Das Strohhutfest in der rheinland-pfälzischen Stadt Frankenthal ist ein Volksfest und das größte Straßenfest der Pfalz. Alljährlich feiern mehrere 100.000 Menschen – die Stadt selbst hat etwa 50.000 Einwohner – vier Tage lang in der Frankenthaler Innenstadt. Das Fest dauert von Christi Himmelfahrt bzw. Fronleichnam bis zum letzten Festtag am darauf folgenden Sonntag. Der Termin des nächsten Festes lässt sich am Countdown auf der Website der Miss Strohhut ablesen.

Örtlichkeit

Die Festmeile erstreckt sich im Stadtkern innerhalb der beiden historischen Stadttore, dem Wormser Tor im Norden und dem Speyerer Tor im Süden. Der Bereich umfasst von Nord nach Süd die Wormser Straße ab dem Stadttor, den zentralen Rathausplatz und die Speyerer Straße, außerdem Teile der Bahnhof- und der August-Bebel-Straße, die vom Rathausplatz aus nach Westen bzw. Osten führen.

Zahlreiche Jahrmarktsstände und Buden entlang der Häuserfronten, kleine Wein- und Bierzelte, Bühnen und sonstige Attraktionen verleihen dem Strohhutfest das Flair eines großen Volksfestes. Mit Kirchweihrummel hat es wenig gemein; so gibt es keine Fahrgeschäfte außer Kinderkarussell, Autoscooter und gelegentlich einem Riesenrad, das erstmals 2006 am Wormser Tor aufgestellt wurde. Das Fest wird hauptsächlich vom Engagement der ortsansässigen Vereine und der Geschäfte in der Innenstadt getragen. Ausnahme ist die August-Bebel-Straße, wo die sogenannte Gleis4-Meile teilweise vom Frankenthaler Kulturzentrum Gleis4 selbst betrieben, teilweise auch an professionelle Schausteller vermietet wird.

Besucher

Das Fest besitzt eine weite Ausstrahlung in die Region. 2010 beispielsweise wurden nach Angaben der Polizei „deutlich mehr als 300.000 Besucher“ gezählt. In Anbetracht der geringeren Anzahl der Festtage lässt sich das Strohhutfest deshalb hinsichtlich seiner Besucherzahl durchaus mit dem größten Weinfest der Welt, dem Dürkheimer Wurstmarkt, vergleichen, zu dem sich an neun Tagen mehr als 600.000 Menschen einfinden.

Geschichte

Entstehung

Bevor Frankenthals Innenstadt Mitte der 1970er Jahre zur autofreien Fußgängerzone wurde, wollte die Verwaltung unter dem damaligen Oberbürgermeister Günter Kahlberg (1936–1997, Amtszeit 1972–1983) erproben, welche Auswirkungen es hätte, wenn die Nord-Süd-Achse, also die Wormser und die Speyerer Straße, für den Durchgangsverkehr mit Kraftfahrzeugen gesperrt würde. Anlässlich des Tests 1973 nutzte man die Gelegenheit, entlang der autofreien Straßen Jahrmarktsstände aufzubauen. Bei den Frankenthaler Bürgern und den Vereinen wurde die Initiative mit Begeisterung aufgenommen – ein neues Frankenthaler Fest war geboren. Es findet seit 1975 jedes Jahr statt, und generell wurde die Innenstadt zur autofreien Fußgängerzone.

Name

Das Strohhutfest erhielt seinen Namen, weil es anfangs am christlichen Feiertag Christi Himmelfahrt begann, dem „Vatertag“, an dem in der Pfalz die Väter bei ihren feucht-fröhlichen Ausflügen gerne Strohhüte tragen. Solche Kopfbedeckungen, allerdings mit überdimensionalen Ausmaßen, werden über dem Rathausplatz und der Wormser Straße aufgehängt und machen das Motto des Festes weithin sichtbar.

Dass ein Hut­fabrikant für die Namensgebung verantwortlich gewesen sei, wie von Außenstehenden oft gemutmaßt wird, stimmt nicht; als Namensfinder gilt vielmehr Arno Baumann (* 10. April 1924; † 5. Mai 2007), der von 1971 bis 1999 Präsident des Frankenthaler Carneval-Vereins war. Mittlerweile findet das Strohhutfest alternativ an den vier Tagen ab Christi Himmelfahrt oder ab Fronleichnam statt, je nachdem, welches dieser Feste auf den Zeitraum Ende Mai/Anfang Juni fällt. Fronleichnam als katholisches Fest ist in Rheinland-Pfalz ein gesetzlicher Feiertag wie bundesweit Christi Himmelfahrt.

Miss Strohhut

Statt einer „Miss Frankenthal“ besitzt die Stadt seit dem zweiten Strohhutfest 1976 eine „Miss Strohhut“. Diese muss volljährig sein und wird jedes Jahr zum Strohhutfest durch eine Jury aus Offiziellen und einigen durch das Los bestimmten Bürgern neu gewählt. Da die neue Miss Strohhut üblicherweise im Rahmen einer Performance auf der Bühne vorgestellt wird, erhöhen tänzerische oder sportliche Qualifikationen einer Kandidatin die Auswahlchancen. Ein Jahr lang repräsentiert die Miss Strohhut die Stadt Frankenthal bei vielen Veranstaltungen.

