Wappen Deutschlandkarte

Koordinaten: 54° 21′ N, 12° 24′ O

Basisdaten
Bundesland:Mecklenburg-Vorpommern
Landkreis: Vorpommern-Rügen
Amt: Darß/Fischland
Höhe: 2 m ü. NHN
Fläche: 6,88 km2
Einwohner: 1071 (31. Dez. 2022)
Bevölkerungsdichte: 156 Einwohner je km2
Postleitzahl: 18347
Vorwahl: 038220
Kfz-Kennzeichen: VR, GMN, NVP, RDG, RÜG
Gemeindeschlüssel: 13 0 73 103
Adresse der Amtsverwaltung: Chausseestr. 68A
18375 Born a. Darß
Website: www.ostseebad-wustrow.de
Bürgermeister: Daniel Schimmelpfennig (CDU)
Lage der Gemeinde Wustrow im Landkreis Vorpommern-Rügen

Das Ostseebad Wustrow ist eine aus einem ehemaligen Fischer- und Seefahrerdorf hervorgegangene Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern an der Ostsee, im Landesteil Mecklenburg. Heute ist Wustrow vor allem durch den Tourismus geprägt.

Wustrow liegt auf dem Fischland zwischen Ostsee und Saaler Bodden. Unmittelbar südlich des Ortes beim Permin liegt die mit nur 100 m Breite schmalste Stelle der Halbinsel.

Geografie und Verkehr

Wustrow liegt auf der Halbinsel Fischland an der beginnenden Verengung zwischen der Ostsee und dem Saaler Bodden. Als ehemalige Insel wurde das Fischland durch die bis ins 14. Jahrhundert schiffbaren Mündungsarme der Recknitz begrenzt: im Süden den Permin, im Norden den Loop.

Etwa 15 Kilometer südöstlich der Gemeinde befinden sich die Stadt Ribnitz-Damgarten und die B 105, etwa 40 Kilometer südwestlich liegt Rostock. Die A 19 ist über die Anschlussstelle Rostock-Ost (ca. 35 Kilometer) zu erreichen.

Wustrow ist an den Ostseeküsten-Radweg angeschlossen, welcher als eine der europäischen EuroVelo-Routen um die ganze Ostsee führt.

Geschichte

Name

Der Name Wustrow leitet sich aus dem Slawischen ab und bedeutet „Umflossener Ort“ bzw. „Ort auf der Insel“.

Altertum und Mittelalter

Auf dem Gebiet des heutigen Fischlandes siedelte sich nach der Völkerwanderung der slawische Stamm der Wilzen an. Das Fischland war damals eine Insel, auf der auf einem künstlichen Hügel an der Stelle der heutigen Kirche ein slawisches Heiligtum errichtet wurde (siehe auch Svantovit). Der Ort hieß deshalb auch früher Swante Wustrow (heilige Insel).

Wustrow wurde erstmals 1235 in einer Schenkungsurkunde Papst Gregors IX. an das Zisterzienserkloster Dünamünde in Livland erwähnt. 1395 wurde der Permin südlich Wustrows im Auftrag von Hansestädten zugeschüttet, um dem Konkurrenten Ribnitz den Zugang zur Ostsee zu erschweren. Seitdem liegt Wustrow nicht mehr auf einer Insel. 1528 kam das Fischland und somit auch Wustrow in den Besitz des Ribnitzer Nonnenklosters, wechselte dann später in den so genannten Dominalbesitz, wurde also Eigentum des mecklenburgischen Herzogs.

1800 bis 1900

Die in Wustrow ansässigen Landwirte waren keine freien Bauern, sondern hatten ihre Hufen als Erblehen erhalten. Erst 1870 wurden sie Erbpächter und schließlich 1919 Eigentümer der Ländereien. Stark geprägt wurde der Ort durch Fischerei und Seeschifffahrt. Der Fischreichtum der Region, insbesondere die Bestände an Hering, wurde zu einer wichtigen Einnahmequelle. Selbst nach Sachsen wurde Räucherhering vom Fischland exportiert. Zur Blütezeit der Segelschifffahrt in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatten etwa 240 Schiffe in Wustrow ihren Heimathafen. Die Schifffahrt forderte im Laufe der Zeit das Leben von circa 500 Bewohnern des Fischlandes, die von der See nicht zurückkamen. Die sich entwickelnde Motorschifffahrt beendete in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Segelschifffahrt als wichtigen Wirtschaftszweig in Wustrow und Umgebung.

