Das Verlegungsarzteinsatzfahrzeug (VEF) ist ein Fahrzeug des Rettungsdienstes, das einen Verlegungsarzt zu einem arztbegleiteten Patiententransport bringt.

Situation in Bayern

Gründe für die Einführung

In Vorbereitung auf die Neufassung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG) hat das Bayerische Staatsministerium des Inneren das Institut für Notfallmedizin (INM) der Ludwig-Maximilians-Universität München beauftragt, einige Fachanalysen zu erstellen. Unter anderem wurden arztbegleitete Patiententransporte genauer untersucht. Ein Vorschlag, der sich aus diesen Analysen ergeben hat, war die Einführung des VEF. Da gerade außerhalb der Großstädte benachbarte Notarztstandorte teilweise sehr weit auseinander liegen, war es bislang nur schwer möglich, diesen für Verlegungsfahrten zu entbehren. Durch das VEF können beispielsweise Kreiskliniken mit niedrigerer Versorgungsstufe nun problemlos Patienten in Schwerpunktkliniken verlegen, ohne eigenes Personal schicken oder auf den Notarzt zurückgreifen zu müssen. Gerade im Hinblick auf die fortschreitende Spezialisierung von Krankenhäusern nimmt die Notwendigkeit solcher Verlegungen weiter zu.

Rechtsgrundlage

Die Rechtsgrundlage für den Verlegungsarztdienst mit VEF wurde mit der Novellierung des BayRDG 2009 erstmals in einem Landesrettungsdienstgesetz geschaffen. Damit verbunden war die Neuordnung des Einsatzkategorien. Zum bestehenden Notfall- und Krankentransport wurde der arztbegleitete Patiententransport (ITH, ITW, VEF) hinzugefügt und erstmals geregelt, Art. 2 Abs. 4, 13, 15, 16 BayRDG.

Aufgaben und Indikationen

Analog zum Notarzteinsatzfahrzeug dient es als Verlegearztzubringer (vgl. Rendezvous-System). Der Verlegearzt führt dann gemeinsam mit einem Rettungswagen arztbegleitete Verlegungsfahrten (meist von Klinik zu Klinik) durch. Die neun VEF werden überregional in die 26 Leitstellenbereiche alarmiert.

Einsatzindikationen sind insbesondere Patienten ohne Beatmungs- und Katecholamintherapie mit

  • der Notwendigkeit einer ärztlichen Überwachung,
  • der potentiellen Notwendigkeit einer ärztlichen therapeutischen Intervention während des Transports oder
  • einer während des Transports notwendigen intravenösen Medikamententherapie (mit höchstens zwei Spritzenpumpen)

Der Einsatz als ITW/ITH-Ersatz kann erfolgen, wenn sich unter Berücksichtigung der Dringlichkeit und Angemessenheit ein medizinisch relevanter Zeitvorteil ergibt. Bei etwa der Hälfte der Verlegungen handelt es sich um solche Intensivpatienten.

Da auf VEF nur Ärzte mit Notarztqualifikation eingesetzt werden dürfen ist ein Einsatz in der Notfallrettung grundsätzlich möglich und nach § 4 Satz 2 AVBayRDG auch geboten, wenn es über Funk einsatzbereit gemeldet und ein deutlicher medizinisch relevanter Zeitvorteil zu erwarten ist. Problematisch ist für Disponenten, dass § 4 Satz 2 AVBayRDG die strafrechtlichen Unterlassenstatbestände nicht beseitigt (dazu Art. 31 GG).

Besatzung

Die Besatzung besteht aus einem Fahrer mit der Mindestqualifikation Rettungssanitäter und einem Notarzt. Im Gegensatz zum Notarztdienst ist der Fahrer zwingend.

Ausrüstung

Verlegungsarzteinsatzfahrzeuge sind in Bayern wie Notarzteinsatzfahrzeuge auszustatten, § 5 Abs. 2 AVBayRDG.

Durchführung

VEF-StandortOrganisationÄrzteGründungFunkrufname
Augsburg (zum 31.12.2019 eingestellt)BRK KV Augsburg-LandUniversitätsklinikum Augsburg1. März 2011Rotkreuz Neusäß 76/1 (a. D.)
BayreuthBRK KV BayreuthKlinikum Bayreuth1. April 2011Rotkreuz Bayreuth 2/76/10
DeggendorfMHD DeggendorfKlinikum Deggendorf3. Mai 2010Johannes Deggendorf 76/1
ErlangenBRK KV Erlangen-HöchstadtNotarztgruppe Erlangen1. Mai 2010Rotkreuz Erlangen 9/76/10
KemptenBRK KV OberallgäuKlinikverbund AllgäuRotkreuz Kempten 76/3
MünchenBRK KV MünchenMünchen Klinik Bogenhausen Abteilung für Anästhesiologie1. Januar 2009Rotkreuz München 76/20
RegensburgBRK KV RegensburgUniversitätsklinikum Regensburg
Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg
10. Januar 2011variiert
SchweinfurtASB RV Würzburg-Schweinfurt
JUH RV Unterfranken
MHD Schweinfurt
Klinikärzte aus Schweinfurt1. Juli 2011Johannes Schweinfurt 76/1
TraunsteinMHD TraunsteinKlinikum Traunstein1. März 2011Johannes Traunstein 76/1
WürzburgBRK KV Würzburg
JUH RV Unterfranken
MHD Würzburg
Universitätsklinikum Würzburg
Notarztgruppe Würzburg
1. September 2010Akkon Würzburg 76/1
Quelle:

