Die Thalia war eine private Theatergesellschaft in Berlin, die von 1790 bis vermutlich 1945 existierte.

 Geschichte

Das Jahr 1790 gab die Privat-Theatergesellschaft Thalia selbst als Gründungsdatum an.

Diese Gesellschaft, die anfangs noch keinen Namen hatte, ist wahrscheinlich identisch mit der Privatschauspielergesellschaft, die ab 1800 im Haus des Gärtners Petzold in der Schillinggasse theatralische Vorstellungen gab. Sie wurde daher als Petzoldsche Gesellschaft oder Privatschauspielergesellschaft in der Schillingsgasse bezeichnet. Sie hatte bei der Gründung 9 Mitglieder und der Schneidermeister Werner fungierte als Wirt.

1801 zog die Ressource zur Miete in das Haus des Oberfinanzrats Schomer in der Lehmgasse 9 (ab 1816 Blumenstraße) und nannte sich Familien-Ressource oder Ressource zur Harmonie. Werner ließ im Garten des Grundstücks, mit Zugang über die Lehmgasse 11, ein kleines Theater errichten. Um die Anordnung des Polizeidirektoriums, dass „keine Privattheater in einem gemietheten Sale geduldet werden sollen“, zu umgehen, kaufte Werner 1803 das Haus im Auftrag der Ressource. Werner war ihr Vorsteher. Im Jahr 1804 hatte die Ressource bereits 50 Mitglieder.

1807 wurde die Harmonie aufgelöst und von Werner und anderen Mitgliedern der Harmonie die Ressource zur Concordia gegründet. Diese wurde auch Familienressource zur Concordia, Concordia, Wernersche Ressource, Ressource in der Lehmgasse oder Privattheater der Ressource im Wernerschen Haus genannt. Als Werner im Jahr 1819 starb, übernahm seine Witwe die Ökonomie.

1820 spaltete sich ein Teil der Ressource ab und zog in die Alexanderstraße 26. Der andere Teil der Ressource erhielt als Privattheatergesellschaft Thalia eine neue Konzession. Es wurden im Sommer sonntags alle ein oder zwei Wochen ein Theaterstück aufgeführt, an dem die Mitglieder der Gesellschaft mitwirkten. Der Zutritt war formal nur durch Kontakt zu einem Mitglied möglich, da es keine offizielle Theaterkonzession gab, de facto konnte jeder es besuchen. Bis 1842 existierte das Thalia in der Blumenstraße, dann spielte das Theater vorübergehend auf dem Wollankschen Weinberg und zog dann in die Alexanderstraße 26. 1860, nachdem die Concordia sich aufgelöst hatte, erwarb ein Bürgerkonsortium deren Theatergebäude in der Blumenstraße 9 für die Theatergesellschaft Thalia. 1869 wechselte das Theatergebäude den Eigentümer und die Thalia-Gesellschaft zog erst in die Gartenstraße 13–14 und dann in die Lichtenbergerstraße 16. Vermutlich im Mai 1945 wurde die Privattheatergesellschaft Thalia aufgelöst.

Literatur

  • Uta Motschmann: Die private Öffentlichkeit – Privattheater in Berlin um 1800. In: Klaus Gerlach (Hrsg.): Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater. (= Berliner Klassik. Eine Großstadtkultur um 1800, 15). Wehrhahn, Hannover 2009. S. 61–84 PDF (oben)
  • Uta Motschmann (Hrsg.): Handbuch der Berliner Vereine und Gesellschaften 1786–1815. De Gruyter, Berlin/München/Boston 2015, ISBN 978-3-05-006015-6, S. 543–544.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Fest-Zeitung zum 100jährigen Stiftungsfest der Privat-Theater-Gesellschaft »Thalia«. 1790–1890. Berlin, den 11. October 1890 (Stiftung Stadtmuseum Berlin, Inv.-Nr. V-70/689 b S). Andere Quellen nennen das Gründungsjahr 1796, mit der Vermutung, dass diese Thalia vor 1820 bereits wieder eingegangen war. Vergleiche: Uta Motschmann: Die private Öffentlichkeit – Privattheater in Berlin um 1800. In: Klaus Gerlach (Hrsg.): Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater. S. 61–84, hier S. 62. Anm. 3 PDF (oben) und Uta Motschmann (Hrsg.): Handbuch der Berliner Vereine und Gesellschaften 1786–1815. S. 543.
  2. bei Uta Motschmann sowohl Carl August Werner als auch Johann Friedrich Werner genannt
  3. Uta Motschmann nennt zwei verschiedenen Ressourcen, die Familien-Ressource (später Thalia) und die Ressource zur Harmonie (1807 aufgelöst). Es kann aber davon ausgegangen werden, dass diese Ressourcen identisch sind, denn bei beiden wird ab 1801/1802 die Adresse Lehmgasse 9 angegeben und bei beiden wird Werner als Ökonom und Vorsteher genannt.
  4. Ruth Mangold: Zweimal "Grüne Neune", Manuskript, Berlin 1956, zitiert aus Akten von 1822: die Witwe Werner erklärte Bereits sind es 21 Jahre, dass wir uns als ruhige und gesittete Bürger in diesem Familienzirkel versammelt haben.
  5. 1819 war der Direktor Carl August Werner gestorben. Die Witwe verkaufte 1824 das Theatergrundstück an einen Schönfärber und dieser 1825 an den Schuhmacher Schultze, einen eifrigen Dilettanten. Dieser ließ einen bewohnten alten Seitenflügel und die Kegelbahn abbrechen zur besseren Benutzung des darin vorhandenen Liebhabertheaters. Dessen Witwe, neu verheiratete Grieben (geb. Kuhirt) war 1830 Grundstückseigentümerin, ihr Mann verkaufte in ihrem Namen 98 Fuß der 132 Fuß der Straßenfront an den Maurermeister Böhme, der die zwei Vorderhäuser 9 und 9a bebaute. Wegen unbeglichener Rechnung baute er ein Theater und vermietete es an die Concordia. (Das Grundstück selbst wurde bald versteigert und mit Hypotheken belegt.) Angaben nach Ruth Mangold, 1956, vgl. auch Berliner Adressbücher, zur Blumenstraße 9
  6. Alexander Cosmas: Neuester und vollständigster Wegweiser durch Berlin, Berlin 1842, S. 117, als Theater der Thalia-Gesellschaft
  7. Johann Daniel Ferdinand Neigebaur: Handbuch für Reisende in Deutschland, Leipzig 1843, S. 533, Thalia in der Blumenstraße 9
  8. Theater: Thalia, Liebhaber, Wollanksche Weinberg. In: Berliner Adreßbuch, 1843, 2, S. 534.
  9. Theater: Thalia, Liebhaber, Alexanderstr. 26. In: Berliner Adreßbuch, 1845, III, S. 805.
  10. Thalia, Gartenstr. 13, 14. In: Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, 1872, Teil IV, S. 21.
  11. Lichtenbergerstr. 16, "Thalia", Priv. Theater u. Vereins-Lokal. In: Berliner Adreßbuch, 1887, Teil II, S. 247.
  12. Priv.-Theat.-Ges. "Thalia", gegr. 1790. In: Berliner Adreßbuch, 1943, Teil III, S. 99 (letztmaliger Eintrag).
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