Jahr der WahlMiss Strohhut
1976Bärbel Pulsfort, später Müller
1977Pia Garst, später Garst-Schmitz
1978Ursula Westerburg, später Roos
1979Sonja Fries, später Kissel
1980Susanne Denig, später Wintermeyer
1981Dagmar Scupin
1982Läticia Claudia Gebhardt, später Hylton
1983Rita Galante
1984Ute Tritt
1985Margret Schulz, später Eck
1986Caroline Messingschlager, später Wornath
1987Anke Jendahl
1988Martina Baum
1989Alexandra Hickethier, später Hessel
1990Petra Ziegeler, später Jarchow
1991Astrid Klughammer, später Philippi
1992Cristiane Hintemann, später Hintemann-Semrau
1993Andrea Bletscher, später Koch
1994Barbara Heidl, später Weber
1995Sabine Greiner, später Clair
1996Katja Bentz, später Baumgärtner
1997Jenny Ekström
1998Sabine Strohhäusl, später Clemens
1999Jessica Graichen, später Butsch
Jahr der WahlMiss Strohhut
2000Teresa Di Napoli, später Celestino
2001Sarah Keller, später Knoll
2002Johanna Mayer, später Stock
2003Tanja Gräf, später Klawitter
2004Annette Pawliczek, später Keth
2005Magali Petermann, später Leidig-Petermann
2006Corinna Metzger
2007Jutta Kaiser
2008Julia Fast, später Merdian
2009Domenica Lenczyk, später Mochmann
2010Nina Rein, später Reibold
2011Laura Engert
2012Constanze Fuhrmanski, später Rogala
2013Catharina Müller
2014Sandra Jäger
2015Nina Semrau
2016Franziska Ratz
2017Jenny Neufeld
2018Emily Matejcek
2019Vanessa Quietzsch
2020Fest ausgefallen wegen Corona-Pandemie
2021Fest ausgefallen wegen Corona-Pandemie
2022Sonja Erbach

Begleitereignisse

Musik

Im Jahre 2000 veröffentlichte die Frankenthaler Rockband GRABOWSKY den Titel „Strohhutfest“, der seither als Hymne des Festes angesehen wird. Text und Musik stammen von Bandmitglied Alexander Hüther.

Buttons

Seit 2001 werden „Strohhutfestbuttons“ verkauft, die jedes Jahr von einem anderen ortsansässigen Künstler gestaltet sind und sich inzwischen zu Sammelobjekten entwickelt haben. Am ersten Festtag machen die Miss Strohhut und der Frankenthaler Oberbürgermeister einen Rundgang über die Festmeile und verkaufen dabei die Buttons. Der Erlös kommt wechselnden Frankenthaler Bürgerprojekten zugute, z. B. 2007 der Sanierung des historischen Kanalhafens.

Sport

Seit 2004 findet am Festsonntag der Strohhutfestlauf statt. Die 5340 m lange Strecke kann sowohl durch Teilnahme am traditionellen Volkslauf als auch in der Disziplin Nordic Walking absolviert werden.

Film

Nach einem ersten Versuch mit einem Videofilm produzierten die beiden Frankenthaler Martin Svoboda und Robert Kwiatek seit 2007 unter der Bezeichnung „StrohhutfestTV“ schon mehrere Kinofilme über das Fest. Bei der Premiere des ersten Films in den Frankenthaler LuxKinos am 17. November 2007 fanden vom Nachmittag bis in die Nacht sechs vollbesetzte Aufführungen mit fast 800 zahlenden Zuschauern statt; in der August-Bebel-Straße vor dem Kino wurde – angesichts der niedrigen Temperaturen bei Glühwein – spontan ein „Strohhutfest“ gefeiert, an dem 2000 Feierwillige teilnahmen.

Commons: Strohhutfest – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. 1 2 Besucherrekord beim Strohhutfest. In: Die Rheinpfalz, Gesamtausgabe. Ludwigshafen 7. Juni 2010.
  2. Miss Strohhut. miss-strohhut.net, abgerufen am 29. Dezember 2017 (Countdown zum nächsten Fest oben auf der Startseite).
  3. Speyerer Str. 50, Geburtshaus von August von Parseval (1861–1942).
  4. 1 2 Strohhutfest-Historie. miss-strohhut.net, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  5. Theo Wieder: Brief des Oberbürgermeisters an Frankenthaler in aller Welt. (PDF; 418 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) Stadtverwaltung Frankenthal, Dezember 2007, S. 15, archiviert vom Original am 22. Dezember 2015; abgerufen am 13. Dezember 2015.
  6. Wahlverfahren. miss-strohhut.net, abgerufen am 29. Dezember 2017.
  7. 1 2 „Club der Ehemaligen“. miss-strohhut.net, abgerufen am 11. Dezember 2015.
  8. Kanalhafen. Stadtverwaltung Frankenthal, abgerufen am 9. August 2021.
  9. Alles wie im Sommer – nur kälter. In: Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthaler Zeitung. Ludwigshafen 19. November 2007.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.