Die Totenkrone war ein Schmuckgegenstand bei der Bestattung von Säuglingen und Kindern oder jung verstorbenen Ledigen. Belege dafür gibt es aus dem gesamten europäischen Raum und für die Zeit vom Ende des 16. bis zum 19. Jahrhundert, vereinzelt noch bis ins 20. Jahrhundert.

Gebrauch der Totenkrone

Ursprünglich waren die Totenkronen Grabbeigaben, die den Verstorbenen in die Hand oder den Arm gedrückt wurden oder neben den Kopf gelegt wurden. Weil die Totenkronen immer aufwendiger und teurer wurden, wurde es üblich, die Krone als Leihgabe der Kirche zu verwenden, die nach dem Begräbnis wieder zurückgegeben wurde.

Eine der ersten Untersuchungen zum Gebrauch von Totenkronen wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch Otto Lauffer unternommen.

Im Forschungsprojekt Atlas der deutschen Volkskunde wurde in den frühen 1930er Jahren auch eine Frage zur Verwendung der Totenkrone gestellt. Es wurden dabei 100.000 Einzelangaben aus 20.000 deutschsprachigen Gemeinden ausgewertet. Trotz Unzulänglichkeiten bezüglich der Fragestellungen – wie etwa die Vorgabe des Begriffs „Totenkrone“, die in verschiedenen Landstrichen unterschiedlich bezeichnet wird – lieferte die Studie eine Grundlage für die Analyse des mit der Totenkrone verbundenen Brauchtums. Dabei lassen aber die bisher (Stand 2009) vorliegenden Forschungsergebnisse noch nicht zu, eine feste Chronologie des Rituals aufzustellen.

Totenkronen im Landkreis Fürth

Totenkronen wurden im heutigen Landkreis Fürth im 17. Jahrhundert verstorbenen unverheirateten Frauen, Junggesellen und Kindern entweder auf den Sarg gelegt oder als Totenschmuck als Grabbeigabe beigelegt. Bei Ausgrabungen im Jahre 2009 auf dem Gelände eines ehemaligen Friedhofs in Fürth wurden dabei vollständige Totenkronen geborgen. Diese Kronen bestanden aus Silberdraht, in die Glas oder Edelsteine eingearbeitet waren. Die letzte Gemeinde im Landkreis Fürth, die eine Totenkronze besitzt, ist Seukendorf.

Totenkronen im Altenburger Land

In der Dorfkirche in Dobraschütz erhielten sich auf einem Epitaph 13 Totenkronen aus der Zeit zwischen 1791 und 1813. Drei weitere Epitaphe waren auf dem Kirchboden vorzufinden. Totenkronen und Epitaphe wurden 2017 komplett restauriert und sind vollständig in der Kirche ausgestellt.

Bei einer dieser Totenkronen gelang die Zuordnung zu einem 1811 an Scharlach verstorbenen, 13-jährigen Jungen.

Totenkronen im Landkreis Northeim

Das Museum Uslar besitzt eine Sammlung von 27 Totenkronen, die aus der Dorfkirche von Vahle stammen (2 Exemplare befinden sich noch vor Ort). Sie stammen aus dem Zeitraum zwischen 1814 und 1875.

Totenkronen im Marburger Land

Der Genremaler Otto Piltz hielt sich von 1879 bis 1884 regelmäßig in Cappel bei Marburg auf und malte dort unter anderem Innenansichten der Dorfkirche. Sie zeigen die Art und Weise, wie Totenkronen damals im Kirchenraum angebracht waren. von besonderem Interesse erscheint in diesem Zusammenhang, dass bei archäologischen Ausgrabungen an der Gemeindekirche von Marburg-Moischt, mindestens zwei frühneuzeitliche Gräber freigelegt werden konnten, in denen den Verstorbenen Totenkronen, bestehend aus farbigen, hohlgeblasenen Glaskugeln und zu floralen Ornamenten gebogene Bronzedrähte, beigegeben worden waren.

Totenkronen in der Oberlausitz (Kamenz/Sachsen)

Einer der bisher größten bekannten Bestände von historischen Totenkronen hat sich in der sächsischen Stadt Kamenz erhalten. Insgesamt bewahren das Stadtmuseum (Malzhaus) und die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde eine Sammlung von mehr als 160 Kronen, neun gläsernen Totenkästen sowie drei großen Totenkronenregalen, die teilweise noch mit floralem Schmuck verziert sind. Die Totenkästen, die heute in der Kamenzer St.-Just-Kirche und im Sakralmuseum St. Annen ausgestellt sind, stammen aus dem Zeitraum von 1753 bis 1840 und decken die Blütezeit dieser Sepulkralkultur annähernd in ihrer ganzen Breite ab. Der Bestand erlaubt einen Überblick über die kultur- und kunsthistorisch wichtige Tradition der Totenkronen in Sachsen. Die Totenkästen enthalten zahlreiche handschriftliche oder gedruckte Texte, die soziologische Einblicke geben in die frühere Trauer- und Beerdigungskultur. So liest man im Totenkasten für den 1840 verstorbenen Carl August Schmidt: „Leser der Du einst dieses findest, wisse: diese Kränze reichten eine Anzahl junge Freunde und Freundinnen einem der bravsten und besten Jünglinge, und weinten herzlich um ihn als ihn der unerbittliche Tod aus Ihrer Mitte entriss […].“ Zahlreiche dieser Totenkronen konnten 2018 restauriert und in einer Publikation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Siehe auch

