Theodor Friedrich Barthold Schön (* 14. April 1855 in Hamburg; † 9. November 1911 in Stuttgart) war ein deutscher Genealoge und Historiker.

Leben und Werk

Über Theodor Schöns Leben ist nur wenig bekannt; zudem sind die vorliegenden Angaben nicht immer widerspruchsfrei. Aus einer aus Böhmen nach Hamburg eingewanderten Familie stammend, wurde er als Sohn des Arztes Matthias Schön (1800–1870) und der Dorothea Schön, geb. Lüders (1818–1904) geboren. Wie sein Vater besuchte er in Hamburg zunächst das Johanneum. Kurz nach dessen Tod muss die Familie nach Stuttgart übersiedelt sein, da Theodor Schön auf dortige Gymnasium wechselte, auf dem er 1875 auch sein Abitur machte. Noch im Wintersemester desselben Jahres nahm er ein Jura-Studium in Tübingen auf. Im dortigen Studierendenverzeichnis letztmalig zum Sommersemester 1880 genannt, scheint er die Universität ohne Abschluss verlassen zu haben. Danach wechselte nach Wien, wo er von 1881 bis 1883 außerordentliches Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung war. In dieser Zeit erstanden erste kleinere genealogische Aufsätze. 1883 schrieb er sich an der Universität München ein, hier in der Philosophischen Fakultät, genauer gesagt, in der Geschichte, und blieb bis zum Wintersemester 1886/87. Sein für die Zeit ungewöhnlich langes Studium beendete er ohne Promotion.

Ende der 1880er Jahre kehrte er nach Stuttgart zurück, wo er sich seitdem als Privatgelehrter vor allem genealogischen Arbeiten zuwandte. Sein Schwerpunkt lag dabei insbesondere auf Adelsfamilien des süddeutschen Raumes, doch zeugen seine Veröffentlichungen von sehr viel weiter gespannten Interessen. Hervorzuheben wären hier etwa seine Untersuchungen zum Glockenguss, zur Geschichte Reutlingens oder zur Medizingeschichte. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Geschichte und Genealogie des Fürstenhauses Schönburg, über die er − als Auftragsarbeit − ein insgesamt neunbändiges Werk verfasste und darüber hinaus zahlreiche Aufsätze publizierte.

Von seinem immensen Arbeitspensum zeugen neben den Monographien die vielen, oft kleineren Artikel unter anderem in „Der Deutsche Herold“, den „Reutlinger Geschichtsblättern“, dem „Archiv für christliche Kunst“, den „Blättern für württembergische Kirchengeschichte“, dem „Diözesan-Archiv von Schwaben“, dem „Medicinischen Correspondenzblatt des Württembergischen Ärztlichen Landesvereins“, den „Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern“ und den „Schönburger Geschichtsblättern“. Daneben verfasste er rund fünfzig biographische Artikel für die „Allgemeine Deutsche Biographie“ und die im „Diözesan-Archiv von Schwaben“ veröffentlichte Reihe der „Schwäbischen Biographien.“ Für die „Württembergischen Vierteljahrshefte für Landesgeschichte“ übernahm er ab 1897 die Bibliographie der landesgeschichtlichen Literatur.

Nach langer Diabetes-Erkrankung starb der unverheiratet gebliebene 56-Jährige an seinem Wohnort Stuttgart. Als „Geschichtsschreiber der deutschen Adelsgeschlechter“ bezeichnete ihn der Nachruf im Stuttgarter Neuen Tagblatt.

Schöns umfangreicher wissenschaftlicher Nachlass, insbesondere seine Materialsammlung, befindet sich heute in der Württembergischen Landesbibliothek.

„Geadelte jüdische Familien“

Bis heute steht Theodor Schön im Verdacht, auch Verfasser des anonym veröffentlichten, antisemitischen Buches „Geadelte jüdische Familien“ gewesen zu sein, eines Vorläufers des späteren Semi-Gotha. Die Zusammenstellung erschien zwischen Dezember 1888 und Februar 1889 zunächst in regelmäßiger Folge in der völkischen Wochenzeitschrift „Der Kyffhäuser“, danach als Sonderdruck und eigenständige Publikation. Der Historiker Kai Drewes wies jedoch darauf hin, dass im Verzeichnis das in der österreichischen Mundart gebräuchliche „Jänner“ verwendet wird. Er vermutete daher als tatsächlichen Autor den deutschnationalen Politiker Julius Sylvester, einen Anhänger Georg von Schönerers und Obmann des Salzburger Kyffhäuserverbandes. Sylvester war bereits früher als Verfasser genannt worden. Die noch in der ursprünglichen Artikelfolge und der ersten Auflage angegebene Literatur lässt allerdings genealogische Fachkenntnisse vermuten, und es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sich der Autor einer in Österreich gedruckten Schrift dem dort üblichen Sprachgebrauch angepasst hat.

