Ein Vorspanntriebfahrzeug bzw. eine Vorspannlokomotive ist ein zusätzliches bedientes Triebfahrzeug an der Spitze eines Zuges.

Definition

Von Vorspanntriebfahrzeug, Vorspann oder Vorspanndienst spricht man im Eisenbahnbetrieb, wenn mindestens zwei arbeitende Triebfahrzeuge mit Lokomotivführern besetzt an der Spitze eines Zuges laufen und keine Vielfachsteuerung vorhanden ist oder verwendet wird. Es kann auch eine Maschine vor eine Doppel- oder Mehrfachtraktion gestellt werden.

Einsatz

Vorspann wird angewendet, wenn unterschiedliche Baureihen ohne oder ohne kompatible Vielfachsteuerung zum Einsatz kommen. Mangels Vielfachsteuerung wird bei Dampflokomotiven in der Regel zu Vorspannlokomotiven gegriffen, wenn die Zugkraft einer Lokomotive nicht mehr ausreicht. Als zugführend gilt das vorderste Triebfahrzeug, dessen Lokführer die Strecke beobachtet, Pfeifsignale abgibt und die Zugbremse bedient. Früher wurde häufig Vorspanndienst geleistet. Besonders an Streckenabschnitten mit Steigungen wurden Vorspannlokomotiven vorgehalten. Vorspann vermeidet wie echte Mehrfachtraktion im Gegensatz zum Nachschieben Zerrungen und Stauchungen im Zug, allerdings setzt insbesondere im westeuropäischen Netz die Belastbarkeit der Kupplungen Grenzen.

Gründe für die Verwendung eines Vorspanntriebfahrzeuges sind:

  • Erhöhung der Zugkraft
  • Vermeidung von Leerfahrten von Triebfahrzeugen. In einigen Fällen darf die zusätzliche Lokomotive nur so viel Zugkraft entwickeln, dass sie sich selbst befördert. Ist die Mitgabe einer zu überführenden Maschine als Vorspannlok nicht möglich oder sinnvoll, dann kann sie auch als Schlusslokomotive am Zugschluss eingestellt werden.
  • Erhöhung der im Zug vorhandenen Bremskraft (Bremshundertstel).
  • Schutzlokomotive vor Steuerwagen bei Lawinengefahr. Auf der Gotthard-Bergstrecke war es üblich, dann auch vor leichte Fahrzeuge an der Zugspitze eine Vorspannlokomotive zu spannen, um eine Entgleisung bei Schneerutschen auf die Gleise zu verhindern. Die Vierstrom-TEE-Triebzüge verkehrten jeweils mit Vorspann. Im schneereichen Winter 1999 erhielten die Cisalpino-Pendolini eine Ae 6/6 oder eine Re 4/4 II als Schutzlokomotive.

Verfahren

Vorspann kann planmäßig oder unplanmäßig erfolgen. Unplanmäßiger Vorspann ist dann notwendig, wenn ein Zug schwerer als gewöhnlich ist, sodass die Zuglokomotive alleine nicht in der Lage ist, ihn planmäßig zu befördern oder wenn wegen besonderer Betriebslagen eine Lokomotive dazu nicht ausreicht. Planmäßiger Vorspann wird durchgeführt, wenn der Zug regelmäßig so schwer ist, dass eine Lokomotive nicht in der Lage ist, ihn planmäßig zu befördern.

Wurde ein Zug gemeinsam von einer Dampf- und einer Elektrolokomotive befördert, war die Elektrolokomotive zwingend als Vorspannlokomotive einzureihen. Ansonsten wäre die Sicht des Führers der Zuglokomotive durch Rauch und Dampf behindert gewesen.

Siehe auch

Literatur

Anmerkungen

  1. So war es möglich, dass ein Lokomotivführer während der Fahrt eine Vorspannlokomotive anforderte. Für die Preußische Staatseisenbahnen wird das Verfahren folgendermaßen beschrieben: Der Lokführer warf auf einer durchfahrenen, besetzten Betriebsstelle ein 5 × 10 cm großes, entsprechend beschriftetes Holztäfelchen dem örtlichen Personal zu, das den Wunsch dem fahrenden Zug voraustelegrafierte. So konnte auf dem nächsten Bahnhof, der eine Lokomotive zur Verfügung hatte, der Zug angehalten und die Lok vorgespannt werden (Bekanntmachung Nr. 447, S. 376. In: Eisenbahndirektion Mainz (Hg.): Sammlung der herausgegebenen Amtsblätter 7 (1903). Mainz 1904. Amtsblatt vom 1. August 1903. Nr. 40).

Einzelnachweise

  1. Schweizerische Fahrdienstvorschriften (FDV) A2020. Bundesamt für Verkehr (BAV), 1. Juli 2020 (PDF; 9 MB). R 300.5, Abschnitt 1.3.4 Vorspanndienst
  2. Schneechaos in den Alpen. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 4. Minirex, 1999, ISSN 1022-7113, S. 125–135.
  3. Hans Schneeberger: Die elektrischen und Dieseltriebfahrzeuge der SBB. Band I: Baujahre 1904–1955. Minirex, 1995, ISBN 3-907014-07-3, S. 74.
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