Literatur

  • Gerald Bamberger: Totenkronen von ca. 1750 bis 1850 im Großherzogtum Hessen. In: Walter Stolle: Der Tod. Zur Geschichte des Umgangs mit Sterben und Trauer. „De Dod gehört halt zum Lewe“. Ausstellung Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Volkskundliche Abteilung, Außenstelle Lorsch, 1. November 2001 bis 30. Juni 2002. Hessisches Landesmuseum, Darmstadt 2001, ISBN 3-926527-60-9, S. 99–111.
  • Verlust. Von Totenkronen und Erinnerungskultur: Susan Donath zu Gast im Sakralmuseum St. Annen. Bestandskatalog der Kamenzer Totenkronen des 18. und 19. Jahrhunderts, hrsg. v. Sören Fischer, mit einem Geleitwort von Reiner Sörries sowie Beiträgen von Sören Fischer, Sylvia Müller-Pfeifruck, Ute Schönbach und Verena Schneider, Kamenz 2019.
  • O. Lauffer: Der volkstümliche Gebrauch von Totenkronen in Deutschland. In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. 26, 1916, ISSN 0179-0064, S. 225–246.
  • Sylvia Müller: Denkmäler der Liebe. Zeugnisse des Totenkronenbrauchs in der Mark Brandenburg. Berlin-Story-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-929829-63-1.
  • Wolfgang Neumann (Hrsg.): Totenhochzeit mit Kranz und Krone. Zur Symbolik im Brauchtum des Ledigenbegräbnisses. Eine Ausstellung des Museums für Sepulkralkultur, Kassel, 30. September 2007 bis 2. März 2008. Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal, Kassel 2007, ISBN 978-3-924447-37-3.
  • Ernst Helmut Segschneider: Totenkranz und Totenkrone im Ledigenbegräbnis. Nach einer Dokumentation des Atlas der deutschen Volkskunde. Rheinland-Verlag, Köln 1976, ISBN 3-7927-0200-2 (Werken und Wohnen 10).
  • Gerhard Seib: Kranz und Krone im Ledigenbegräbnis. Beispiel aus Hessen und dem Harz. In: Hans Kurt Boehlke (Hrsg.): Wie die Alten den Tod gebildet. Wandlungen der Sepulkralkultur. 1750–1850. Eine Ausstellung der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V., Kassel, veranstaltet vom Arbeitskreis Selbständiger Kultureller Institutionen e.V. im Wissenschaftszentrum Bonn-Bad Godesberg, 2. August bis 2. September 1979. v. Hase & Koehler, Mainz 1979, ISBN 3-7758-0982-1 (= Kasseler Studien zur Sepulkralkultur 1), S. 113–119.
  • Yvonne Schmuhl: Totenkranz, Totenkrone. In: RDK Labor (2015).
  • Juliane Lippok: Corona Funerbis – Neuzeitliche Totenkronen als Gegenstand archäologischer Forschungen. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 54, Langenweißbach 2009, ISBN 978-3-941171-09-1
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Wiktionary: Totenkrone – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. O. Lauffer: „Der volkstümliche Gebrauch von Totenkronen in Deutschland“ In: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, Band 26, Berlin 1916, S. 225ff.
  2. Ernst Helmut Segschneider: Totenkranz und Totenkrone im Ledigenbegräbnis, Rheinland-Verlag, Köln, 1976, ISBN 3-7927-0200-2, S. 10–12
  3. Sylvia Müller, Denkmäler der Liebe, S. 8f.
  4. Volker Dittmar: Barocker Totenkult. Neue Entdeckungen auf dem Fürther Kirchenplatz. Fürther Nachrichten vom 22. August 2009
  5. Christiane Kneisel: Seltene Totenkronen zieren die Kirche in Dobraschütz. Ostthüringer Zeitung vom 1. Juni 2017
  6. Anna-Marie Dürr: Corona funebris: zu den neuzeitlichen Totenkronen aus dem Friedhofsareal der Gemeindekirche von Marburg-Moischt. In: hessenArchäologie 2020. 2021, S. 328331.
  7. Sören Fischer (Hrsg.): Verlust. Von Totenkronen und Erinnerungskultur: Susan Donath zu Gast im Sakralmuseum St. Annen. Bestandskatalog der Kamenzer Totenkronen des 18. und 19. Jahrhunderts. Städtische Sammlungen Kamenz, Kamenz 2019, ISBN 978-3-910046-77-1, S. 16.
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