Walter Krauspe (* 30. Juli 1895 in Meißen; † 29. Januar 1968 in Göttingen) war ein deutscher Architekt und Baubeamter in Göttingen. Er gilt als Göttingens bedeutendster Architekt der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg.

Ausbildung und Wirken

Walter Krauspe war Sohn des Bankvorstands Karl Ferdinand Krauspe und seiner Frau Frieda Adele, geb. Kupfer. Nach einem Architekturstudium in Dresden war er Schüler des 1916–1920 dort als Stadtbaurat wirkenden Hans Poelzig. Eine Studienreise nach Holland mit Berührung der dem Funktionalismus verpflichteten Architektur der De-Stijl-Gruppe bestimmte Krauspes Bauen mit einer Reduktion auf Grundformen und funktionelle Raumgestaltung. 1922 kam Krauspe auf Betreiben des Göttinger Stadtbaurats Otto Frey nach Göttingen, wo er zunächst als Architekt im Stadtbauamt wirkte. 1927 wurde er Leiter des städtischen Hochbauamtes und 1929 Stadtbaumeister. Verschiedentlich ist Walter Krauspe fälschlich als Stadtbaurat-Nachfolger von Otto Frey bezeichnet worden. Krauspe war über 35 Jahre lang mit der Dienstbezeichnung städtischer Baurat für die Stadt Göttingen tätig, wofür ihm 1957 eine Ehrenurkunde verliehen wurde.

1932 unternahm Krauspe eine Studienreise in die USA, wo er die Bauten von Frank Lloyd Wright kennenlernte, die ihn beeinflussten. Er war Mitglied des Deutschen Werkbundes (DWB).

1942 organisierte Krauspe den Einsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen für den Bau eines Staubeckens im Ebertal.

Privates

Krauspe heiratete 1948 die Fotografenmeisterin Gunhild Ellen Triebel (1914–1999); das Paar hatte keine Kinder.

Walter Krauspe war neben seinem Architektenberuf künstlerisch aktiv: Auf Reisen durch Frankreich, Italien, Jugoslawien, Holland und Dänemark fertigte er zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen, die 1999 aus dem Nachlass der Witwe in das Städtische Museum Göttingen gelangten. Krauspe besaß auch eine Sammlung chinesischer Keramik.

Neubauten in Göttingen (Auswahl)

Das architektonische Werk von Walter Krauspe ist nicht erforscht und die folgende Zusammenstellung vorläufig:

  • 1926–1927: Schützenhaus (Hildebrandstraße 12)
  • 1926–1927: Freibad Brauweg (Brauweg 60)
  • 1926–1928: Kaiser Wilhelm II.-Oberrealschule, seit 1956 Felix-Klein-Gymnasium (Böttingerstraße 17)
  • 1929–1931: Dreigeschossige Flachdach-Siedlungsbauten (Geismar Landstraße 88–98)
  • 1938–1941: Egelsberg-Schule (Bebelstraße 25)

Literatur

(chronologisch)

  • Alf Lierse: Werkspur eines Unbekannten. Der Beitrag Walter Krauspes zur „Neuen Sachlichkeit“ in Göttingen. In: Göttinger Tageblatt, 2./3. März 1968.
  • Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 785–788. (Digitalisat auf books.google.de, abgerufen am 16. April 2023)
  • Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5 (Digitalisat auf univerlag.uni-goettingen.de, abgerufen am 16. April 2023), S. 143 f., 148 f., 368 f.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5, S. 143.
  2. 1 2 Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 785.
  3. Stadtarchiv Göttingen, Signatur C 3 UZ II Nr. 6. In: arcinsys.niedersachsen.de. Niedersächsisches landesarchiv Hannover, abgerufen am 16. April 2023 (Ehrenurkunde für den Städtischen Baurat Walter Krauspe, 30.09.1957).
  4. Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, Signatur: V.V.P. 104 Acc. 2014/118 Nr. 37. In: arcinsys.niedersachsen.de. Niedersächsisches Landesarchiv Hannover, abgerufen am 16. April 2023 (Mitglieder Buchstaben G - L des Deutschen Werkbundes (DWB), 1907-1934).
  5. NS-Zwangsarbeit: Städtisches Bauamt. In: zwangsarbeit-in-goettingen.de. Stadtarchiv Göttingen, abgerufen am 16. April 2023.
  6. 1999. In: wiki-goettingen.de. Abgerufen am 16. April 2023 (Eintrag zum Datum: 17. September 1999).
  7. Schale. Junyao. Yuan-Zeit oder später. In: lempertz.com. Lempertz Auktionshaus, abgerufen am 16. April 2023 (Auktion 1146 vom 6./7. Dezember 2019, Lot 398 mit Provenienzhinweis: Sammlung Baurat Walter Krauspe (1895–1968), Göttingen, 1932 bis 1935, Privatsammlung, Köln).
  8. Vgl. weitere Bauten bei Thomas Appel: Göttinger Künstlerlexikon. Maler – Grafiker – Bildhauer – Architekten. Vom 14. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Universitätsverlag Göttingen, Göttingen 2022, ISBN 978-3-86395-504-5, S. 368 f.
  9. Bettina Kratz-Ritter: »Manchmal ein wenig schmutzig«? Zur (Mentalitäts-)Geschichte des Flussbadens in Göttingen. In: Göttinger Jahrbuch, Bd. 62, 2014, S. 167–187 (Digitalisat auf docplayer.org, abgerufen am 16. April 2023), hier S. 182 f.
  10. Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 787 f.
  11. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 5,1: Landkreis Göttingen: Stadt Göttingen. Bearbeitet von Ilse Rüttgerodt-Riechmann. Braunschweig / Wiesbaden, Friedr. Vieweg & Sohn 1982, ISBN 3-528-06203-7, S. 101. (Digitalisat auf digi.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 16. April 2023) - Dort mit Nennung von Otto Frey als Architekt.
  12. Klaus Wettig: Ein moderner Schulbau in der Weimarer Republik. Walter Krauspe, ein Architekt der Moderne, hat das Felix-Klein-Gymnasium in Göttingen gebaut. In: Göttinger Tageblatt, 15. November 2018, S. 19.
  13. Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 785 f.
  14. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 5,1: Landkreis Göttingen: Stadt Göttingen. Bearbeitet von Ilse Rüttgerodt-Riechmann. Braunschweig / Wiesbaden, Friedr. Vieweg & Sohn 1982, ISBN 3-528-06203-7, S. 84. (Digitalisat auf digi.ub.uni-heidelberg.de, abgerufen am 16. April 2023)
  15. Wohnhauszeile Geismar Landstraße 88-98. In: denkmalatlas.niedersachsen.de. Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, abgerufen am 16. April 2023.
  16. Maren Christine Härtel: Göttingen im Aufbruch zur Moderne. Architektur und Stadtentwicklung (1866–1989). In: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Bd. 3: Von der preußischen Mittelstadt zur südniedersächsischen Großstadt 1866–1989. Hrsg. Rudolf von Thadden, Günter J. Trittel, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999, ISBN 3-525-36198-X, S. 761–817, hier S. 788.
  17. Literaturnachweis bei Waldemar R. Röhrbein: Die Göttinger Satzung über Baugestaltung und das Problem des Denkmalschutzes. Interpretation und Quellen. In: Göttinger Jahrbuch, Bd. 20, 1972, S. 183–223, hier S. 222.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.