Vertriebenendenkmale sind Denkmale für die Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches und den deutschen Siedlungsgebieten in Südosteuropa. Von Vertriebenenverbänden, Patenschaftskreisen, Kommunen und Einzelpersönlichkeiten initiiert, stehen die Denkmale nicht nur für Unrecht und Leid, sondern auch für den Dank an die aufnehmenden Gemeinden in Westdeutschland. Zurzeit gibt es in Deutschland über 1.400 Vertriebenendenkmäler.

Beschreibung

Vertriebenendenkmale waren umstritten, bestimmte Kreise sahen in ihnen eine Manifestation des Revisionismus. So waren sie in der DDR, wie das Gedenken an Flucht und Vertreibung überhaupt, weitgehend tabuisiert. Die „Umsiedler“, wie die Flüchtlinge und Vertriebenen regierungsamtlich euphemistisch bezeichnet wurden, verfügten über keine Möglichkeit, an ihr Schicksal öffentlich zu erinnern. Erst nach der Wiedervereinigung 1990 entstanden auch in den neuen Bundesländern vereinzelt Vertriebenendenkmale.

Im Westen entstanden in den 1950er und 1960er Jahren eine Reihe von Vertriebenendenkmalen. Mit dem Beginn der Entspannungspolitik Mitte der 1960er Jahre wurde die Form des Gedenkens an die Vertriebenen und die ehemaligen deutschen Ostgebiete zunehmend Gegenstand von Kontroversen. Deutliches Zeichen hierfür war die Abschaffung des Bundesvertriebenenministeriums 1969, die Mittelkürzungen für die Kulturarbeit der Vertriebenenverbände. Auch kam es insbesondere aus den Reihen den entstehenden Studentenbewegung zu Schändungen und Zerstörungen von Vertriebenendenkmalen. 1967 wurden z. B. aus einem Deutschlandgedenkstein im Göttinger Wald die Ostgebiete herausgemeißelt und an der TH Aachen die in der Aula angebrachten Wappen der deutschen Ostgebiete zerstört. Die Zahl der neu entstandenen Vertriebenendenkmale ging später deutlich zurück. Nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus 1989 wurde die Deutsche Frage durch die Deutsche Wiedervereinigung beantwortet und die Oder-Neiße-Grenze als Deutschlands Ostgrenze festgelegt. Gleichzeitig begann die Diskussion über ein Zentrum gegen Vertreibungen und die Zahl der neuen Vertriebenendenkmale stieg wieder an.

Bedeutende Erinnerungsstätten

Verbreitung

Vertriebenendenkmale gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Österreich, Polen, Rumänien, in der Slowakei, in Serbien, Kroatien, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Namibia, Südafrika, Russland und in den Vereinigten Staaten. In Ungarn wurden drei Vertriebenendenkmale durch die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen errichtet.

Die weitaus größte Zahl der Vertriebenendenkmale befindet sich in Westdeutschland; jedoch bestehen auch in den ehemaligen deutschen Gebieten Initiativen zur Einrichtung von Denkmalen, die an die Vertriebenen erinnern sollen. So beschloss der Stadtrat von Postoloprty (Postelberg) in Tschechien im November 2009, für die Opfer des Massakers ein Denkmal zu errichten, das die Inschrift „Allen unschuldigen Opfern der Ereignisse im Mai und Juni 1945“ tragen soll.

Literatur

  • Stephan Scholz: Vertriebenendenkmäler – Topographie einer deutschen Erinnerungslandschaft. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2015, ISBN 978-3-506-77264-0. GoogleBooks
  • Stephan Scholz: Denkmäler, in: Ders., Maren Röger, Bill Niven (Hrsg.): Die Erinnerung an Flucht und Vertreibung. Ein Handbuch der Medien und Praktiken. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2015, S. 75–88. ISBN 978-3-506-77266-4.
Commons: Vertriebenendenkmale – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Uni Info Uni Oldenburg (Dr. Stephan Scholz)
  2. Dierk Hoffmann, Michael Schwartz: Geglückte Integration?: Spezifika und Vergleichbarkeiten der Vertriebenen. 1999, ISBN 3-486-64503-X, S. 7ff. online
  3. Michael Schwartz: Vertriebene und „Umsiedlerpolitik“. 2004, ISBN 3-486-56845-0, S. 4. (online)
  4. Manfred Kittel: Vertreibung der Vertriebenen?: der historische deutsche Osten in der Erinnerungskultur der Bundesrepublik (1961–1982). 2007, ISBN 3-486-58087-6, S. 111 ff.
  5. Manfred Kittel: Vertreibung der Vertriebenen? 2007, S. 29.
  6. Mahn- und Gedenkstätten außerhalb Deutschlands (BdV)
  7. Vergl. z. B. Jahresbericht der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen 2008, S. 15 (online)
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