Die Volkshochschulen in Österreich, über die Landesverbände im Verband Österreichischer Volkshochschulen als Dachverband zusammengefasst, sind gemeinnützige Bildungseinrichtungen die aus der bürgerlich-liberalen und spätaufklärerisch-sozialreformerischen linken Volksbildungsbewegung des 19. Jahrhunderts stammen.
Der Begriff Volkshochschule wurde von Nikolai Frederik Severin Grundtvig geprägt, der 1844 im dänischen Südjütland die erste Institution dieser Art begründete.
Geschichte
1887 begründete Eduard Leisching den Volksbildungsverein in Margareten (heute VHS polycollege – Margareten). Ab 1895 gab es „Volkstümliche Universitätsvorträge“ an der Universität Wien, 1897 wurde nach Berliner Vorbild die Wiener Urania ins Leben gerufen, die einen besonderen Schwerpunkt in der volkstümlichen Vermittlung der Naturwissenschaften und insbesondere der Astronomie setzte. Seit 1910 befindet sie sich am heutigen Standort, mit eigener Sternwarte.
Am 24. Februar 1901 konstituierte sich im Ballsaale Ronacher der Verein „Volksheim“ mit dem Ziel der Errichtung einer Volkshochschule in Wien. Namens der Proponenten führte Docent Dr. Ludo Hartmann durch die Versammlung, an deren der formalen Vereinsbildung folgenden Ende der Vorstand ermächtigt wurde, ein geeignetes Local als „Volksheim“ zu miethen und einzurichten.
Das 1901 gegründete Volksheim Ottakring betrieb gleichfalls Volksbildung, politisch eher links orientiert (im Vergleich zur bürgerlichen Urania). Der Terminus Volkshochschule war damals allerdings in der Donaumonarchie noch verboten.
Am 5. November 1905 übersiedelte die vereinsmäßig konstituierte „Volkshochschule Wien Volksheim“ aus ihrem provisorischen Kellerlokal am Urban-Loritz-Platz 1 in ihr Gebäude am Ludo-Hartmann-Platz 7 in Ottakring. Dieses erste spendenfinanzierte Volkshochschulgebäude in Österreich wurde von den Architekten von Franz Ritter v. Neumann jr., Ludwig Faigl und Ottokar Sterin errichtet.
Das finanzielle Engagement in der Volksbildung war damals in hohem Umfang Sache wohlmeinender Mäzene – Bankiers und Industrielle, darunter die Familie Rothschild bestritten einen Großteil der Baukosten. Initiator war der Historiker Ludo Moritz Hartmann. Dem Volksheim Ottakring folgte das 1909 bis 1911 erbaute Haus des Wiener Volksbildungsverein in der Stöbergasse, Vorläufer der heutigen VHS polycollege Margareten.
Nach 1918 wurden zahlreiche weitere Volksbildungsvereine gegründet, auch in den Bundesländern, vielfach auf Initiative der Gewerkschaften. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine weitere Gründungswelle. Die Volkshochschule Tirol wurde etwa bereits im Herbst 1945 als überparteilicher Verein „Volkshochschule Innsbruck“ (seit 1982 „Volkshochschule Tirol“) gegründet. Zweck des Vereines war es, Volksbildung im Sinne des österreichisch-demokratischen Staatsgedankens zu bieten. Auch die Volkshochschule Salzburg (1947) stammt aus dieser Aufbruchsperiode. Sie wurde von Stadt und Land Salzburg, der Handelskammer, der Arbeiterkammer, dem Gewerkschaftsbund und der Kulturvereinigung Salzburg ins Leben gerufen.
Die Organisation der Volkshochschulen nach 1945 unterlag verschiedenen Wandlungen. Es kam in Wien beispielsweise zur Gründung von Bezirksvolkshochschulen auf Vereinsbasis, mit dem 1949 gegründeten Verband Wiener Volksbildung als Dachverband. Ein Jahr später, 1950 erfolgte die Gründung des Verbands Österreichischer Volkshochschulen (VÖV) als Dachverband mit Wolfgang Speiser als erstem Generalsekretär.
Nach einer großen Strukturreform 2008 wurden die VHS-Vereine in Wien – unter der Geschäftsführung von Wolfgang Bandhauer sowie seinem Nachfolger Mario Rieder – in Die Wiener Volkshochschulen GmbH (VHS Wien), einer gemeinnützigen GmbH im Besitz des Verbandes Wiener Volksbildung und der Stadt Wien, zusammengeführt und reorganisiert. In Wien arbeiten als Teil der VHS noch etliche spezialisierte Einrichtungen, wie etwa das Planetarium Wien oder die umweltberatung Wien.
Präsidenten des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen
- bis 1957 Josef Lehrl (1894–1957)
- 1958–1976 Richard Kerschagl (1896–1976)
Generalsekretäre des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen
- 1950–1974 Wolfgang Speiser
- 1974–1983 Karl Arnold
- 1984–2012 Wilhelm Filla
- 2012–2022 Gerhard Bisovsky
- seit 2022 John Evers
Kritik
Die Rechercheplattform Addendum untersuchte das Bildungsangebot der VHS und stellte fest, dass Teile des Angebots dem von den VHS erhobenen Anspruch der Wissenschaftlichkeit widerspreche. Besonders wird kritisiert, dass ein Teil dieser Kurse esoterische und alternativmedizinische Pseudowissenschaften betreffe, für die sogar Heilsversprechen in der Kursbeschreibung abgegeben werden. Manche der Kurse (etwa Workshops für Kinder, bei denen einige der dabei verwendeten ätherischen Öle Allergien auslösen können) können für einzelne Personengruppe sogar gefährlich sein.
