Die Ernährungswissenschaft (seltener, veraltet Trophologie) ist eine Naturwissenschaft, die sich mit den Grundlagen, der Zusammensetzung und der Wirkung der Ernährung befasst. Sie ist zwischen den Fächern Medizin und Biochemie angesiedelt.

Geschichte

Bevor sich die Ernährungswissenschaft als eigenständige Lehr- und Studienrichtung herausbildete, arbeiteten hauptsächlich Chemiker auf diesem Gebiet. Es wurde die chemische Zusammensetzung der Nahrung untersucht. Als Hauptbestandteile der menschlichen Ernährung galten seit dem 19. Jahrhundert Protein, Fett und Kohlenhydrate. Die Qualität der Ernährung wurde bis zur Entdeckung der Vitamine und Vitalstoffe ausschließlich an der Zufuhr von Nahrungsenergie gemessen.

Die frühen Jahre des 20. Jahrhunderts bezeichnet der Wissenschaftler und Historiker Kenneth John Carpenter als „die Vitamin-Ära“. Das erste Vitamin wurde im Jahr 1926 isoliert und chemisch definiert (Thiamin). 1932 folgte die Isolierung von Vitamin C und seine gesundheitliche Rolle, die Unterstützung gegen Skorbut, wurde erstmals wissenschaftlich dokumentiert.

An der Universität London wurden auf Betreiben des britischen Physiologen John Yudkin in den 1950er Jahren die Abschlüsse Bachelor of Science und Master of Science in Ernährungswissenschaft eingerichtet.

Die Ernährungswissenschaft als eigene Disziplin wurde in Deutschland im November 1956 mit der Berufung von Hans-Diedrich Cremer auf den Lehrstuhl für Menschliche Ernährungslehre in Gießen institutionalisiert. Das Institut für Ernährungswissenschaft war zunächst an der Akademie für Medizinische Forschung und Fortbildung angesiedelt, die bei der Wiedereröffnung der Justus-Liebig-Universität in die Humanmedizinische Fakultät überging. Im Laufe der Zeit folgten sieben weitere Universitäten mit ähnlichen Einrichtungen.

Abgrenzung

Im Unterschied zur kombinierten Haushalts- und Ernährungswissenschaft (Ökotrophologie) untersucht die Ernährungswissenschaft mit rein naturwissenschaftlichen Methoden die Vorgänge bei der Ernährung, der Verdauung und beim Stoffwechsel, insbesondere des Menschen, aber auch der Pflanzen und Tiere.

Studium und Forschung

Ernährungswissenschaft wird an Hochschulen weltweit als Studienfach angeboten. Zu Beginn des Studiums stehen vor allem die Grundlagenfächer Biologie, Chemie, Mathematik und Physik auf dem Studienplan. Später geht es um die Bereiche anorganische Chemie, funktionelle Biologie, Biochemie und Genetik. An den meisten Hochschulen kann man sich im Laufe des Studiums auf bestimmte Teilbereiche spezialisieren. Dabei geht es um Fächer wie Spezielle Lebensmittelchemie, Ernährungsphysiologie, Lebensmittelrecht und Ernährungsmedizin. Studierende, die sich eher für den wirtschaftlichen Aspekt interessieren, spezialisieren sich meist auf den Bereich Produktionstechnik. An den meisten Hochschulen stehen zudem Laborübungen auf dem Studienplan. Besonders bei Fächern wie Mikrobiologie oder Experimentalphysik ist es wichtig, dass die Studierenden ihr erlerntes Wissen auch praktisch anwenden können.

Ein Studium der Ernährungswissenschaften ist in Deutschland an folgenden Universitäten und Fachhochschulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Fachrichtungen möglich:

Im Wintersemester 2012/2013 waren laut Statistischem Bundesamt in Deutschland 9505 Studierende in Bachelor- und Masterstudiengänge des Bereichs Ernährungs- und Haushaltswissenschaften eingeschrieben. Im Vergleich zum Vorjahr lässt sich ein leichter Zuwachs von 2,5 Prozent erkennen. 28,4 Prozent dieser Studenten befanden sich im ersten Fachsemester. Beachtlich ist der hohe weibliche Anteil unter der Studentenschaft. Nur 16,2 Prozent der Studenten sind männlich. Der Anteil der ausländischen Studierenden liegt mit 592 Studenten bei 6,2 Prozent.

Ein Studium der Ernährungswissenschaften ist in Österreich an der Universität Wien möglich.

Berufsfeld

Studienabsolventen können Prozesse in der Ernährungs- und Versorgungswirtschaft planen und lenken, in Ernährungsfragen beraten, Verbraucherinformationen vermitteln, Lebensmittel, Geräte und Herstellverfahren entwickeln und beurteilen und im Marketing einschlägiger Produkte und Dienstleistungen tätig werden. Zahlreiche Ernährungswissenschaftler sind außerdem in Krankenhäusern oder in der pharmazeutischen Industrie tätig.

Bekannte Ernährungswissenschaftler

Deutschland

Großbritannien

Siehe auch

Literatur

  • Ibrahim Elmadfa, Claus Leitzmann: Ernährung des Menschen. 4. Auflage. Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8252-8036-5.
  • Christian Rummel: Ragnar Berg. Leben und Werk des schwedischen Ernährungsforschers und Begründers der basischen Kost. Mit einem Vorwort von Gundolf Keil. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main/Bern/Wien/Oxford/New York 2003 (= Europäische Hochschulschriften, Reihe VII, Abteilung B: Geschichte der Medizin. Band 10). Zugleich Medizinische Dissertation Dresden 2001, passim.

Einzelnachweise

  1. Kenneth J. Carpenter (1. Oktober 2003): A Short History of Nutritional Science: Part 3 (1912–1944). In: The Journal of Nutrition, Vol. 133, Ausg. 10, S. 3023–3032, doi:10.1093/jn/133.10.3023
  2. Dariush Mozaffarian, Irwin Rosenberg, Ricardo Uauy (13. Juni 2018): History of modern nutrition science—implications for current research, dietary guidelines, and food policy. In: BMJ 2018; 361. doi:10.1136/bmj.k2392
  3. Gertrud Rehner: 50 Jahre Institut für Ernährungswissenschaft in Gießen – Ein Rückblick. In: Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen (Hrsg.): Spiegel der Forschung. 24. Jahrgang, Nr. 1, Juni 2007, S. 26–30.
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