Film
Deutscher Titel Waltz with Bashir
Originaltitel ואלס עם באשיר
Transkription Vals im Bashir
Produktionsland Israel, Frankreich, Deutschland
Originalsprache Hebräisch
Erscheinungsjahr 2008
Länge 87 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Ari Folman
Drehbuch Ari Folman
Produktion Ari Folman,
Serge Lalou,
Gerhard Meixner,
Yael Nahlieli,
Roman Paul
Musik Max Richter
Schnitt Nili Feller
Synchronisation

Waltz with Bashir ist ein dokumentarischer Trickfilm mit Elementen eines Thrillers aus der Perspektive des Regisseurs Ari Folman, der 1982 als israelischer Soldat während des ersten Libanonkrieges im Libanon stationiert war. Er basiert auf realen Interviews und Ereignissen. Der Film war 2009 in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film für einen Oscar nominiert. In dieser Kategorie gewann er den Golden Globe Award und den César. Außerdem war er für die Goldene Palme nominiert.

Der Filmtitel spielt auf den mit Israel verbündeten christlich-maronitischen Milizenführer Bachir Gemayel an, dessen Ermordung mit dem Massaker von Sabra und Schatila gerächt werden sollte. In einer Schlüsselszene des Films führt ein israelischer Soldat, mit einer automatischen Schusswaffe (einer MAG) um sich schießend, auf einer Beiruter Straßenkreuzung einen bizarren Tanz auf, während von den benachbarten Hochhäusern aus auf ihn geschossen wird; im Hintergrund ist auf einem riesigen Plakat das idealisierte Gesicht Gemayels zu sehen.

Handlung

Die Haupthandlung des Films besteht darin, dass Ari Folman eine Reihe von Gesprächen mit Israelis seiner Generation führt (Ori Sivan, Ronny Dayag, Carmi Cna’an, Shmuel Frenkel und Dror Harazi), die ebenso wie er 1982 als Soldaten im Libanon eingesetzt waren und die ihm nun, 26 Jahre später, helfen sollen, seine fehlenden oder verdrängten Erinnerungen wiederzufinden. Folmans Bekannter Boaz Rein-Buskila hat einen Albtraum mit einer großen Meute von 26 zähnefletschenden Hunden, der ihn immer wieder heimsucht. Folmans einzige Erinnerung ist offensichtlich keine: eine Gruppe junger Männer, die bei Sonnenaufgang nach einem Bad im Meer in Zeitlupe den Strand von Beirut erreicht und sich ankleidet – eine Sequenz, die bei seinen Gesprächspartnern Ratlosigkeit auslöst. Diese können im Gegensatz zu Folman mit realistischen Kriegserinnerungen weiterhelfen, die allerdings untermischt sind mit ebenfalls traumhaft-surrealen Elementen. Der Kunstgriff des Trickfilms ermöglicht es, die Interviewten, die meist ihre Beiträge selbst sprechen, entsprechend dem von ihnen eingeschlagenen Lebensweg in verschiedenen Szenerien zu zeigen, und außerdem ihr 26 Jahre jüngeres, aber wiedererkennbares Selbst in Uniform, das in albtraumhaften Kriegslandschaften teils realistische, teils phantastische Dinge erlebt. Der Soundtrack trägt dazu bei, an eine Jugend um 1982 zu erinnern (Johnny Rotten, This is Not A Love Song, sowie – für den Film hergestellte – hebräische Popsongs mit Titeln wie: Guten Morgen Libanon oder Heute habe ich Beirut bombardiert). Das Gespräch mit Kriegsreporter Ron Ben-Yishai ermöglicht neben der Perspektive der einfachen Soldaten eine zusätzliche, eher politische Einordnung der Rolle des israelischen Militärs bei dem Massaker von Sabra und Schatila. Der Zuschauer kann nur mutmaßen, dass Folmans Truppe die Viertel, in denen die Massaker stattfanden, nachts mit Hilfe von Leuchtgranaten ausgeleuchtet hat und er somit indirekt am Massaker beteiligt war und sich schuldig fühlt. Der Film endet mit einem gleitenden Übergang von Zeichentrickszenen der verzweifelt weinenden Überlebenden zu Original-Filmaufnahmen, wobei dokumentarische Bilder der Ermordeten des Massakers von Sabra und Schatila gezeigt werden.