Mit der Novellierung des bayerischen Rettungsdienstgesetzes im Jahr 2022 wird zusätzlich die Ressource Verlegungsrettungswagen (V-RTW), Art. 15 Abs. 1 BayRDG, eingeführt und soll damit in Zukunft gemeinsam mit dem VEF für den arztbegleiteten Patiententransport genutzt werden. Allerdings ist noch nicht bekannt, ab wann und wo die neuen Rettungsmittel eingesetzt werden.

Situation im Saarland

Seit Juni 2008 wird im Rettungszweckverband Saar im Rahmen einer Pilotphase ein Sekundär-Notarzt vorgehalten. Er soll die Dienstleistungspalette des auf Intensiv-Verlegungen spezialisierten Intensiv-Transport-Mobils sinnvoll ergänzen.

Durchführung

Vertragspartner des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Saar und mit der Durchführung des Dienstes beauftragt ist die SHG-Klinik in Völklingen. Sie stellt den Arzt. Die Kosten trägt der Zweckverband. Das Fahrzeug ist an der Rettungswache Völklingen stationiert und trägt den Rufnamen Rettung Saar 10/91.

Ausstattung

  • Notfallrucksack
  • EKG/ Defibrillator
  • 4 m-Band Funkgerät
  • Mobiltelefon mit Freisprecheinrichtung
  • Beatmungsgerät
  • Spritzenpumpe
  • Notfallrucksack Kind
  • Absaugpumpe

Bereitschaftszeiten

Der zusätzliche Notarztdienst steht werktags von 16.30 Uhr bis 7.30 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 17.30 Uhr bis 7.30 Uhr zur Verfügung. Durch einen Zweckverbandsbeschluss vom 13. März 2013 wurde die Dienstzeit des Verlegungsarztes auf täglich von 7:30 bis 19:30 Uhr herabgesetzt.

Indikationen

  • Akuter Myokardinfarkt / instabile Angina pectoris: Verlegung zur kardiologischen / kardiochirurgischen Versorgung
  • Schlaganfall / Intracerebrale Blutung: Verlegung zur neurologischen / neurochirurgischen Versorgung
  • Andere Indikationen, bei denen eine Anschlussversorgung aus vitaler Indikation innerhalb von 60 Minuten erforderlich ist

Einzelnachweise

  1. Bayerisches Rettungsdienstgesetz
  2. 1 2 Staufer, Mittelhammer: Der Verlegungsarzt in Bayern. (PDF) Notfall + Rettungsmedizin, 4/2011, S. 291–296. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.springerlink.com. Ehemals im Original; abgerufen am 30. März 2023. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
  3. Indikationskatalog für die Erstdisposition eines Einsatzmittels für einen arztbegleiteten Patiententransport mit RTW+VEF oder ITW/ITH (Art. 2 Abs. 4 Satz 1 BayRDG, § 7 Satz 3 AVBayRDG). Bayerischen Staatsministerium des Innern, 8. Februar 2013.
  4. Metterlein, T., Spall, A., Ressel, M. et al.: Arztbegleiteter Patiententransport – Eine retrospektive Analyse des neuen Verlegungsarztsystems. Notfall Rettungsmed 19, 203–208 (2016). doi:10.1007/s10049-016-0133-1
  5. Art. 43 Abs. 2, Satz 4 und Abs. 5 Satz 1 BayRDG.
  6. Augsburg stellt Verlegungsarzteinsatzfahrzeug vor.
  7. BRK Bayreuth (Memento vom 9. Dezember 2015 im Internet Archive)
  8. RZV Straubing.
  9. Verlegungsarzt-Einsatzfahrzeug für Erlangen.
  10. Verlegungsarzt-Einsatzfahrzeug nimmt Dienst auf.
  11. ILS-TS
  12. Zusätzliches Einsatzfahrzeug für Ärzte - Würzburger Johanniter-Unfallhilfe stellt neues Auto in Dienst (Memento vom 5. September 2010 im Internet Archive)
  13. Rettungsdienstbericht 2022. In: Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration. Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) LMU Klinikum, 2022, abgerufen am 1. April 2023.
  14. Pressemitteilung des Rettungszweckverband Saar (Memento vom 5. Oktober 2010 im Internet Archive)
  15. BOS Fahrzeuge.
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