Stepanakert Ստեփանակերտ Xankəndi | ||
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Staat | Aserbaidschan | |
Koordinaten | 39° 49′ N, 46° 45′ O | |
Höhe | 813 m | |
Fläche | 25,66 km² | |
Einwohner | 55.200 (2015) | |
Bevölkerungsdichte | 2.151,2 Einw./km² | |
Zeitzone | UTC+4 | |
Vorwahl | +374 47 (9) | |
Website | http://www.stepanakert.am/ | |
Stepanakert (armenisch Ստեփանակերտ, russisch Степанакерт) oder aserbaidschanisch Xankəndi ist die Hauptstadt der Republik Arzach, eines völkerrechtlich Aserbaidschan zugehörigen De-facto-Staates im Kleinen Kaukasus. Die Stadt im Tal des Karkar (Qarqarçay) hatte 2015 etwa 55.000 Einwohner.
Name
Im Mittelalter hieß die Stadt nach armenischen Quellen Wararakn (armenisch Վարարակն ‚Schnell fließender Strom‘), woran noch der Name einer kleinen Kirche erinnert. 1847 wurde sie in Xankəndi (andere Umschriften Xankändi, Khankendi, Chankendi, Chankändi oder Hankendi) umbenannt. Die aserbaidschanische Bezeichnung Xankəndi setzt sich aus alttürkischen Wortbestandteilen zusammen. In der aserbaidschanischen/türkischen Sprache bedeutet xan „Khan“ und kənd bedeutet „Dorf“. Der Begriff lässt sich somit als „Dorf des Khans“ deuten und ist im Zusammenhang mit dem Khanat Karabach zu sehen. Mit der planmäßigen Gründung als Gebietshauptstadt 1923 in sowjetischer Zeit erhielt der Ort nach Stepan Schahumjan den Namen Stepanakert.
Geschichte
Das Gebiet der Stadt teilt die wechselhafte Geschichte der Region Bergkarabach, die lange Teil armenischer Staaten war, oft unter Fremdherrschaft diverser Reiche und seit dem Mittelalter zunehmend auch von muslimischen Aserbaidschanern bevölkert wurde. So war die Siedlung auch Teil des in diesem Gebiet bestehenden Khanat Karabach mit Hauptstadt im nahen Schuschi, ehe sie mit diesem im 19. Jahrhundert Teil des Russischen Reiches wurde. In diesem war es ab 1868 Teil des Ujesd Schuschi, bis das Reich in der Oktoberrevolution 1917 und dem darauffolgenden Bürgerkrieg unterging.
Nach der weitgehenden Zerstörung von Schuschi, bis dahin größte Stadt Bergkarabachs, in Folge des Schuscha-Pogroms durch türkische und aserbaidschanische Truppen im März 1920 wurde von der bald darauf folgenden Sowjetmacht entschieden, an der Stelle des vorherigen Dorfes Xankəndi eine neue Stadt als Hauptstadt der innerhalb der Aserbaidschanischen SSR neu zu errichtenden Autonomen Oblast Bergkarabach zu gründen. Diese erhielt 1923 den Namen Stepanakert nach dem armenischen Kommunisten Stepan Schahumjan, der 1918 im russischen Bürgerkrieg von Sozialrevolutionären in Krasnowodsk hingerichtet worden war. Der Ort wuchs vor allem durch die Zuwanderung von Armeniern aus den umliegenden Dörfern schnell und erhielt 1940 die Stadtrechte.
Im Zuge des ab 1988 eskalierenden Bergkarabachkonflikts proklamierte der Nationalrat von Bergkarabach im September 1991 die Unabhängigkeit der Republik Bergkarabach mit Stepanakert als Hauptstadt. Am 26. November entzog Aserbaidschan Bergkarabach den Autonomiestatus und begann mit dem Raketenbeschuss Stepanakerts. Durch die Einnahme von Schuschi am 9. Mai 1992 wurde der aserbaidschanische Beschuss der Stadt beendet. Der mittlerweile in Republik Arzach umbenannte Staat konnte sich im bis 1994 anhaltenden Krieg zwar behaupten, erlangte aber außerhalb von einigen US-Bundesstaaten in der UN mehrheitlich keine völkerrechtliche Anerkennung und wird von Aserbaidschan weiterhin als eigenes Territorium beansprucht. Für die Gebietshauptstadt wird von der aserbaidschanischen Seite statt Stepanakert der Name Xankəndi verwendet.
