Der heilige Theodor von Sitten (auch Theodul, lateinisch Theodulus Sedunensis, † um 400) war der erste bekannte Bischof von Octodurum (heute Martigny, Unterwallis, Schweiz). Er ist Landespatron des Kantons Wallis sowie des Bistums Sitten.

Im Walserdialekt wurde der Name Theodor zu Joder (davon auch rätoromanisch Sogn Gioder). Sein Patronats- und Gedenktag ist der 16. August.

Leben

Theodor bzw. Theodul war vermutlich um 375 der erste Bischof von Octodurum. Er war persönlich bekannt mit dem heiligen Ambrosius von Mailand und nahm 381 an der Synode von Aquileia und vermutlich auch 393 an der Synode von Mailand. Dieser Theodor entdeckte laut dem Zeugnis des Eucherius von Lyon (Passio Acaunensium martyrum, um 430) die Gebeine des heiligen Mauritius, des Anführers der sagenhaften Thebäischen Legion, und dessen Gefährten und liess für sie in Octodurum eine Basilika erbauen.

Mehr ist über die historische Person nicht bekannt. Spätere Quellen verlegen den Heiligen in das sechste oder gar das neunte Jahrhundert: Die sogenannte Stiftungsurkunde der Abtei, datiert auf das späte 8. oder frühe 9. Jahrhundert, macht Theodor zu einem Zeitgenossen des heiligen Sigismund von Burgund (6. Jahrhundert). Eine eigentliche Vita Theodors ist erst aus dem 12. Jahrhundert überliefert (Vita beati Theodori Sedunensis episcopi), verfasst durch einen Mönch Ruodpertus, verfasst vermutlich im 11., frühestens im 10. Jahrhundert. Hier wird Theodor zum Zeitgenossen Karls des Grossen und empfängt von diesem das Wallis als Lehen.

Verehrung und Patronate

Die Gebeine des heiligen Theodor wurden vermutlich mit der Verlegung des Bischofssitzes im späten 6. Jahrhundert nach Sitten überführt. Während der Besetzung der Stadt Sitten durch französische Truppen 1798 gingen sie verloren. Die Verehrung des heiligen Theodul ist erstmals für das Jahr 999 urkundlich belegt. Sie verbreitete sich von Sitten und über Engelberg (12. Jahrhundert) in die übrige Schweiz und Süddeutschland (das damalige Herzogtum Schwaben) sowie weiter nach Savoyen und mit dem Zug der Walser auch nach Vorarlberg.

Insbesondere ist Theodul Schutzpatron des Wallis sowie, zusammen mit dem heiligen Nikolaus auch Schutzpatron der Walser. Theodor bzw. Theodul ist Glocken-, Wetter- und Winzerpatron, in Vorarlberg auch Viehpatron.

Ferner ist Theodul auch Patron der Gemeinde Triesenberg in Liechtenstein, welche seit 1955 eine Theodulsglocke im Wappen führt, sowie auch Stadtpatron im schwäbischen Ehingen, wo ihm vor dem Ständehaus der Theodulbrunnen von 1987 gewidmet ist.

Ikonographie

Die ältetesten bekannten bildlichen Darstellungen von Theodor-Theodul stammen aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert. Die älteste erhaltene Skulptur dürfte eine sitzende Bischofsfigur aus von Saint-Luc sein, deren Identifizierung als Theodul allerdings unsicher bleibt. Die ältesten Darstellungen Theoduls mit seinen Attributen stammen aus dem 15. Jahrhundert.

Theodors bzw. Theoduls Hauptattribut ist der glockentragende Teufel. Dies nach einer spätmittelalterlichen Legende, laut der der Teufel für Theodul eine Glocke von Rom in das Wallis tragen musste. Weitere Attribute sind der Bischofsstab, ein Schwert, sowie eine Weintraube. Die Darstellung mit Schwert bezieht sich auf eine Legende, die Theodul in die Zeit Karls des Großen versetzt und berichtet, Karl habe Theodul die Hoheitsrechte über das Wallis verliehen. Die Darstellung des Heiligen mit dem Attribut des glockentragenden Teufels ist wesentlich Matthäus Schiner (r. 1499–1522) zu verdanken. Nicht nur stellte Schiner den Heiligen wiederholt mit dem Glockenteufel auf seinen Münzen dar, er erbaute auch die Kirche St. Theodul in Sitten, in der der Heilige wiederholt zusammen mit dem Glockenteufel abgebildet wurde.

Münzen des Bistums Sitten, geprägt unter Matthäus Schiner und seinem Vorgänger und Onkel Nikolaus Schiner (r. 1496–1499, mit Matthäus als Vikar) zeigen den heiligen Theodul teilweise mit Bischofsstab und Schwert zusammen mit dem Glockenteufel oder mit Glocke (ohne Teufel), auch mit geschultertem Schwert und Krummstab zusammen mit der hl Katharina von Alexandria, und auf dem größeren Guldiner (1498) auch kniend, von Kaiser Karl dem Großen das Schwert entgegennehmend. Die einzige bekannte Walliser Goldmünze, ein Dukat von Hildebrand von Riedmatten (r. 1565–1604) zeigt das Riedmatter Familienwappen mit dem über den Wappenschild hinausragenden Oberkörper des hl. Theodul mit Schwert und Krummstab.