Produktion

Auf der Grundlage der Recherchen wurde zunächst ein vollständiges Drehbuch geschrieben. Dieses Drehbuch wurde in einem Studio auf Video verfilmt. Dies waren Interviews mit den Figuren des Films und Dramatisierungen der Geschichten, die sie in den Interviews erzählten. Dies diente später den Animatoren als Vorlage für ihre Arbeit. Innerhalb von acht Monaten wurde der Film geschnitten. Nach Testvorführungen und Abnahme des fertigen Videofilms wurde anhand der Videoversion ein detailliertes und präzises Storyboard erstellt. Aus den Zeichnungen des Storyboards wurde dann ein Videoboard erstellt – in der Fachsprache Animatic genannt. Nach Abnahme der Animatic entstanden daraus dann einzelne Illustrationen, die von führenden israelischen und ausländischen Illustratoren gezeichnet wurden. Die fertigen Illustrationen wurden schließlich animiert.

Kritiken

Folmans semi-autobiografischer Film, von dem er selbst als „Dokumentarfilm im Zeichentrickgewand“ spricht, feierte seine Weltpremiere am 15. Mai 2008 auf den 61. Filmfestspielen von Cannes. Dort erhielt Waltz with Bashir großes Lob seitens der Kritiker. Für Hanns-Georg Rodek (Die Welt) war „seine Trickversion vom Krieg […] rotgetränkt, desorientierend, unpathetisch“. Dramaturgische Schwächen in einer „sonst neuartige[n] Form der Kriegs-Doku, die sowohl visuell fasziniert, als auch emotional aufrüttelt“ sah Andreas Borcholte (Der Spiegel). Diedrich Diederichsen (Die Zeit) bewertete den Film wegen seiner Aufarbeitung von „(Kriegs)Spuren im Medium der Seele“ als ein Werk, dem man „vor allem eines wünscht: Junge Zuschauer“. Birte Lüdeking (Critic.de) zieht das Fazit, dass „die individuelle Erinnerung fehlbar sein mag“, aber „Folmans Film dennoch der aufwühlende Appell an ein kollektives Gedächtnis“ ist.

Synchronisation

Es existieren zwei deutschsprachige Versionen des Films. Die 2008 aufgenommene erste Vertonung fand in den Studios der Berliner Synchron statt. Heinz Freitag schrieb das Dialogbuch und führte die Dialogregie.

2010 wurde, vermutlich, um den dokumentarischen Stil des Films beizubehalten, ein Voice Over über die Originalstimmen gelegt. Die Firma text ton titel übernahm das Erstellen dieser Fassung. Ingrid Hessedenz war für Dialogbuch und -regie verantwortlich.

Rolle Originalsprecher Deutscher Sprecher (2008) Deutscher Sprecher (2010)
Ari Folman Ari Folman Christian Brückner Martin Umbach
Boaz Rein-Buskila Mickey Leon Charles Rettinghaus Philipp Moog
Carmi Cna’an Yehezkel Lazarov Ilja Richter Walter von Hauff
Dror Harazi Dror Harazi Lutz Schnell Ekkehardt Belle
Ori Sivan Ori Sivan Wolfgang Condrus Claus Brockmeyer
Prof. Zahava Solomon Zahava Solomon Arianne Borbach Sabine Kastius
Ron Ben-Yishai Ron Ben-Yishai Helmut Gauß Reinhard Glemnitz
Ronny Dayag Ronny Dayag Uwe Büschken Christian Baumann
Shmuel Frenkel Shmuel Frenkel Oliver Stritzel Crock Krumbiegel