1846 wurde in Wustrow die Großherzogliche Mecklenburgische Navigationsschule gegründet. Sie wurde später in Seefahrtsschule umbenannt und 1969 zur Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde-Wustrow ausgebaut, der ersten Hochschule für zivile Schiffsoffiziere und Kapitäne im deutschsprachigen Raum. 1991 wurde die Hochschule geschlossen und die Gebäude in der Folgezeit teilweise abgerissen.

1869 zerstörte ein Großfeuer in Wustrow 43 Büdnerhäuser und fünf Bauernhöfe. Der Deutsch-Französische Krieg 1870/71 brachte der Handelsschifffahrt erhebliche Störungen ein. 1872 gab es an den Küsten Mecklenburgs und Vorpommerns ein schweres Sturmhochwasser. Viele Häuser in Wustrow wurden zerstört und große Teile der Dünen weggeschwemmt. Über den Durchbruch der Ostsee zum Bodden musste eine Notbrücke geschlagen werden. Als Reaktion auf diese Naturkatastrophe wurde ein neuer Deich errichtet.

1873 weihte der mecklenburgische Großherzog die anstelle der 1869 abgerissenen baufälligen Feldsteinkirche neu errichtete Backsteinkirche ein. Von 32.711 Talern Baukosten hatte er 30.671 selbst übernommen. Außerdem waren bis 1873 fast alle Schäden des großen Brandes beseitigt. Dies brachte größere und massivere Häuser mit sich und prägte so ebenfalls das neue Bild des Dorfes. Einige Bauernhöfe wurden nach außerhalb verlegt.

1880 wurde ein gemeinnütziger Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs gegründet. Dieser spielte in der Folgezeit eine zunehmend wichtige Rolle im örtlichen Wirtschaftsleben.

Neuere Zeit

1926 erhielt Wustrow die Bezeichnung Ostseebad.

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Wustrow und der Darß von den einmarschierenden sowjetischen Truppen befreit. Nach Kriegsende wurde Wustrow Teil der sowjetischen Besatzungszone und gehörte ab 1949 zur DDR.

1846 wurde in Wustrow die Seefahrtschule gegründet und 1948 mit der in Warnemünde gegründeten Ingenieurschule für Schiffstechnik zusammen gelegt. 1969 entstand daraus die Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow.

Vom 6. bis 14. Juli 1985 wurde das Jubiläum 750 Jahre Wustrow mit einer Festwoche begangen.

Seit 1990 wurden Hotels und zahlreiche Ferienhäuser errichtet. Der Ortskern wurde im Rahmen der Städtebauförderung seit 1991 gründlich saniert. 1993 wurde eine Seebrücke gebaut. 2000 beherbergte Wustrow rund 36.000 Gäste. Auf dem Gelände der (seit 1991 geschlossenen) Seefahrtschule am Ortsrand wurde 2020 ein Komplex von Ferien- und Eigentumswohnungen unter Integration ehemaliger Schulgebäude fertiggestellt.

Die Region Fischland-Darß-Zingst mit dem dazugehörigen Ort Wustrow war Drehort der 2018–2022 veröffentlichten TV-Serie Ella Schön mit Annette Frier und Julia Richter in den Hauptrollen.

Politik

Kreiszugehörigkeit

Von 1933 bis 1952 war Wustrow Teil des Landkreises Rostock, dann des Kreises Ribnitz-Damgarten. Von 1994 bis 2011 gehörte die Gemeinde zum Landkreis Nordvorpommern, seit der Kreisgebietsreform 2011 zum Landkreis Vorpommern-Rügen.

Wappen

Das von Andreas Dietzel aus Ribnitz-Damgarten gestaltete Wappen wurde am 20. August 1997 durch das Innenministerium genehmigt und unter der Nr. 134 der Wappenrolle von Mecklenburg-Vorpommern registriert.

