Willi Bösl (* 6. Juli 1920 in Hirschau; † 9. August 2014) war ein deutscher Kommunalpolitiker der CSU.
Leben
Bösl wurde am 6. Juli 1920 als erstes von sechs Kindern des Schuhmachermeisters Georg Bösl und seiner Frau Margarete in Hirschau geboren. Bischof Eduard Bösl war sein Bruder. Nach der Schule erlernte er im elterlichen Betrieb das Schuhmacherhandwerk und erwarb den Gesellenbrief. Als Ältester sollte er einmal den elterlichen Hof übernehmen. Im Zweiten Weltkrieg war er als Wehrmachtsgefreiter am 26. Juni 1942 mit der 6. Armee auf dem Marsch nach Stalingrad, als er bei Charkiw so schwer verwundet wurde, dass ihm der linke Arm abgenommen werden musste. Nach seiner Genesung besuchte er die Lehrerbildungsanstalt in Bayreuth und wurde nach bestandener Prüfung in Hirschau eingesetzt, entschied sich jedoch bald für eine andere Laufbahn. Er absolvierte die Verwaltungsschule in Tutzing, kam ans Landratsamt Amberg und leitete dort das Sozialhilfeamt.
Bösl heiratete am 13. Januar 1947 Betty Bösl, aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor. Tochter Elisabeth wurde 1948 geboren, Tochter Theresia (1954–2022) war verheiratet mit Werner Schulz.
Mit Beschluss des Hirschauer Stadtrats vom 29. Juni 1995 wurde auf Antrag des damaligen Bürgermeisters Helmut Rösch die 430 m lange Haupterschließungsstraße im Siedlungsgebiet Heidenau nach Bösl benannt. Die Straße trägt den Namen „Bürgermeister-Bösl-Straße“.
Politisches Wirken
Bösls kommunalpolitischer Weg begann 1956 mit der Wahl in den Stadtrat. Bei den Kommunalwahlen 1952 hatte die CSU lediglich zwei der 16 Mandate im Hirschauer Stadtrat errungen. Bei den Kommunalwahlen 1956 zog Bösl zusammen mit dem seit 1955 amtierenden CSU-Ortsvorsitzenden Paul Freimuth sowie Georg Dobmeier, Karl Knorr und Anton Zimmermann in den Stadtrat ein. Bösl wurde zum Vorsitzenden der fünfköpfigen Fraktion gewählt.
Bürgermeister der Stadt Hirschau
Nachdem der bisherige Bürgermeister Georg Lederer aus gesundheitlichen Gründen während der Amtsperiode zurückgetreten war, wurde am 23. Oktober 1958 ein neuer 1. Bürgermeister gewählt. Trotz anfänglich schwerer Bedenken, ob er wegen seiner Kriegsverletzung der Aufgabe gewachsen sei, kandidierte Bösl auf Drängen des CSU-Ortsvorsitzenden Paul Freimuth für das Amt des Bürgermeisters gegen den Kandidaten der SPD Eugen Biller. Es wurde ein knapper Wahlausgang erwartet. Noch am Vortag der Wahl war in der Amberger Zeitung zu lesen: „Die Wahl wird mit großer Spannung verfolgt, zumal es keinen Favoriten gibt. Wenn ein Kandidat 300 Stimmen mehr als der andere bekommt, wäre das eine Sensation.“ Überraschend deutlich gewann Bösl die Wahl, auf ihn entfielen 1.518 Stimmen (59,51 %), Eugen Biller erhielt 1.037 Stimmen (40,59 %). Bei den Kommunalwahlen im Jahr 1960 steigerte Bösl sein Ergebnis. Auf ihn entfielen 1.934 Stimmen (77,36 %). Gegenkandidat Biller kam auf 566 Stimmen (22,64 %). Bei den Kommunalwahlen in den Jahren 1966, 1972 und 1978 wurde er jeweils in seinem Amt bestätigt.
In Bösls Amtszeit fiel die Gebietsreform in Bayern. Durch die Eingemeindung der Gemeinde Ehenfeld am 1. Januar 1971, die Eingemeindung eines Großteils der Gemeinde Mimbach und der Ortschaft Krickelsdorf (vorher Gemeinde Großschönbrunn) am 1. Januar 1972, die Eingemeindung eines Großteils der Gemeinde Weiher am 1. April 1972 und der Eingemeindung der Gemeinde Massenricht am 1. Januar 1978 wuchs die Einwohnerzahl Hirschaus von etwa 4.500 auf rund 6.000.
In seine Amtszeit als Bürgermeister in Hirschau fiel
- der Ausbau der Wasserversorgung samt Hochbehälter, Aufbereitungsanlage und zweier Tiefbrunnen
- Neubau des Feuerwehrhauses
- Neubau der Rettungswache des Bayerischen Roten Kreuzes
- Neubau der Friedhofshalle
- Bau des Antonius-Kindergartens
- Generalsanierung des Wolfgang-Kindergartens
- Ausbau der Freizeitanlage am Monte Kaolino
- Neubau des Josefshauses
Für den Erhalt des Krankenhauses in Hirschau prozessierte er gegen den Freistaat.