Am Wiener VHS-Landesverband wird kritisiert, dass die Kosten im Vergleich zu den anderen Landesverbänden exorbitant hoch seien. So betrug die Basisförderung 2018 in Wien EUR 21,9 Mio., beim zweitgrößten Fördernehmer Landesverband Oberösterreich lediglich EUR 536.000. Aufgrund der großen Nähe der Entscheidungsträger des Wiener Landesverbands zur SPÖ (18 der 24 Führungs- und Vorstandspositionen werden der SPÖ zugerechnet) werden Interessenkollisionen befürchtet.
Auch die wirtschaftliche Gebarung des Wiener Landesverbands gibt zur Verwunderung Anlass: Die Personalkosten betrugen im Jahr 2018 EUR 38 Mio., eine Steigerung von 46 % seit 2012. Im selben Zeitraum ist auch die Zahl der VHS-Beschäftigten um ca. 60 % gestiegen. Gleichzeitig sind die Besucherzahlen der VHS-Kurse (mit etwa 130.000 Teilnahmen) in diesem Zeitraum aber in etwa konstant geblieben. Seit 2008 weist die VHS Wien ein konstant negatives Ergebnis auf.
Volkshochschulen in Österreich
Aktuell gibt es in Österreich 272 Volkshochschulen.
Laut Statistik wurden im Arbeitsjahr 2011/12 46.847 Kurse mit 493.781 Teilnahmen gezählt. An österreichischen Volkshochschulen wurden 919.133 Unterrichtseinheiten angeboten. Der Frauenanteil an den Kursteilnehmern betrug 74,8 %.
Somit nimmt die Volkshochschule eine wichtige Position in der österreichischen Erwachsenenbildung wahr. Das Jahr mit den meisten Kursteilnahmen seit 1950 war das Arbeitsjahr 1999/2000 (= 504.150 Teilnahmen).
Burgenland
Kärnten
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Niederösterreich
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Oberösterreich
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Salzburg
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Steiermark
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Tirol
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Vorarlberg
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WienDie Wiener Volkshochschulen GmbH (VHS Wien) mit
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Spezialisierte Einrichtungen der VHS Wien:
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Literatur
- Ludo Moritz Hartmann: Ueber Volkshochschulen, vorgetragen am 23. März 1901. Wien 1901.
- Marie Eugenie Delle Grazie: Volksheim. Verlag des Vereines „Volksheim“, Wien 1906.
- Bericht des Vereines Volksheim in Wien über seine Tätigkeit. W. Kohlhammer, Stuttgart 1909.
- Ludo Moritz Hartmann: Das Volkshochschulwesen (seine Praxis und Entwicklung nach Erfahrungen im Wiener Volksbildungswesen). Flugschrift zur Ausdruckskultur, Band 66, Callwey, München [u. a.] 1910.
- Volks-Hochschule. Zeitschrift für höhere Volksbildung. Deutsche Vereinsdruckerei, Graz 1917.
- Mittheilungen der Volkshochschule Wien, Volksheim. Sulm, Wien 1928.
- 1905–1955. Ein halbes Jahrhundert Volksheim. Eine Festschrift zum 5. November 1955 (50 Jahre Volksheim im eigenen Haus. 1905–1955). Verein Volkshochschule Wien Volksheim, Wien 1955.
- Wilhelm Bründl: Eigenart und Entwicklung der Wiener Volkshochschulen. 2. Auflage. (= Schriften zur Volksbildung. Band 1). Bundesministerium für Unterricht, Wien 1962.
- Festschrift anläßlich der feierlichen Eröffnung des renovierten Gebäudes der Volkshochschule Brigittenau am 19. September 1964 durch den Bürgermeister der Stadt Wien, Franz Jonas. Selbstverlag, Wien 1964.
- Auftrag, Wesen und Stellung der Volkshochschule in Österreich. [Neufassung 1966], Die Österreichische Volkshochschule, Nr. 61, Verband Österreichischer Volkshochschulen, Wien 1966.
- Hans Fellinger: Zur Entwicklungsgeschichte der Wiener Volksbildung. In: Zur Wiener Volksbildung. Verlag Jugend & Volk, Wien/ München 1969.
- Wilhelm Filla: Bildung für alle. Festschrift 35 Jahre Verband Österreichischer Volkshochschulen. (= Schriftenreihe des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen. Band 5). Grasl, Baden 1985, ISBN 3-85098-167-3.
- Kurt Aufderklamm (Hrsg.): Einheit in der Vielfalt. Situation und Perspektiven der Volkshochschulen. Grasl, Wien/ Baden 1987, ISBN 3-85098-178-9.
- Wilhelm Filla: Volkshochschularbeit in Österreich – Zweite Republik. Eine Spurensuche. Leykam, Graz 1991, ISBN 3-7011-7242-0.
- Wilhelm Filla (Hrsg.): Erwachsenenbildung von 1848 bis 1900. Österreichischer Studienverlag, Innsbruck/ Wien 1998, ISBN 3-7065-1268-8.
Einzelnachweise
- ↑ Eine Volkshochschule in Wien. Neue Freie Presse, Abendblatt, 25. Februar 1901, S. 2, unten rechts anno.onb.ac.at
- ↑ Volkshochschulen – Lebenslanges Lernen? In: addendum.org. Abgerufen am 14. Juni 2019.
- ↑ Das rote Netzwerk der Wiener Volksbildung. 12. Juni 2019, abgerufen am 14. Juni 2019.
- ↑ Volkshochschulen Leistungsbericht 2013 (für die AJ 2011/12) adulteducation.at
- ↑ Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
- ↑ Online auf ANNO
- ↑ Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek
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- ↑ Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek
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- ↑ Permalink Österreichischer Bibliothekenverbund
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