Blasonierung: „In Blau eine silberne Brigg, begleitet oben rechts von einer strahlenden goldenen Sonne.“

Sehenswürdigkeiten

Siehe auch Liste der Baudenkmale in Wustrow (Fischland)

  • Die von 1870 bis 1873 errichtete Kirche erlaubt von ihrem Turm einen Rundumblick über das Fischland, den Saaler Bodden und die Ostsee. Der 18 Meter hohe Kirchturm war früher auch als Seezeichen von Bedeutung. Der freie Umgang um den Turm sollte den Seefahrtsschülern die Möglichkeit bieten, hier das Navigieren zu üben. Im Sommer finden in der Kirche regelmäßig Orgelkonzerte an der neuen großen Orgel statt.
  • Das Fischlandhaus ist ein ehemaliges Kapitänshaus, in dem heute Lesungen, Konzerte, Kabarett und ganzjährig wechselnde Ausstellungen zu ortsgeschichtlichen Themen oder von Werken von Künstlern der Region stattfinden. Das Gebäude entstand um 1800 als Büdnerei mit dem für den Bodden typischen reetgedeckten Krüppelwalmdach. Der denkmalgeschützte Bau wurde 2010 zur 775-Jahr-Feier Wustrows saniert.
  • Die Schifferwiege in der Neuen Straße ist das älteste Haus der Gemeinde. Ihr Name leitet sich von einer Hebamme ab, die hier gewohnt haben soll und Kinder auf die Welt gebracht hat, die später als Kapitäne oder Steuerleute zur See fuhren. Andere Quellen geben an, dass der Name auf einen gleichnamigen Roman von Carl von Bremen von 1935 zurückzuführen ist.
  • Das ehemalige denkmalgeschützte Kaiserliche Postamt von 1895 wurde 2001 nach der Einstellung des Postbetriebes saniert und ist seit 2003 Sitz der Touristeninformation als Haus des Gastes.
  • Neben der Bäderstraße auf der Ostseeseite bildet am Deich die Skulpturengruppe Das Tor zum Jahr 2000 von Künstlern der Region ein neues Wahrzeichen. 2008 wurde von der Gemeinde ein Kulturpfad Folgen Sie den blauen Steinen eingerichtet. Mit diesem Zeichen wurden sehenswerte Orte markiert, an denen Persönlichkeiten aus dem maritimen Leben, Kunst oder Kultur lebten und arbeiteten, die die Gemeinde prägten.
  • Im denkmalgeschützten Ortsteil Barnstorf auf einer kleinen Halbinsel direkt am Saaler Bodden, befinden sich einige Bauernhöfe mit den typischen niederdeutschen Hallenhäusern, die aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammen. In einer der Scheunen, der Kunstscheune Barnstorf von Gabi und Peter Eymael, finden Ausstellungen von Arbeiten vorwiegend norddeutscher Künstler statt. Darunter befinden sich malerische Kunst, Plastiken, Skulpturen, Schmuck und Keramik.
  • Wustrow hat neben einem langen Ostseestrand einen Hafen am Saaler Bodden. Bekannt ist er vor allem für die Zeesenboote, ehemalige Fischerboote, markant durch die braune Farbe ihrer Segel.
  • Auf dem nordwestlich gelegenen Friedhof befinden sich die Gräber von Kapitänen und Künstlern u. a. von Hedwig Woermann.
  • Die Wustrower Windkraftanlage von 1989 mit einer Rotorhöhe von 25 Metern ist ein technisches Denkmal.

Rettungsstation der DGzRS

Seit 1990 betreibt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) wieder die Rettungsstation von Wustrow mit dem alten Rettungsschuppen von 1905. Er liegt an der Strandstraße, an deren Ende sich eine Seebrücke befindet. Im Schuppen lagert ein Seenotrettungsboot auf einem Anhänger und kann mit einem Zugfahrzeug an die Ostsee oder den Bodden zum Einsatz gefahren werden.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Gemeinde

