Die Friedrichs-Universität Bützow war eine deutsche Universität in Bützow in Mecklenburg. Sie bestand von 1760 bis 1789.
Geschichte
Die nach ihrem Gründer benannte Friedrichs-Universität Bützow wurde im Herbst 1760 durch Herzog Friedrich (1756–1785) gegründet, dem Regenten des Landesteils Mecklenburg-Schwerin.
Einen Anlass für die Entstehung der Bützower Universität lieferte eine Auseinandersetzung zwischen dem pietistischen Landesherrn und der der Orthodoxie verhafteten theologischen Fakultät der Universität Rostock um die Besetzung eines theologischen Lehrstuhls mit dem ebenfalls dem Pietismus nahestehenden Christian Albrecht Döderlein (1758). Dieser Streit, der sich allerdings in langjährige Machtkämpfe zwischen den mecklenburgischen Landesherrn und der alten Hansestadt Rostock einordnet, eskalierte durch den Umstand, dass Herzog und Stadt gleichermaßen Patrone der Universität Rostock waren und z. B. ihre eigenen Professorenkollegien unterhielten.
Untergebracht war die Universität Bützow im dortigen Schloss, dem ehemaligen Sitz des Bischofs von Schwerin. Als Aula und Universitätskirche wurde die Stiftskirche Bützow genutzt. Die offizielle Eröffnung fand am 20. Oktober 1760 statt. Beschwerden des Rostocker Rates beim Engeren Ausschuss der mecklenburgischen Stände und beim Reichskammergericht in Wetzlar gegen die Neugründung blieben ohne Erfolg. Ebenso erfolglos blieb der Versuch des Herzogs, die Universität Rostock schließen zu lassen.
Zwar konnte Friedrich mit seiner Neugründung die Rostocker Konkurrenz nicht vollständig aufheben, aber er zog einen beträchtlichen Teil der dortigen Studenten zu seiner Neugründung ab. Dennoch blieb die Frequenz der Bützower Hochschule auf Dauer gering. Während der knapp drei Jahrzehnte ihrer Existenz waren 779 Studenten – überwiegend Mecklenburger – in Bützow immatrikuliert.
Die Friedrichs-Universität umfasste die vier klassischen Fakultäten: Fakultät für Theologie, Rechtswissenschaft, Medizin und Philosophie und war damit eine Volluniversität. Mit der Universität verbunden war – nach Vorbild der ebenfalls von Pietismus geprägten Universität Halle – das Pädagogium Bützow, welches 1780 wieder aufgehoben wurde. Die Universität verfügte über eine Bibliothek und eine Universitätssternwarte, letztere wurde von Wenzeslaus Johann Gustav Karsten geleitet und befand sich auf dessen Wohnhaus in der Pfaffenstraße 3.
Angesichts des sich langsam abzeichnenden Niedergangs der Universität vereinigte Friedrichs Nachfolger Friedrich Franz I. (1785–1837) die Bützower Universität im April 1789 wieder mit der Universität Rostock. Die meisten Professoren wurden dort übernommen sowie auch die Bestände der Universitätsbibliothek und die Instrumente der Universitätssternwarte.
Traditionell wurden Gründung und Existenz der Bützower Universität seither als Panne bzw. Makel der Rostocker Universitätsgeschichte angesehen und dargestellt. Ein Umdenken erfolgte erst in jüngster Zeit, gefördert insbesondere durch Forschungsergebnisse und Publikationen von Matthias Asche. Im Rostocker Matrikelportal werden heute auch alle Studenten gelistet, die sich einst in Bützow immatrikuliert hatten.
Universitätsbibliothek
Für Bützow ordnete Herzog Friedrich der Fromme den Aufbau einer eigenen akademischen Bibliothek an, die 1772 eröffnet wurde. Als Grundstock dafür dienten drei bis dahin in Schwerin gelagerte Fürstenbibliotheken. Es handelte sich um die Bibliothek Herzog Johann Albrecht I. (1525–1576), eines um die Wissenschaft und Kunst des Landes verdienten Fürsten, und die Bibliotheken der Herzöge Adolph Friedrich I. (1588–1658) und Christian Ludwig I. (1623–1692). Große Verdienste um die weitere Entwicklung erwarb sich der Orientalist Oluf Gerhard Tychsen (1734–1815), der die im Jahre 1790 auf 25.000 Bände angewachsenen Bestände bis zu seinem Tode (1815) betreute und als der Wiederbegründer der Universitätsbibliothek Rostock gelten darf.
Universitätssternwarte
Naturalienkabinett
1775 gründete Prof. Oluf Gerhard Tychsen das Naturalienkabinett in Bützow. Das weitere Schicksal des Kabinetts nach seiner Verlegung an die Universität Rostock im Jahre 1789 steht in engem Zusammenhang mit der dortigen Zoologischen Sammlung. Sie übernahm 1880 auch Teile der großherzoglichen Sammlung aus Ludwigslust und gelangte in das Gebäude am Universitätsplatz 2, in dem sich bis heute Teile in den historischen Glasschränken befinden. Die Sammlung dient der Forschung und Lehre mit etwa 100.000 Serien von Belegstücken aus allen Taxa weltweit. Teile sind der Öffentlichkeit zugänglich.