Die Darstellung mit Weintraube bezieht sich auf ein Weinwunder, die unerschöpfliche „St. Jodernkufe“. Daneben wird er auch dargestellt, wie er die Reliquien der thebäischen Märtyrer einsammelt, und vereinzelt auch, wie er ein ertrunkenes Kind wieder zum Leben erweckt.

Theodulsglocke

Die Legende zu Theodul und der Glocke ist nicht in der Vita des Ruodpertus überliefert, sondern entstammt späterem Volksgut. Fassbar wird sie erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts. Laut dieser Legende habe Theodul in Rom den Papst vor einer Versuchung gerettet habe. Zum Dank erhielt er eine Glocke. Der Teufel selbst habe Theodul zusammen mit seiner Glocke auf seinem Buckel durch die Lüfte von Rom bis nach Sitten tragen müssen. Die älteste Überlieferung dieser Legende datiert auf 1491, in einer Walliser Handschrift die ebenfalls einem Ruodpertus zugeschrieben ist. In späteren Abwandlungen, aufgrund des ikonographischen Attributs des Teufels mit geschulterter Glocke, habe der Teufel die Glocke auf seinem Buckel für Theodul über die Alpenpässe tragen müssen. Auf dieser Variante der Legende beruht die Benennung als Theodulpass (um 1700) des zuvor als Augsttalpass bekannten Alpenübergangs.

In Sion wurden Fragmente der Glocke Theoduls gezeigt, angeblich wurden der ursprünglichen Glocke auch immer wieder kleine Partikel entnommen und beim Guss weiterer Wetterglocken zugesetzt. Beim Läuten sollte Theoduls Fürsprache drohendes Unwetter abwenden. Eine solche Theodulsglocke wird von Theodor Vernaleken in Masescha (Triesenberg, Liechtenstein) beschrieben.

Literatur

Commons: Hl. Theodul – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Acta Sanctorum t. 37 (Augusti tomus tertius) (1867), 273ff.
  • Kirsten Groß-Albenhausen: Theodor (…), Bischof von Octodurus. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 11, Bautz, Herzberg 1996, ISBN 3-88309-064-6, Sp. 881–884.
  • Ulrich Nachbaur: Der heilige Bischof Theodul. Von der Urkundenfälschung bis zur Käsewerbung. In: Montfort. Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs. 66. Jahrgang, Band 1, 2014, S. 5–82 (Volltext als PDF auf den Webseiten des Vorarlberger Landesarchivs).
  • Wir Walser 1981/2, 1 und 2, mit Beiträgen von Engelbert Bucher, A. E. Gattlen und Josef Guntern.
    • A. E. Gattlen, „Bildliche Darstellungen des heligien Theodul im Wallis“, Wir Walser 19.2 (1981).

Einzelnachweise

  1. St. Jodern; der Heilige Theodul abgerufen am 1. Dezember 2017.
  2. Fribourg/Freiburg, Kantons- und Universitätsbibliothek, Ms. L 5 foll. 1r-7r, Ruodpertus Monachus Peregrinus: Vita s. Theodori episcopi Sedunensis. Acta Sanctorum t. 37, 278–280.
  3. Kirsten Groß-Albenhausen in: Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon. Band XI (1996), Spalten 881–884
  4. Gattlen (1981), S. 12.
  5. coingallery.de "Bistum Sitten, Nikolaus Schiner als Bischof: Guldiner 1498. Thronender Ks. Karl der Große übergibt dem knienden Bischof Theodul ein Schwert"; " "Bistum Sitten, Hildebrand von Riedmatten, 1565–1604: Dukat o.J. Wappenschild von Riedmatten, oben Brustbild des hl. Theodul mit Schwert und Krummstab."
  6. Laut der Legende habe St. Joder, als einmal der Frost die Weinlese zerstört hatte, eine Kufe voll Wein gesegnet, die danach unerschöpflich Wein spendete und nie versiegte, auch viele Jahre nach dem Tod des Heiligen nicht, bis endlich ein neugieriger Frevler die Kufe aufbrach und sie leer vorfand, nur am Spundloch hing eine Traube, die jedoch sogleich verdorrte und zu Staub zerfiel. M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872.
  7. Furrer, Histoire du Valais, vol. 1 (1873), S. 50. Revue de la Suisse catholique 11 (1880), 788ff.
  8. Franz Josef Vonbun, Die Sagen Vorarlbergs. Mit Beiträgen aus Liechtenstein (1858), Nr. 207, S. 154.
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