Nach seinem altersbedingten Abschied vom Bürgermeisteramt im Jahr 1984 war er von 1984 bis 1990 eine weitere Periode lang Stadtrat in Hirschau.
Wirken über die Stadt Hirschau hinaus
Dem Kreistag gehörte Bösl von 1960 bis 1984 an. Als Kreistags-Neuling übernahm er 1960 den Vorsitz der CSU-Fraktion. 21 Jahre lang trug er als erster Stellvertreter des Landrats im Altlandkreis Amberg (1963 bis 1972) bzw. im Landkreis Amberg-Sulzbach (1972 bis 1984) Verantwortung, zudem viele Jahre als stellvertretender Vorsitzender des Regionalen Planungsverbandes (1972 bis 1984) sowie als Mitglied und stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates der Kreissparkasse.
Wirken außerhalb der Politik
Förderkreis Altenhilfe
Am 3. November 1984 lud Werner Schulz zur Gründung des Förderkreises Altenhilfe. Als Gründungsvorsitzender stand Bösl dem Förderkreis bis 2005 vor. Ziel dieser Vereinigung war die Schaffung eines Alten- und Pflegeheimes in Hirschau. Bei der Einweihung des 20 Pflegeplätze umfassenden an das Krankenhaus angebauten Heimes im Jahr 1991 konnte man eine 450 000 DM-Spende an den damaligen Bürgermeister Helmut Rösch übergeben. 300.000 DM davon stammten vom stellv. Förderkreisvorsitzenden Klaus Conrad, die anderen 150.000 DM aus Aktionserlösen bzw. Mitgliedsbeiträgen. Unter Bösls Vorsitz konnte der Förderkreis insgesamt 400.000 EUR für die Seniorenarbeit in Hirschau spenden. Am Tag der Wahl seines Nachfolgers wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Imkerei
Ein Hobby, das er von Kindheit an pflegte, war die Imkerei. Zeitweise betreute er selbst bis zu 80 Bienenvölker. Die Imker in Hirschau wie im Landkreis, denen er 35 bzw. 20 Jahre als Orts- bzw. Kreisvorsitzender gedient hatte, ernannten ihn zum Ehrenvorsitzenden. In seiner Funktion als Kreisvorsitzender setzte er sich auch erfolgreich für den Bau des Bienenhofs in Aschach ein.
Auszeichnungen
- 1968 Kommunalen Verdienstmedaille
- 1978 Bundesverdienstkreuz am Bande
- 1978 Goldene Bürgermedaille der Stadt Hirschau
- 1984 Großer Ehrenring des Landkreises Amberg-Sulzbach
- 1984 Ehrenbürger der Stadt Hirschau
- 1985 Altbürgermeister der Stadt Hirschau
- 1995 Bürgermeister-Bösl-Straße im Siedlungsgebiet Heidenau in Hirschau
Literatur
- Werner Schulz: Bürgermeister Willi Bösl: Hirschau in Musterstadt verwandelt. In: Oberpfalz Medien (Hrsg.): POTTPOURRI. Juni/Juli 2022, S. 2–3.
Einzelnachweise
- 1 2 3 4 5 6 7 8 "Hirschau zu einem kleinen Musterstädtchen gemacht". Altbürgermeister Willi Bösl stirbt wenige Wochen nach seinem 94. Geburtstag. In: Der neue Tag - Oberpfälzischer Kurier. 10. August 2014, abgerufen am 16. Dezember 2015.
- 1 2 3 4 5 6 7 8 Werner Schulz: Bürgermeister Willi Bösl: Hirschau in Musterstadt verwandelt. In: Oberpfalz Medien (Hrsg.): POTTPOURRI. Juni/Juli 2022, S. 2–3.
- ↑ Werner Schulz: Nach zähem Ringen: Massenricht kommt zu Hirschau. In: Oberpfalz Medien (Hrsg.): POTTPOURRI. April/Mai 2023, S. 6–7.
- 1 2 3 Willi Bösl hat Hirschau immens geprägt. Wenige Wochen nach seinem 94. Geburtstag verstarb der Hirschauer Altbürgermeister. Auch die Entwicklung des Landkreises hat Willi Bösl mitgestaltet. In: mittelbayerische.de. 11. August 2014, abgerufen am 16. Dezember 2015.
- ↑ Förderkreis Altenhilfe bleibt Anwalt und Sprachrohr der Senioren. Abgerufen am 14. Juni 2022.
- ↑ Neuwahlen beim Förderkreis Altenhilfe - Willi Bösl Ehrenvorsitzender - Schulz neuer Vorsitzender: Unermüdlicher Einsatz für Senioren. 4. November 2005, abgerufen am 14. Juni 2022.
- ↑ Willi Bösl hat Hirschau immens geprägt. 11. August 2014, abgerufen am 14. Juni 2022.
- ↑ Werner Schulz: Eine herausragende Hirschauer Persönlichkeit – Willi Bösl. Abgerufen am 14. Juni 2022.