Totenburgen waren ein bestimmter Typ von Kriegerehrendenkmälern, die besonders während der Zeit des Nationalsozialismus geplant wurden. Sie sollten nach dem nationalsozialistischen „Endsieg“ gebaut werden.
Nach dem Ersten Weltkrieg (1914–1918) wurde im Jahre 1919 der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) gegründet, dessen selbsterklärte Aufgabe auch die Ehrung der gefallenen Soldaten mittels Kriegerdenkmalen (oft synonym „Ehrenmal“ genannt) umfasste. Unter der Leitung des Architekten Robert Tischler plante diese Organisation zuerst im Jahre 1929/30 die Errichtung einer großen Gedenkstätte in Bitola im damaligen Jugoslawien. Das Bauwerk, welches von 1935 bis 1937 errichtet wurde, bestand aus einer kubischen Ehrenhalle mit schmalen Portal, das mit einem Bronzetor versehen war. Im Zentrum des Innenhofes, der mit einer 2,50 Meter hohen Bruchsteinmauer umgeben war, waren 3000 Gefallene des Weltkrieges bestattet. Dieses Bauwerk wurde 1936 erstmals als „Totenburg“ bezeichnet. Weitere derartige Denkmäler mit monumentalen Charakter entstanden danach in Petrisoru (Rumänien), St. Annaberg (Schlesien) Waldenburg (Schlesier-Ehrenmal) und Tannenberg (Ostpreußen).
Im Jahre 1941 ernannte Adolf Hitler den bekannten und renommierten Architekten Wilhelm Kreis (1873–1955) zum „Generalbaurat für die Gestaltung der deutschen Kriegerfriedhöfe“. Kreis hatte bereits vor dem Ersten Weltkrieg große Gedenkstätten entworfen und errichtet, so zum Beispiel das Burschenschaftsdenkmal bei Eisenach (1900–1902) sowie viele Bismarcktürme. Die Denkmäler bei Annaberg und Bitola hatten seine Zustimmung gefunden; er plante die Gedenkstätten in ebendiesem Stil. Die Denkmäler sollten in allen Ländern errichtet werden, in denen die deutsche Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges (1939–1945) kämpfte. So entstanden zahlreiche Planungen für Bauwerke bei Warschau, bei Narvik, am Olymp (Griechenland) und in Nordafrika. Der größte und bekannteste Entwurf betraf die Errichtung eines Kriegerdenkmals am Dnepr (Ukraine), welches einen Durchmesser von 280 Metern und eine Höhe von 130 Metern erreichen und etruskische Züge tragen sollte.
Stilistisch benutzte Kreis oft einige seiner älteren Entwürfe aus der Zeit vor 1914, in die er architektonische Anleihen aus allen möglichen Epochen einfließen ließ, die ihm geeignet erschienen. Einzig der Gesamteindruck zählte. Als eine bestimmte Kontinuität lässt sich feststellen, dass besonders oft auf das Vorbild der Stauferburg Castel del Monte zurückgegriffen wurde. Für das Denkmal in Nordafrika griff er eher auf das Motiv eines ägyptischen Tempels zurück.
Kreis stellte in einer Werkschau im Jahre 1953 auch seine Entwürfe zu den Bauten am Dnepr und Nordafrika aus. Zu dieser Zeit wurde die Bezeichnung „Totenburgen“ geläufig, die von Kreis selbst und in den Fachzeitschriften immer „Ehrenmale“, „Kriegerdenkmäler“ oder „Totenmale“ genannt worden waren. Der VDK ließ 1955 bei El Alamein zum Gedenken an die Gefallenen des Afrikafeldzuges die Deutsche Kriegsgräberstätte El Alamein errichten, die eindeutige Züge des Castel del Monte trägt.
Der Architekturhistoriker Winfried Nerdinger (* 1944) nannte die „Totenburgen“ einmal die „grauenhaftesten Planungen in der Architektur des 20. Jahrhunderts.“
Literatur
- Gunnar Brands:
- Bekenntnisse eines Angepassten – Der Architekt Wilhelm Kreis als Generalbaurat für die Gestaltung der Deutschen Kriegerfriedhöfe, in: Ulrich Kuder (Hrsg.): Architektur und Ingenieurwesen zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933-1945, Berlin 1997, S. 124–156. ISBN 0-88402-260-9 (Hier finden sich auch zahlreiche grafische Skizzen zu den Entwürfen Kreis’.)
- From World War I cemeteries to the Nazi "Fortresses of the dead" – Architecture, heroic landscape, and the quest for national identity in Germany, in: Joachim Wolschke-Bulmahn (Hrsg.): Places of commemoration. Search for identity and landscape design (= Dumbarton Oaks Colloquium on the History of Landscape Architecture, Bd. 19). Washington/DC 1995, S. 215–56. ISBN 3-7861-1915-5 (Hier finden sich auch zahlreiche grafische Skizzen zu den Entwürfen Kreis’.)
- Christian Fuhrmeister: Die „unsterbliche Landschaft“, der Raum des Reiches und die Toten der Nation – Die Totenburgen Bitoli (1936) und Quero (1939) als strategische Memorialarchitektur, in: kritische berichte, Heft 2/2001, S. 56–70.
- Christian Zentner (Hrsg.): Das große Lexikon des Dritten Reiches. Seite 583, Totenburgen; Weltbild, Augsburg 1993; ISBN 3-89350-563-6.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Zit. nach: Gunnar Brands: Bekenntnisse eines Angepassten - Der Architekt Wilhelm Kreis als Generalbaurat für die Gestaltung der Deutschen Kriegerfriedhöfe, S. 124