Auszeichnungen

2008 konkurrierte Folmans Film bei den 61. Filmfestspielen von Cannes um die Goldene Palme, blieb aber unprämiert. Noch im selben Jahr wurde Waltz with Bashir als bester Film mit dem israelischen Filmpreis Ophir Award ausgezeichnet, wodurch er offizieller israelischer Beitrag für eine Nominierung zum besten fremdsprachigen Film bei der Oscarverleihung 2009 wurde und von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences als einer von fünf Filmen eine Nominierung erhielt. Bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises 2008 war Waltz with Bashir in vier Kategorien nominiert, aber nur der britische Komponist Max Richter wurde mit dem Preis ausgezeichnet. Bei der Golden-Globe-Verleihung 2009 wurde Folmans Regiearbeit als Bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet. Im Januar 2009 erhielt der Film von der History Makers Conference 2009 in New York den Preis als Beste Produktion, Wochen später den französischen César als bester ausländischer Film. Das Werk gewann zudem den Norwegischen Friedensfilmpreis beim Tromsø Internasjonale Filmfestival 2009 und wurde auf dem Internationalen Filmfestival Warschau 2008 vom Publikum zum beliebtesten Spielfilm gewählt. Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) verlieh dem Film das „Prädikat besonders wertvoll“.

Dokumentation

Literatur

  • Ari Folman, David Polonsky: Waltz with Bashir. Atrium, Zürich 2009, 128 S., ISBN 978-3-85535-136-7. (Buchbesprechung: Spiegel online)
  • Florian Schwebel: Von Fritz the Cat zu Waltz with Bashir. Der Animationsfilm für Erwachsene und seine Verwandten. Schüren, Marburg 2009, ISBN 978-3-89472-691-1, 208 S., viele Abb.
  • Hannes Fricke: „Sind die Bilder echt?“. Die ‚animierte Dokumentation‘ Waltz with Bashir. In: Trauma & Gewalt, 5. Jahrgang Heft 4, 2011, Themenheft Kriegstraumatisierungen aus interdisziplinärer Sicht 1, S. 310–329
  • Hans J. Wulff: Der Schock des Realen: Einige Bemerkungen zur ästhetischen und politischen Wirkungsdramaturgie von Ari Folmans WALTZ WITH BASHIR (2008). In: tà katoptrizómena – Magazin für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik, Heft 61, 2009.

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Waltz with Bashir. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, Oktober 2008 (PDF; Prüf­nummer: 114 610-a K).
  2. Alterskennzeichnung für Waltz with Bashir. Jugendmedien­kommission.
  3. Waltz with Bashir: Stab razor-film.de; abgerufen am 27. August 2013.
  4. indiewire.com
  5. A. O. Scott: Inside a Veteran’s Nightmare. In: The New York Times. 25. Dezember 2008, abgerufen am 8. Februar 2019 (englisch).
  6. Hanns-Georg Rodek: Cannes schockt mit Trickfilm aus Israel. Welt online, 16. Mai 2008
  7. Andreas Borcholte: Untote in Uniformen. In: Spiegel Online, 16. Mai 2008.
  8. Diedrich Diederichsen: Kampf im Kopf. In: Die Zeit, Nr. 46/2008, 6. November 2008.
  9. Birte Lüdeking: Waltz with Bashir – Kritik. In: critic.de, 28. Oktober 2008.
  10. Waltz with Bashir. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 26. Februar 2018.
  11. Annemarie Moody: 67 Countries Vying for 2008 Foreign Language Film Oscar®. In: awn.com. 17. Oktober 2008, abgerufen am 22. August 2021 (englisch).
  12. The 81st Academy Awards | 2009. Abgerufen am 17. März 2021 (englisch).
  13. The Awards. In: nopfa.org. Norwegian Peace Film Award, abgerufen am 17. März 2021 (englisch).
  14. Waltz With Bashir. Abgerufen am 29. September 2020.
  15. Hannah Petersohn: Giftgrünes Gruselkabinett. In: Spiegel Online, 5. Mai 2009
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