Mongolenschlacht bei Liegnitz,
Darstellung aus dem 14. Jahrhundert
Datum | 9. April 1241 |
---|---|
Ort | Wahlstatt bei Liegnitz |
Ausgang | Sieg der Mongolen |
Konfliktparteien | |
---|---|
Seniorat Polen | |
Befehlshaber | |
Orda Khan |
|
Truppenstärke | |
zeitgenössischen Quellen zufolge 100.000 Mann, vermutlich deutlich weniger |
zeitgenössischen Quellen zufolge 40.000 Mann, vermutlich deutlich weniger |
Verluste | |
unbekannt |
alten Chroniken zufolge 30.000 Tote, vermutlich deutlich weniger |
In der Schlacht bei Liegnitz besiegte am 9. April 1241 ein mongolisches Heer eine polnisch-deutsche Streitmacht.
Zur Vermeidung von Verwechslungen mit der Schlacht bei Liegnitz von 1760 wird sie auch als Schlacht bei Wahlstatt bezeichnet, obwohl der Ortsname Wahlstatt erst später als Folge der Schlacht entstand.
Vorgeschichte
Nach dem Fall Kiews 1240 war Batu Khan mit einer Armee der Goldenen Horde, die nur zu einem kleinen Teil aus Mongolen bestand, zu einem Eroberungszug in das Abendland aufgebrochen und in Polen eingefallen. Nach der Zerstörung von Sandomir und Krakau im Winter 1240/41 teilte Batu sein Heer. Eine Heeressäule unter den Prinzen Baidar (einem Sohn Tschagatai Khans) und Orda zog nach Nordwesten, Batu selbst mit dem Hauptheer nach Süden.
Auf dem Weg zum Ufer der Oder lag nun Anfang 1241 nur noch das Herzogtum Schlesien zwischen Westeuropa und der nördlichen Heeressäule der Mongolen. Herzog von Schlesien war damals Heinrich II., genannt „der Fromme“, der zugleich Seniorherzog von Polen war. Er erkannte die drohende Gefahr und stellte eiligst eine Armee zusammen. Herzog Heinrich galt als fromm, mutig und selbstbewusst, war allerdings weitgehend auf sich allein gestellt. Kaiser Friedrich II. war in Italien unabkömmlich, wo er mit dem Papst um die Vorherrschaft rang. Der König von Ungarn stand selbst vor der Invasion der südlichen Heeressäule der Mongolen; dort fand am 11. April die Schlacht bei Muhi statt. Immerhin sagte König Wenzel I. von Böhmen Hilfe zu und begann ebenso ein Heer aufzustellen.
Heinrich sammelte die Reste des polnischen Heeres, die den Mongolen bislang entkommen waren, und rief die schlesische Ritterschaft zu den Fahnen. Er bekam Unterstützung von einigen Ordensrittern der Templer und Deutschritter, vielleicht auch einigen Johannitern. Des Weiteren folgten einige deutsche Kontingente seinem Hilferuf, darunter Herzog Friedrich II. von Österreich. Schwachpunkt war das Fußvolk. Es bestand hauptsächlich aus bewaffneten Stadtbürgern von Liegnitz, Bauern und Bergknappen aus den Minen des nahegelegenen Goldberg. Sie wurden von einigen gepanzerten Söldnern zusammengehalten. Insgesamt umfasste das Heer Heinrichs nach Ansicht des Historikers Jan von Flocken kaum 4000 Mann, Angaben zeitgenössischer Chronisten von 40.000 Mann sind seiner Meinung nach übertrieben; ebenso setzte er auch fast alle anderen überlieferten Zahlenangaben auf ein Zehntel der überlieferten Zahlen herab.
Das mongolische Heer unter Baidar Khan war vor allem an Reitern weit überlegen (Flocken: 10.000 Mann, zeitgenössische Chronisten: 100.000).
Schlachtverlauf
Angesichts seiner zahlenmäßigen Unterlegenheit hätte Heinrich nach Süden ausweichen können, wo König Wenzel von Böhmen mit einem starken Heer anrückte (Flocken: 5.000 Mann, zeitgenössische Chronisten: 50.000 Mann). Dann aber hätte Heinrich riskieren müssen, dass das flinke Reiterheer der Mongolen ihn umgangen hätte. Heinrich entschloss sich, den Kampf aufzunehmen und gleichsam als heiligen Kreuzzug zu führen. Fast alle seine Kämpfer befestigten ein Kreuz an ihrer Kleidung, um dies zu dokumentieren. Das Heer König Wenzels war am Tag der Schlacht noch einen Tagesritt entfernt; immerhin war die berittene Vorhut der Böhmen inzwischen eingetroffen.
Auf der Wahlstatt (polnisch Legnickie Pole, „Liegnitzer Feld“), einer Anhöhe zwischen den Flüssen Katzbach und Weidelache südöstlich von Liegnitz, stießen die beiden Heere am 9. April 1241 aufeinander. Das christliche Heer war in zwei Reihen aufgestellt: Vorne im Zentrum stand das Fußvolk, rechts und links flankiert von den polnischen Reitern und den Ordensrittern. Dahinter stand die schlesische Ritterschaft, verstärkt durch deutsche und böhmische Ritter und berittene Berufskrieger.
