 1901 wurde der Lange Gang auf die heutige Länge von etwa 100 Meter verkürzt. Mit der letzten Rekonstruktion wurde die bemalte Renaissancedecke wiederhergestellt und Reste der Renaissancemalerei in den Fensternischen gesichert.
Hof
Auf dem Gelände des Innenhofes befinden sich die beiden aus dem Jahr 1601 stammenden, 6,10 Meter hohen bronzenen Ringstechsäulen, die einst zum Ringelstechen dienten. Im Innenhof befindet sich die 1586/1588 von Paul Buchner geschaffene Pferdeschwemme. Das achteckige Sandsteinbecken hat eine Breite von 15,75 Meter und eine Tiefe von 1,77 Metern. An der westlichen Stirnseite speit ein Widderkopf Wasser und an der östlichen offenen Stirnseite stehen zwei Sandsteinsäulen.
Vollständig erhalten geblieben sind 13 der 34 Pilare (Säulen), die das ehemalige Turniergelände begrenzten. Sie wurden 1591 von Merten Hilger gegossen.
Außenseite
Der Fürstenzug befindet sich an der Außenwand des Stallhofes am Schlossplatz. Das 102 Meter lange Wandbild stellt die Geschichte des sächsischen Herrschergeschlechtes des Fürstenhauses Wettin als überlebensgroßen Reiterzug auf rund 23.000 Meißner Porzellanfliesen dar.
Literatur
- Erich Haenel: Der alte Stallhof in Dresden (= Geschichtliche Wanderfahrten, Nr. 50). Heinrich, Dresden 1937.
- Esther Münzberg: Aula enim Principis non equorum videbatur. Der neue Stall- und Harnischkammerbau in Dresden 1586. In: Sybille Ebert-Schifferer, Elisabeth Kieven (Hrsg.): Scambio culturale con il nemico religioso. Italia e Sassonia attorno al 1600. (Atti della giornata internazionale di studi nell’ambito della serie di incontri „Roma e il nord“, percorsi e forme dello scambio artistico, 4 – 5 aprile 2005, Roma, Bibliotheca Hertziana) Mailand 2007, S. 143–151 (Onlineversion)
- Jürgen Müller: Giovanni Maria Nosseni und die Dresdner Kunst zwischen 1580 und 1620. In: Dirk Syndram (Hrsg.): In fürstlichem Glanz. Der Dresdner Hof um 1600. Mailand 2004, S. 34–45 (Digitalisat).
- Walter May: Die höfische Architektur in Dresden unter Christian I. In: Dresdner Hefte 29, 1992, 63–71 (Digitalisat).
Einzelnachweise
- ↑ Zuschreibung an Nosseni aus stilanalytischen Gründen: May 1992; Müller 2004, hier S. 37.
- ↑ Feuerwehr-Einsatzbericht (Memento vom 14. Oktober 2008 im Internet Archive) auf Dresden.de
- 1 2 Kunst im öffentlichen Raum. Kulturamt Dresden, Dresden 1996.
Weblinks
Koordinaten: 51° 3′ 9,2″ N, 13° 44′ 20,3″ O