Bedeutende Professoren
- Angelius Johann Daniel Aepinus (1718–1784), 1760–1764 Professor für Philosophie, Herausgeber der Bützower Gelehrten Nachrichten
- Paul Theodor Carpov (1714–1765), 1760 bis 1765 Professor der Orientalischen Sprachen
- Georg Christoph Detharding (1699–1784), 1760 Professor für Medizin
- Christian Albrecht Döderlein (1714–1789), Professor der Theologie, Gründungsrektor der Universität
- Peter Johann Hecker (1747–1835), 1775 Lehrer am Pädagogium, 1778 Professor für Mathematik
- Wenzeslaus Johann Gustav Karsten (1732–1787), 1760 Professor für Mathematik
- Lorenz Karsten (1751–1829), 1783 Professor für Ökonomie und Kameralistik, 1788/89 Gründer der ersten deutschen landwirtschaftlichen Versuchsanstalt
- Ernst Johann Friedrich Mantzel (1699–1768), 1760 Professor für Rechtswissenschaften
- Johann Matthias Martini (1738–1806), 1767 Professor der Rechte
- Friedrich Maximilian Mauritii (1724–1799), 1768 Professor der Theologie
- Johann Peter Andreas Müller (1744–1821), 1777 Professor der Logik und Metaphysik, 1778 Professor der Theologie
- Johann Jacob Prehn (1746–1802), Professor für Rechtswissenschaften
- Johann Christian Quistorp (1737–1795), 1772 Professor für Jurisprudenz
- August Schaarschmidt (1720–1791), 1763 Professor für Chirurgie, 1776 Gründer der ersten Hebammenschule in Mecklenburg
- Johannes Nikolaus Tetens (1736–1807), 1763 Professor für Physik und Philosophie, 1765–1770 zugleich Direktor des Pädagogiums
- Eobald Toze (1715–1789), 1760 bis 1789 Professor der Geschichte
- Adolf Friedrich Trendelenburg (1737–1803), 1762 Professor für Recht
- Oluf Gerhard Tychsen (1734–1815), 1763 Professor für orientalische Sprachen, Gründer der ersten öffentlichen Bibliothek in Mecklenburg
- Samuel Simon Witte (1738–1802), 1766 Professor für Natur- und Völkerrecht
- Gotthilf Traugott Zachariae (1729–1777), 1760 Professor der Theologie, Direktor des Pädagogiums
Siehe auch
Literatur
- Uvo Hölscher: Urkundliche Geschichte der Friedrichs-Universität Bützow. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Band 50 (1885), S. 1–110 (Volltext).
- Hans W. Barnewitz: Aus dem Bützower Studentenleben (1760–1789). In: Mecklenburgische Monatshefte. Band 6 (1930), Heft 2, S. 65–69 (Digitalisat).
- Matthias Asche: Von der reichen hansischen Bürgeruniversität zur armen mecklenburgischen Landeshochschule. Das regionale und soziale Besucherprofil der Universitäten Rostock und Bützow in der Frühen Neuzeit (1500–1800). Stuttgart 1999. ISBN 3-515-07255-1.
- Günter Camenz: Die Herzoglichen, Friedrichs-Universität und Pädagogium zu Bützow in Mecklenburg. Bützow 2004.
- Matthias Asche: Die mecklenburgische Hochschule Bützow (1760–1789) – nur ein Kuriosum der deutschen Universitätsgeschichte? Versuch einer historischen Neudeutung. In: Jahrbuch für Universitätsgeschichte 9. (2006), S. 133–147.
- Jürgen Hamel: Die Universitätssternwarte Bützow – Geschichte, Baulichkeit, Instrumente und Personal. In: Beiträge zur Astronomiegeschichte. Band 11. Frankfurt a. M. 2011 (Acta Historica Astronomiae 43), S. 181–207.
- Hans-Uwe Lammel: „Warnow-Athen“ und mecklenburgisches Jerusalem. Die Stadt Bützow und ihre Universität. In: Marc von der Höh (Hrsg.): Traditionen, Zäsuren, Dynamiken. 600 Jahre Universität Rostock. Köln 2019, S. 241–267.
Weblinks
- Literatur von und über Universität Bützow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur über die Universität Bützow in der Landesbibliographie MV
- Literatur über Mitglieder des Lehrkörpers in der Landesbibliographie MV
- Geschichte der juristischen Fakultät in Bützow In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte-Band 9, S. 56
- Matrikel der Universität Bützow Mich. 1760 - Ost. 1789 in:RosDok
- edition humboldt digital
- Kalliope-Verbund
Einzelnachweise
- ↑ Astrid Händel: Die Bibliothek des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg und ihre Kostbarkeiten. In: Beiträge zur Geschichte der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock, Heft 4. 1983, S. 17–32.
- ↑ Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik - Humboldt-Universität: Universitätssammlungen in Deutschland. In: Informationssystem zu Sammlungen und Museen an deutschen Universitäten. 2023 (universitaetssammlungen.de).
Koordinaten: 53° 50′ 49,7″ N, 11° 58′ 35,8″ O