Das Heer Heinrichs wurde von den Mongolen weitgehend vernichtet; der Herzog fiel in der Schlacht. Sein Kopf wurde auf einer Lanze als Trophäe vor die Stadttore von Liegnitz getragen. Die Mongolen stießen trotz des Sieges nicht weiter nach Nordwesten vor.
Folgen der Schlacht
Nach einem vergeblichen Versuch, Liegnitz zu erobern, stoppte Baidar Khan den Marsch nach Westen und zog mit seinen Truppen südlich zur Hauptmacht nach Ungarn. Unterwegs wurden mongolische Truppenteile von Gotthart Brandis abgedrängt. Die Mongolen zogen sich entlang der Sudeten nach Mähren zurück. Da nach der Umkehr der Mongolen die abendländische Allianz wieder zerfiel, stand Böhmen nun allein den Mongolen gegenüber. Die Gebirgspässe bei Glatz ließen sich zwar sperren, aber nach der Einnahme von Ratibor und Troppau fielen die Mongolen durch die Mährische Pforte in Mähren ein, nahmen Prerau, Littau, Wischau sowie andere Städte ein und verwüsteten die Hanna-Ebene. Nur zwei mährische Städte – Olmütz und Brünn – sowie das nordostungarische Neustadt am Zeltberg widerstanden und wurden von den Mongolen erfolglos belagert. Olmütz wurde durch 6.000 Mann unter Jaroslaw von Sternberg verteidigt. Die Mongolen rückten drei Tage später von der Stadt ab und schlossen sich in Ungarn wieder Batu Khans Hauptheer an. Trotz ihres Sieges auch über die Ungarn drangen sie nicht weiter nach Westen vor, möglicherweise weil Großkhan Ögedei Khan im Sterben lag (er starb im Dezember 1241) und die Erbfolge unklar war. Vermutlich zogen die mongolischen Anführer ab, um einen neuen Herrscher zu wählen.
Auf dem Schlachtfeld ließen die Mutter und die Frau Heinrichs, die schlesischen Herzoginnen Hedwig von Andechs und Anna von Böhmen, eine Propstei errichten und übergaben sie den Benediktinern des Klosters Opatowitz bei Königgrätz. Heinrichs Leichnam wurde gefunden. Der um die Propstei entstehende Ort wurde nach dem Allgemeinbegriff für ein Schlachtfeld Wahlstatt genannt; seit 1948 heißt er Legnickie Pole („Liegnitzer Feld“). Bis heute findet in der Propstei jedes Jahr am 9. April ein Gottesdienst zur Erinnerung an die Schlacht statt.
„Vettern von Wahlstatt“ nannten sich später sechs schlesische Adelsfamilien, von denen jeweils nur ein männliches Familienmitglied die Schlacht überlebt haben soll: die Familien Rothkirch, Strachwitz, Nostitz, Seydlitz, Prittwitz und Zedlitz. Einem Mythos zufolge verlor die Familie Rothkirch alle männlichen Familienangehörigen in der Schlacht. Einzig ein erst nach der Schlacht geborener männlicher Nachkomme blieb übrig. Für diesen übernahm der Bund der überlebenden Kämpfer die Vormundschaft. Die heute lebenden Mitglieder dieser sechs Familien veranstalten regelmäßig Treffen im Gedenken an den Tag der Schlacht.
Der preußische Generalfeldmarschall Gebhard Leberecht von Blücher wurde 1814 nach seinem Einmarsch in Paris zum Fürsten von Wahlstatt ernannt.
In Wahlstatt gibt es seit 1961 das Museum zur Schlacht bei Liegnitz.
Literatur
- Gustav Strakosch-Grassmann: Der Einfall der Mongolen in Mitteleuropa in den Jahren 1241 und 1242. Innsbruck 1893.
- Denis Sinor: Inner Asia and its contacts with medieval Europe. Variorum Reprint, London 1977.
- Hansgerd Göckenjan: Der Mongolensturm. Berichte von Augenzeugen und Zeitgenossen 1235–1250. Styria, Graz 1985.
- Marianne Tölle (Red.): Der Mongolensturm. 1200–1300 n. Chr. Aus dem Englischen übertragen von Ursula Maria Mössner. Time-Life-Bücher, Amsterdam 1989.
- Ulrich Schmilewski (Hrsg.): Wahlstatt 1241. Beiträge zur Mongolenschlacht bei Liegnitz und zu ihren Nachwirkungen. Weber, Lorch (Württemberg) 1991.
- James Chambers: The devil’s horsemen. The Mongol invasion of Europe. Phoenix, London 2003; Castle Books, Edison (N.J.) 2003.
- Wassili Jan: Dschingis Khan, Batu Khan, Zum letzten Meer. Roman-Trilogie, Kiepenheuer, Weimar 1965.
Weblinks
- Muzeum Bitwy Legnickiej (polnisch)
Anmerkungen
- 1 2 3 4 Jan von Flocken: Mongolensturm – Die Schlacht bei Liegnitz. In: welt.de. 8. Juli 2007, abgerufen am 6. Oktober 2022.