Einrichtungen
Die Nationalversammlung, die Sitze des Präsidenten und der Regierung der Republik Arzach befinden sich in Stepanakert.
Stepanakert ist heute Sitz mehrerer Universitäten, darunter der Staatlichen Universität Arzach.
Der bis 2011 sanierte Flughafen Stepanakert, auf dem jedoch kein Flugverkehr stattfindet, befindet sich acht Kilometer nordöstlich der Stadt nahe Iwanjan.
Bevölkerungsentwicklung
Während der Zeit des russischen Reiches war der Ort der einzige mit fast ausschließlich russischer Bevölkerung im Kreis. Nachdem die aserbaidschanische Minderheit im Krieg Anfang der 1990er Jahre floh, lebten in der Stadt fast ausschließlich Armenier.
Jahr | Armenier | Azeris/Tataren | Russen | Gesamt | |||
---|---|---|---|---|---|---|---|
1886 | 2 | 0,7 % | 1 | 0,4 % | 276 | 98,9 % | 279 |
1921 | 981 | 71,1 % | 398 | 28,9 % | 0 | 0 % | 1.379 |
1926 | 2.724 | 85,4 % | 343 | 10,8 % | 59 | 1,9 % | 3.189 |
1939 | 9.079 | 86,8 % | 672 | 6,4 % | 563 | 5,4 % | 10.459 |
1959 | 17.640 | 89,5 % | 1.143 | 5,8 % | 698 | 3,5 % | 19.703 |
1970 | 26.684 | 88,1 % | 2.762 | 9,1 % | 607 | 2,0 % | 30.293 |
1979 | 33.898 | 87,0 % | 4.303 | 11,0 % | 549 | 1,4 % | 38.948 |
1992: Vertreibung der aserbaidschanischen Bevölkerung | |||||||
2005 | ~100% | 49.848 | |||||
2009 | ~100% | 52.900 | |||||
2015 | ~100% | 55.200 |
Kirchen
Obwohl ein Großteil der Einwohner Stepanakerts auch zu Sowjetzeiten der Armenischen Apostolischen Kirche angehörte, gab es bis 2007 keine Kirche, denn die Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Georgskirche (Surp Kevork) wurde unter Josef Stalin in den 1930er Jahren abgerissen, um dem Stepanakerter Theaterbau Platz zu machen.
Am nördlichen Rand der Stadt nahe dem Soldatenfriedhof gibt es auf einem Stück Privatland eine kleine mittelalterliche Kirche mit dem Namen Vararakn (armenisch Վարարակն, deutsch „schnell fließender Strom“), die seit langer Zeit nicht mehr genutzt wird. Sie trägt denselben Namen wie das alte armenische Dorf, an dessen Stelle die sowjetische Stadt Stepanakert gegründet wurde.
Am 9. Mai 2007, dem 15. Jahrestag der Einnahme Schuschis, wurde die Jakobskirche (Surp Hakob) eröffnet. Der Bau wurde vom Mäzen Nerses Yepremian aus Los Angeles ermöglicht.
Mit dem Bau der Mariä-Schutz-und-Fürbitte-Kathedrale wurde am 19. Juli 2006 begonnen. Finanziert wurde der anfangs auf 2 Millionen US-Dollar projektierte Bau von seinem Architekten, Gagik Yeranosyan. Die Kathedrale wurde im Jahr 2019 geweiht und eröffnet.
Verkehr
Der Bahnhof der Stadt lag an der Bahnstrecke Yevlax–Stepanakert, die abschnittweise von Yevlax kommend hierhin eröffnet wurde und die Stadt 1978 erreichte. Der Abschnitt zwischen Ağdam und Stepanakert wurde 1990 der russischen Armee unterstellt und mit dem Beginn kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Armenien und Aserbaidschan der Verkehr hier im März 1992 eingestellt. Seitdem ist die Stadt wieder ohne Eisenbahnanschluss.
