Der Sternenmantel Heinrichs II. ist ein bedeutendes Werk mittelalterlicher Textilkunst. Der heute im Diözesanmuseum Bamberg ausgestellte Mantel war ein Geschenk des apulischen Fürsten Meles von Bari an Heinrich II. anlässlich der Begegnung des Kaisers mit Papst Benedikt VIII. im Jahr 1020 in Bamberg.

Beschreibung

Das Bildprogramm des mit Goldstickereien förmlich übersäten Ornats kann der am unteren linken Rand angebrachten Inschrift entnommen werden: Es handelt sich um eine Beschreibung des ganzen Erdkreises (DESCRIPTIO TOCIVS ORBIS). Eine Majestas-Domini-Applike mit dem in der Mandorla thronenden Christus, umgeben von den vier Wesen der Apokalypse, nimmt die hervorragendste Stelle in der Mitte des oberen Mantelrückens ein. Christus wird flankiert von Sol – der personifizierten Sonne –, Luna – dem Mond –, einem Cherub, einem Seraph sowie von Alpha und Omega, dem ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets als Symbol für Anfang und Ende der Welt. Die sich Christus ganz unterordnende Welt wird durch die Gottesmutter Maria, Johannes den Täufer, zwei heilige Bischöfe und sechs nimbierte sitzende Gestalten repräsentiert, während die Sternzeichen und die beiden Hemisphären für das gesamte Universum stehen. Die zahlreichen, äußerst kunstvoll gearbeiteten Darstellungen werden jeweils von ebenfalls eingestickten Sentenzen umgeben, denen die teilweise fehlerhaft ins Lateinische übersetzten Phainomena (Himmelserscheinungen) des Aratos, ein im dritten Jahrhundert v. Chr. entstandenes Lehrgedicht, als Vorlage dienten. Eine Inschrift auf der rechten Seite benennt den Stifter des Werkes: PAX ISMAHELI QVI HOC ORDINAVIT (Friede dem Ismahel, der dies in Auftrag gegeben hat).

Hintergrund

Der Stiftername Ismael ist als Pseudonym für Meles von Bari anzusehen, der, nachdem er in der Schlacht von Cannae im Jahre 1018 von den Byzantinern vernichtend geschlagen worden war, Heinrich um Unterstützung ersuchte und 1020 nach Bamberg reiste, wo Papst Benedikt VIII. an Ostern den Kaiser traf, um ihn gleichfalls um Hilfe im Kampf gegen die Expansion der Byzantiner in Süditalien zu bitten. Bei dieser Gelegenheit wollte der Fürst den Mantel als Gastgeschenk an Heinrich überreichen, was ihm jedoch nicht mehr möglich war, da er vor der Fertigstellung am 23. April desselben Jahres in Bamberg verschied. Dies wird deutlich durch den eingestickten Friedenswunsch für die Verstorbenen. Dass Meles (Ismahel) den Mantel dem Kaiser zugedacht hatte, beweist die am unteren Saum angebrachte Widmungsinschrift: O DECVS EVROPAE CESAR HEINRICE BEARE| ANGEAT [= AVGEAT] IMPERIVM TIBI REX QVI REGNAT IN EVUM (Heil sei dir, du Zierde Europas, Kaiser Heinrich, dein Reich mehre der König, der da herrschet ewiglich). Doch lehnte Heinrich es letztlich ab, den Mantel zu tragen, und stiftete ihn stattdessen dem Bamberger Dom, nachdem er eine weitere Inschrift mit dem Wunsch um göttliches Wohlgefallen ob der Stiftung unter dem Christus-Quadrat hatte einsticken lassen: SVP[ER]NE VSYE SIT GRATV[M] HOC CESARIS DONVM (Dem höchsten Wesen sei dieses Kaisergeschenk willkommen).

Einordnung

Die in Anlegetechnik ausgeführten, recht aufwendigen Stickereien wurden um 1018–1024 in Regensburg gefertigt. Dagegen handelt es sich bei dem Trägerstoff um ein aus Italien stammendes Seidengewebe aus der Zeit zwischen 1453 und 1455, in welcher der Mantel restauriert wurde. Dabei wurden die Stickereien ausgeschnitten und auf dem neuen Stoff aufgenäht. Der ursprüngliche, partiell noch heute unter den Applikationen vorhandene Mantelstoff bestand aus dunkelpurpur-violetter Seide.

Literatur

  • Wilhelm Messerer: Der Bamberger Domschatz in seinem Bestande bis zum Ende der Hohenstaufenzeit. Hirmer, München 1952, S. 54–57 Taf. 49–50.
  • Percy Ernst Schramm, Florentine Mütherich: Denkmale der deutschen Könige und Kaiser. Band 1, 2. erg. Auflage, München 1981, S. 163 (Nr. 130).
  • Renate Baumgärtel-Fleischmann: Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. und seine Inschriften. In: Walter Koch (Hrsg.): Epigraphik 1988. Fachtagung für mittelalterliche und neuzeitliche Epigraphik. Graz 10.–14. Mai 1988. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1990, ISBN 3-7001-1790-6, S. 105–125.
  • Renate Baumgärtel-Fleischmann: Die Kaisermäntel im Bamberger Domschatz. In: Bericht des Historischen Vereins Bamberg 133, 1997, S. 93–126.
  • Horst Enzensberger: Bamberg und Apulien. In: Christine und Klaus van Eickels (Hrsg.): Das Bistum Bamberg in der Welt des Mittelalters. Vorträge der Ringvorlesung des Zentrums für Mittelalterstudien der Otto-Friedrich-Universität Bamberg im Sommersemester 2007. University of Bamberg Press, Bamberg 2007, ISBN 978-3-923507-28-3, S. 141–150 (Volltext).
  • Norbert Jung, Wolfgang F. Reddig (Hrsg.): Dem Himmel entgegen. 1000 Jahre Kaiserdom Bamberg 1012–2012. Katalog der Sonderausstellung (= Veröffentlichungen des Diözesanmuseums Bamberg. Band 22). Michael Imhof Verlag, Petersberg 2012, ISBN 978-3-86568-754-8, S. 288–289 (mit weiterer Literatur).
  • Wolfgang Metzger: Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. In: Dieter Blume, Mechthild Haffner, Wolfgang Metzger: Sternbilder des Mittelalters. Der gemalte Himmel zwischen Wissenschaft und Phantasie. Band 1: 800–1200. de Gruyter, Berlin 2012, S. 153–157 (eingeschränkte Vorschau bei Google Books).
  • Rudolf Schieffer: Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. In: Katharina Weigand, Jörg Zedler (Hrsg.): Ein Museum der bayerischen Geschichte. Herbert Utz Verlag, München 2015, ISBN 978-3-8316-4200-7, S. 89–105.
  • Tanja Kohwagner-Nikolai: Kaisergewänder im Wandel. Goldgestickte Vergangenheitsinszenierung. Rekonstruktion der tausendjährigen Veränderungsgeschichte. Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2020.
  • Norbert Jung, Holger Kempkens (Hg.): Die Bamberger Kaisergewänder unter der Lupe. Methoden und Ergebnisse der aktuellen Forschungen. 1000 Jahre Weihe von St. Stephan in Bamberg. Verlag Schnell & Steiner, Regensburg 2021.
Commons: Sternenmantel Heinrichs II. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. 1 2 3 Norbert Jung, Wolfgang F. Reddig (Hrsg.): Dem Himmel entgegen. 1000 Jahre Kaiserdom Bamberg 1012–2012. Katalog der Sonderausstellung. Petersberg 2012, S. 288–289, hier: S. 289.
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