Als Titularnation eines Staates wird eine Nation bezeichnet, von deren Ethnonym sich der Name des betreffenden Staates ableitet. Nationen wie beispielsweise die Armenier, Italiener, Letten, Kasachen oder auch Deutsche sind Völker bzw. Ethnien und zugleich Titularnationen (Armenien, Italien, Lettland, Kasachstan, Deutschland, …). Nicht jedes Volk ist aber zugleich Titularnation eines Staatskonstruktes, da zum einen einige Völker keine „eigenen“ Staaten haben und sich zum anderen viele Staatsnamen überhaupt nicht auf eine Nation beziehen, sondern z. B. geographischen oder anderen Ursprungs sind (Beispiele: Schweiz, Belgien, Indien).

Titularnation als Minderheit im Land

In einigen Staaten, beispielsweise den Teilrepubliken und autonomen Gebieten des Vielvölkerstaates Russland, stellt die jeweilige Titularnation nicht immer die Mehrheitsbevölkerung, sondern die namensgebende ethnische Minderheit wurde oder wird – trotz politischer und kultureller (Teil-)Autonomie – de facto von einer russischen Mehrheitsbevölkerung bzw. von der Russischen Föderation als der den einzelnen Föderationssubjekten übergeordneten Titularnation assimiliert.

Ähnlich ist es zum Beispiel in einem der fünf autonomen Gebiete Chinas, der Inneren Mongolei. Während die (chinesischen) Mongolen dort die Titularnation sind, stellten sie im Jahr 2000 mit einem Bevölkerungsanteil von lediglich etwa 17 % nur die zweitgrößte Ethnie in dem Gebiet. Die mit Abstand größte Ethnie in der Inneren Mongolei sind (wie in ganz China mit 91,5 %) die Han-Chinesen (ca. 79 %; vgl. Demographie der Inneren Mongolei). Die Mongolen sind eines von 56 Völkern in der VR China, die die Regierung offiziell als Nationalitäten anerkannt hat.

Konfliktpotential

Nationalitätenkonflikte hat es immer wieder gegeben (und gibt es bis heute), insbesondere wenn

  1. Staatsvolk (also sämtliche Staatsbürger unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft) und Titularnation (also die Staatsbürger der namensgebenden Ethnie) gleichgesetzt,
  2. eine zwar nicht namensgebende, aber seit jeher auf dem Staatsgebiet ansässige ethnische Minderheit nicht als solche anerkannt und
  3. diese stattdessen zur Assimilation gezwungen wurde oder wird.

Dies geschah beispielsweise im sogenannten Zwischeneuropa zwischen den beiden Weltkriegen, aber auch im franquistischen Spanien, während des Kalten Kriegs in Rumänien, Bulgarien und Griechenland, daneben auch in der Türkei, in China, in Vietnam, in Georgien und in einigen afrikanischen Staaten mit kolonialem Teilungs- und Grenzziehungserbe.

Literatur

  • Detlev Wahl: Lexikon der Völker Europas und des Kaukasus. Meridian-Verlag, Rostock 1999, ISBN 978-3-934121-00-3.
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