Söhne und Töchter der Stadt
- Zori Balajan (* 1935), Schriftsteller, Journalist und Sportarzt
- Don Askarian (1949–2018), Filmproduzent, Regisseur und Drehbuchautor
- Sersch Sargsjan (* 1954), ehemaliger Präsident Armeniens (2008–2018)
- Robert Kotscharjan (* 1954), der erste Präsident der Republik Bergkarabach, 1998 bis 2008 Präsident Armeniens
- Bako Sahakjan (* 1960), armenischer Politiker in der international nicht anerkannten Republik Arzach
- Karen Karapetjan (* 1963), ehemaliger Ministerpräsident Armeniens (2016–2018)
- Massis Majiljan (* 1967), armenischer Politiker
- Andre (* 1979), armenischer Sänger, der Armenien beim Eurovision Song Contest 2006 vertrat
Weblinks
Einzelnachweise
- 1 2 Naira Hayrumyan: I had a dream: A Stepanakert native looks back at Karabakh’s recent past (Memento vom 21. Januar 2018 im Internet Archive). Armenia Now, 7. März 2013.
- 1 2 3 Robert H. Hewsen: Armenia: A Historical Atlas. University of Chicago Press, Chicago 2001. S. 265. ISBN 0226332284, ISBN 9780226332284
- ↑ Rau Johannes: Der Berg-Karabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan. Verlag Dr. Köster, 2007, ISBN 978-3-89574-629-1, S. 34.
- 1 2 3 Daniel Müller: Die Armenier in den Kreisen Dzebrail, Susa und Dzecansir des Gouvernements Elisavetpol nach den amtlichen Familienlisten von 1886. In: Fikret Adanır, Bernd Bonwetsch (Hrsg.): Osmanismus, Nationalismus und der Kaukasus: Muslime und Christen, Türken und Armenier im 19. und 20. Jahrhundert. Reichert, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89500-465-0, S. 76.
- ↑ Rau Johannes: Der Berg-Karabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan. Verlag Dr. Köster, 2007, ISBN 978-3-89574-629-1, S. 17–18.
- ↑ Eva-Maria Auch: Berg Karabach – Krieg um den „schwarzen Garten“. In: Marie-Carin von Gumppenberg, Udo Steinbach (Hrsg.): Der Kaukasus – Geschichte-Kultur-Politik. Verlag C.H. Beck, München 2010 (2. Auflage).
- ↑ M. Karapetjan: Ètnicheskaya struktura naseleniya Nagornogo Karabakha v 1921 g. Jerewan 1991, S. 11.
- ↑ Volkszählung der Sowjetunion 1926 (AO NAGORNOGO KARABAKHA 1926 g.)
- ↑ Volkszählung der Sowjetunion 1939 (NAGORNO-KARABAKHSKAYA AO 1939 g.)
- ↑ Volkszählung der Sowjetunion 1959 (NAGORNO-KARABAKHSKAYA AO 1959 g.)
- ↑ Volkszählung der Sowjetunion 1970 (NAGORNO-KARABAKHSKAYA AO 1970 g.)
- ↑ Volkszählung der Sowjetunion 1979 (NAGORNO-KARABAKHSKAYA AO 1979 g.)
- ↑ De facto and De Jure Population by Administrative Territorial Distribution and Sex Census in NKR, 2005. The National Statistical Service of Nagorno-Karabakh Republic
- ↑ Statistical yearbook of NKR 2003–2009. In: stat-nkr.am. National Statistical Service of Nagorno-Karabakh Republic, S. 37 .
- ↑ Vahe Sarukhanyan: Շուշին փորձում է կրկին կրթական կենտրոն դառնալ In: Hetq, 2. Juni 2015 (armenisch) „...քաղաքում գրանցված է 4.446 մարդ...“
- ↑ Laura Grigorian: St James Church was opened in Stepanakert. (Memento vom 4. April 2012 im Internet Archive) Armtown, 4. April 2012.
- ↑ Stepanakert Church (Memento des vom 7. Oktober 2018 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Official ceremony of consecration and opening Cathedral of Intercession takes place in Stepanakert. Abgerufen am 17. Februar 2020 (englisch).
- ↑ Neil Robinson: World Rail Atlas. Bd. 8: The Middle East and Caucasus. 2006. ISBN 954-12-0128-8, S. 8, 10, Anm. 1.