Mit Wustrow verbunden

in der Reihenfolge des Geburtsjahres

  • Nicolaus Permien (1792–1860), Gründer der Privaten Navigationsschule Wustrow von 1824/1825
  • Ernst Friedrich Schütz (1821–1880), von 1846 bis 1880 erste Direktor der Großherzoglichen Mecklenburgischen Navigationsschule
  • Christian Johann Friedrich Peters (1822–1889), von 1840 bis 1884 Elementarlehrer an der Navigationsschule, Autor der ersten historisch zusammenhängenden Darstellung des Fischlandes
  • Ulrich Lettow (1865–1934), Fischlandarzt und Bodendenkmalpfleger mit einer Sammlung steinzeitlicher Funde der Region
  • Johann Jaenichen (1873–1945), Bildhauer, von 1919 bis 1945 in Wustrow
  • Dora Menzler (1874–1951), Gymnastiklehrerin, unterrichtete von 1920 bis 1931 in Wustrow
  • Ludwig Mât (1878–1924) Lehrer in Wustrow, sammelte steinzeitliche Funde auf dem Fischland, insbesondere am Hohen Ufer Althagen/Niehagen, Bericht dazu von 1908 ff.
  • Hedwig Jaenichen-Woermann (1879–1960), Malerin und Bildhauerin, lebte und arbeitete ab 1919 im Storchenhaus
  • Erich Theodor Holtz (1885–1956), Maler, lebte und arbeitete in Wustrow
  • Walter Homburg (1885–1977), Navigationslehrer und Autor, unterrichtete von 1911 bis 1945 an der Navigationsschule, Standardwerk Nautische Navigation
  • Walter Steinfatt (1900–1988), Navigationslehrer, unterrichtete von 1931 bis 1945 an verschiedenen Seefahrtschulen
  • Heinrich Hauser (1901–1955), Schriftsteller, Dokumentarfilmer und Fotograf, lebte und arbeitete von 1925 bis 1938 in Wustrow. Sein Roman „Brackwasser“, der mit dem Gerhart-Hauptmann-Preis ausgezeichnet wurde, spielt in der Gemeinde.
  • Hedwig Holtz-Sommer (1901–1970), Malerin
  • Walter Kramer (1902–1990), Goldschmied, Begründer des Fischlandschmucks
  • Gerhard Rose (1906–1978), Seefahrtschullehrer von 1949 bis 1969 und Autor
  • Gerhard Vetter (1918–1971), von 1956 bis 1967 Aktfotograf in Wustrow
  • Claus Stier (1936–2016), Pastor und Autor
  • Joachim Gauck (* 1940), Pastor und Bundespräsident, als Kind in Wustrow
Commons: Wustrow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Statistisches Amt M-V – Bevölkerungsstand der Kreise, Ämter und Gemeinden 2022 (XLS-Datei) (Amtliche Einwohnerzahlen in Fortschreibung des Zensus 2011) (Hilfe dazu).
  2. Gemeinde Ostseebad Wustrow auf der Website des Amtes Darß-Fischland, abgerufen am 12. Oktober 2017
  3. Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern e.V.: Ostseeküsten-Radweg. In: Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. (auf-nach-mv.de [abgerufen am 12. Mai 2017]).
  4. translator2: EuroVelo 10 – EuroVelo. Abgerufen am 12. Mai 2017.
  5. Paul Kühnel: Die slawischen Ortsnamen in Meklenburg. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. - Bd. 46 (1881), S. 162
  6. Bekanntmachung vom 19. April 1926 (RBl. S. 168)
  7. Eckard Moeck (Hrsg.) mit Klaus Wangemann u. a. Mitautoren: Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow. Rektor der IH für Seefahrt Warnemünde/Wustrow (Hrsg.), 1. Aufl. Rostock 1979, Abschnitt Aus- und Weiterbildung, Seite 9 - DNB 945171315.
  8. Eintrag Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow – Nautical Engineering College. In: Ulrich Scharnow (Hrsg.), Lothar Uhlig, Max Oesau u. a.: transpress Lexikon Seefahrt. (3. Aufl. 1981), Seite 232 – DNB 203375165.
  9. Fischlandhaus Wustrow
  10. Maja Kunze: Fischland Darß Zingst 3. Auflage. Tanja Onken via reise verlag, Berlin, 2011, ISBN 978-3-935029-41-4, Seite 44
  11. Kurverwaltung Ostseebad Wustrow (Hrsg.): kulturpfad – Ostseebad Wustrow. Klatschmohn Verlag Druck+Werbung GmbH & Co. KG, Bentwisch 2008
  12. Entlang der blauen Steine Webseite des Ostseebades Wustrow, abgerufen am 18. Juli 2012.
  13. https://www.kulturwerte-mv.de/
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