Tuladandasana (Sanskrit तुलादण्डासन, IAST tulādaṇḍāsana), deutsch Waage, ist eine Übung des Yoga. Der Sanskritname tulādaṇḍāsana setzt sich zusammen aus tulā „Gleichgewicht“, daṇḍa „Stock, Stab“ und āsana „Sitz“ oder allgemeiner übersetzt „Körperhaltung“. Sie gehört in die Kategorie der stehenden Gleichgewichtsstellungen. Die Übung ist immer auf beiden Seiten auszuführen. Sie wird im Folgenden jeweils nur im Stand auf dem rechten Bein beschrieben.

Körperliche Ausführung

Im Bikram-Yoga werden im geschlossenen Stand die Arme nach oben geführt. Die Hände berühren sich, alle Finger sind gekreuzt, nur die beiden Zeigefinger bleiben ausgestreckt. Mit dem rechten Bein erfolgt dann ein großer Ausfallschritt nach vorne und der linke hintere Fuß berührt nur noch mit den Zehenspitzen den Boden. Mit geraden Hüften und angespannten Muskeln schwingt man sich nun in eine durchgehende Gerade.

Heinz Grill, Begründer des Neuen Yogawillens, lässt aus dem Stand ebenfalls die Arme nach oben führen und dann das Gewicht auf das rechte Bein verlagern. Der Körper wird nun entschlossen in die Waagerechte geführt und der Nacken entspannt gehalten. „Aus dem ersten Schritt entsteht die Bewegung wie eine große Atembewegung, frei und spannkräftig bis in die Horizontale.“

B. K. S. Iyengar nennt die Stellung Virabhadrasana III und entwickelt sie aus der Endstellung von Virabhadrasana I, indem er den Rumpf nach vorne beugt, die Brust auf den rechten Oberschenkel legt und die Arme ausstreckt. Die Handflächen sind zusammen. Nun wird der Körper leicht nach vorne geschwungen – bei gleichzeitigem Heben des linken Beins – und das rechte Standbein durchgestreckt. Der ganze Körper, mit Ausnahme des Standbeins, ist parallel zum Boden. „Strecke die Arme und das linke Bein, als würdest du von zwei Menschen in entgegengesetzte Richtungen gezogen.“

Im Ananda-Yoga, begründet von Swami Kriyananda, einem Schüler von Paramahansa Yogananda, heißt die Übung Ganapatiasana, Ganeshas Position. In der Endposition wird der Kopf leicht angehoben, so dass der Blick über die aneinandergelegten Hände gleiten kann. „Verlängere dich durch die Wirbelsäule nach vorne und durch das rechte Bein nach hinten.“

Der Ashtanga (Vinyasa) Yoga bezeichnet die Asana mit dem Namen Digasana A oder Virabhadrasana C. Sie ist Teil der dritten Serie des Ashtanga Yoga „Sthira Bhaga“. Im Stehen, mit dem Oberkörper nach unten gebeugt, die Hände links und rechts von den Füßen auf dem Boden, hebt man das linke Bein nach hinten und streckt die Arme nach vorne. Die Position wird 5 Atemzüge lang gehalten.

Das Sivananda Yoga Vedanta Zentrum gibt dieser Yogaübung keinen Sanskritnamen, sondern nennt sie einfach Die stehende Stellung.

Variationen

Werden die Hände wie Flügel zur Seite geführt, nennt man die Stellung Schwalbe oder Digasana B (im Ashtanga Yoga).

Bei Parivrtta Tuladandasana, der gedrehten Waage, wird die Rumpf- und Beckenregion gedreht und der Körper ist in dieser Variation sowohl horizontal ausgespannt als auch zur Seite geöffnet.

Führung der Aufmerksamkeit in der Übung

Im Ananda-Yoga wird vorgeschlagen, nach Erreichen der Endstellung die Position bei natürlichem Atem zu halten und sich bewusst zu machen, dass das Element des soliden Standes fest im rechten Bein verwurzelt ist. Daher kann das Element der Leichtigkeit den Rest des Körpers erfüllen. Der folgende Satz soll während der Ausführung affirmiert werden: „Ich schwebe heiter durch Himmel innerer Freiheit.“

Seelische Bedeutung der Übung

Heinz Grill wählt die Waage als Beispiel, wie unterschiedliche seelische Bedeutungsinhalte gedacht und in die Praxis umgesetzt werden können. Er formuliert sieben inhaltliche Anregungsschritte. Der Inhalt zum dritten Zentrum, dem Manipura Chakra, das der Region des Sonnengeflechts zugeordnet ist, lautet:

„Bei der Zentrierung auf das maṇipūra-cakra, das dritte Zentrum, nimmt der Übende sich den Konzentrationspunkt in der Körpermitte vor und er erlebt sich in kraftvollem aktivem Ausgespanntsein aus diesem Punkte. Er fühlt die Gliedmaßen förmlich von aktiver Spannkraft durchströmt und gleichzeitig bemerkt er ein Zentrum in sich und eine Gliederung nach außen.“

Gesundheitliche Aspekte

Iyengar sagt, dass die Stellung helfe, die Bauchorgane zusammenzuziehen und zu kräftigen. Die Beinmuskeln würden wohlgeformter werden. Er empfiehlt die Asana den Läufern, da sie Kraft und Geschmeidigkeit verleihe.

Aus der Erfahrung des Ananda-Yoga wird mitgeteilt, dass die Übung das körperliche Gleichgewicht fördere sowie den Rücken und die Wirbelsäule stärke.

Siehe auch

Commons: Tuladandasana – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Suchergebnisse für tulA. In: learnsanskrit.cc. Abgerufen am 25. August 2023 (englisch).
  2. Suchergebnisse für daNDa. In: learnsanskrit.cc. Abgerufen am 25. August 2023 (englisch).
  3. Suchergebnisse für Asana. In: learnsanskrit.cc. Abgerufen am 25. August 2023 (englisch).
  4. Bikram Choudhury & Bonnie Jones Reynolds: Bikram Yoga, Das Praxisbuch. 1. Auflage. Lotos Verlag, TB, 2005, ISBN 3-7787-8179-0, S. 69 ff.
  5. Heinz Grill: Ein Neuer Yogawille. 3. Auflage. Synthesia-Verlag, 2010, ISBN 978-3-941995-88-8, S. 67 f.
  6. 1 2 B. K. S. Iyengar: Licht auf Yoga. 7. Auflage. Nikol Verlag, Hamburg 2017, ISBN 978-3-86820-175-8, S. 6467.
  7. 1 2 3 Jayadev Jaerschky: Yoga des Yogananda, Klassische Texte und Übungen für heute. 1. Auflage. Verlag Via Nova, Petersberg 2019, ISBN 978-3-86616-442-0, S. 116 f.
  8. Fortgeschrittenes Yoga: Ashtanga Yoga Advanced A, Stira Bhaga – Digasana [A]. Abgerufen am 25. August 2023.
  9. Sivananda Yoga Zentrum (Hrsg.): Yoga für alle Lebensstufen. 11. Auflage. Gräfe und Unzer Verlag, München 1997, ISBN 3-7742-6200-4, S. 150.
  10. Heinz Grill: Die Seelendimension des Yoga. 7. unveränderte Auflage. Stephan Wunderlich Verlag, Sigmaringen 2022, ISBN 978-3-948193-00-3, S. 315.
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