Auszeichnungen

  • 1907: Verleihung von Titel und Rang eines Hofrates.

Schriften (Auswahl)

  • Die Staatsgefangenen von Hohenasperg. Gundert, Stuttgart 1899.
  • Geschichte des fürstlichen und gräflichen Gesammthauses Schönburg. Urkundenbuch der Herren von Schönburg, Bd. 1–8 und Nachträge. Kästner, Waldenburg 1901–1908, 1910.Digitalisat
  • Bibliographie der württembergischen Geschichte. Bd. 3 und 4, Teil 1 (bearb. von Wilhelm Heyd, fortges. von Theodor Schön), Kohlhammer, Stuttgart 1907–1908.
  • Geschichte der Familie Duvernoy. Wittwer, Stuttgart 1909.
  • Geschichte der Familie von Ow. Kastner & Callwey, München 1910.
  • Otto von Alberti: Württembergisches Adels- und Wappenbuch, 2. Band. N - Z (fortgesetzt von Friedrich v. Gaisberg-Schöckingen, Theodor Schön und Adolf Stattmann). Kohlhammer, Stuttgart 1916 Digitalisat.

Literatur

Commons: Theodor Schön – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Theodor Schön – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Programm des Königlichen Gymnasiums in Stuttgart 1875/76. Stuttgart 1876, S. 16.
  2. Verzeichnis der Beamten, Lehrer und Studierenden der königl. württemb. Universität Tübingen in dem Winter-Halbjahr 1875−76. Tübingen 1875, S. 16, Nr. 358 pdf.
  3. Vgl. Der Deutsche Herold, Bd. 13, 1882: "Verzeichnis der Mitarbeiter. (..) Theodor Schön in Wien".
  4. Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Bd. 33, 1912, S. 198.
  5. Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1883/84. München 1883, S. 68.pdf
  6. Amtliches Verzeichnis des Personals der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich bayerischen Ludwig-Maximilians-Universität zu München. Winter-Semester 1886/87. München 1886, S. 79.pdf
  7. Sigrid Thurm, Deutscher Glockenatlas, Bd 1: Württemberg und Hohenzollern. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1959, S. 1.
  8. Neues Tagblatt und General-Anzeiger für Stuttgart und Württemberg, 68. Jg., Nr. 264 v. 10.11.1911, S. 4.
  9. Württembergische Landesbibliothek, Handschriften, Nachlässe und Sammlungen.
  10. Alfred von Eberstein: Handbuch für den deutschen Adel, Mitscher & Röstell, Berlin 1889, S. 140.
  11. Michael Holzmann/Hanns Bohatta: Deutsches Anonymen-Lexikon, Bd. 5. Weimar 1909, S. 104.
  12. Der Kyffäuser, 2. Jg., Nr. 49 v. 2. Dezember 1888, S. 401 f. Digitalisat.
  13. Geadelte jüdische Familien. Kyffhäuser-Verlag, Salzburg 1889, 2. Aufl. 1891 Google Books, 3. Aufl. 1891.
  14. Kai Drewes: Jüdischer Adel. Nobilitierungen von Juden im Europa des 19. Jahrhunderts. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2013, S. 215 f. Anm. 262.
  15. Hermann F. Wagner: Anonymes und Pseudonymes in der Salzburger Literatur. Ein Beitrag zur Kultur- und Literaturgeschichte des Landes. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 50, 1910, S. 352.
  16. Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien, Bd. 61, 1910, S. 142.
  17. Aron Freimann: Zeitschrift für hebräische Bibliographie, Bd. 18, 1915, S. 81.
  18. Württemberger Zeitung. Stuttgarter Nachrichten u. Handelsblatt, Nr. 33 vom 15.10.1907, S. 25 ("Amtliches").
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