Befehlshaber des Rückwärtigen Heeresgebietes
Ein Befehlshaber des Rückwärtigen Heeresgebietes (abgekürzt Berück) war ein territorialer Befehlshaber der Wehrmacht im Krieg gegen die Sowjetunion während des Zweiten Weltkrieges. Der Berück übte im Operationsgebiet einer Heeresgruppe die vollziehende Gewalt aus und stützte sich in diesem Gebiet auf eine militärische Verwaltung. Im rückwärtigen Armeegebiet, das direkt hinter der Gefechtszone errichtet wurde, übte dagegen das Oberkommando der jeweiligen Armee (AOK) die Exekutivfunktionen aus.
Zu den Hauptaufgaben eines Berück in seinem Gebiet gehörten die „Sicherstellung von Ruhe und Ordnung“, der Schutz der Versorgungsstützpunkte mit den Nachschubwegen zur Front, die Erfassung von Versorgungsgütern im besetzten Gebiet und die Bewachung sowie der Abtransport der Kriegsgefangenen. Gegenüber diesen militärischen Aufgaben hatten alle anderen Aufgaben zurückzustehen.
In zweiter Linie hatten Berücks die Aufgabe, eine Verwaltung aufzubauen und das Land unter kriegswirtschaftlichen Aspekten auszunutzen. Unter den zweiten Punkt fiel z. B. die Inganghaltung bzw. Ingangsetzung von kriegswichtigen Betrieben in ihren Gebieten.
Auf eine wirksame Bekämpfung von Partisanen waren die Berücks nicht vorbereitet, da die Wehrmacht nicht mit einer breiten Partisanenbewegung gerechnet hatte. Man ging von einem Sieg innerhalb weniger Monate nach dem Beginn des Unternehmens Barbarossa im Juni 1941 aus. Planungen für einen längeren Krieg im Osten lagen nicht vor.
Um ihre Sicherungsaufgaben zu erfüllen, wurden von der Wehrmacht nur neun Sicherungsdivisionen aufgestellt. Die Soldaten der Sicherungsdivisionen waren meist ältere und unzureichend ausgebildete Soldaten. Die Verbände waren zudem minderwertig ausgerüstet und bewaffnet, meist mit Beutewaffen. Ihre Kräfte reichten nicht aus, da die Zuständigkeitsbereiche zu groß waren und die Aktivität der Partisanen bald zunahm. Deshalb wurden sie durch Hilfstruppen und verbündete Armeen verstärkt, insbesondere ungarische Truppen. Die Sicherungsdivisionen kooperierten mit den zuständigen Höheren SS- und Polizeiführern (HSSPF), denen die Einheiten der Ordnungspolizei und des SD unterstellt waren. Als die Kämpfe in den rückwärtigen Gebieten zunahmen, erhielten die Berück ab April 1942 die zusätzliche Bezeichnung Kommandierender General der Sicherungstruppen.
Die dem Berück außer den direkt unterstellten Einheiten zugeordneten Dienststellen waren die jeweiligen Kommandanturen des rückwärtigen Armeegebietes (Korück), die zuvor vom Armeeoberbefehlshaber eingerichtet worden waren.
Zwischen dem Beginn des Angriffs Mitte 1941 und Ende 1942 fand ein Großteil der Morde an den sowjetischen Juden durch die Einsatzgruppen in Berück-Befehlsgebieten statt. Die Sonderkommandos und Einsatzkommandos der Einsatzgruppen waren je einem Berück zugeordnet, jedoch nicht unterstellt. Nicht nur Liquidierungen, sondern auch die Erforschung und Bekämpfung reichsfeindlicher Bestrebungen war Aufgabe der Sicherheitspolizei. Praktisch wurden die Befugnisse, die der Sicherheitspolizei im Reich zustanden, auf die besetzten Ostgebiete ausgedehnt.
Die ersten Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete mit ihren Stäben wurden im März 1941 aufgestellt, offiziell wurde die Anordnung zur Aufstellung am 25. Juni 1941 per Führerbefehl erteilt. Die Vorverlegung des jeweiligen rückwärtigen Heeresgebietes beim Vormarsch nach Osten sollte das Oberkommando des Heeres (OKH) auf Vorschlag der Heeresgruppen beschließen. Als sicher geltende Gebiete des rückwärtigen Heeresgebietes sollten an die jeweilige geplante politische Verwaltung übergeben werden. Hitler behielt sich aber die endgültigen Entscheidungen vor. Damit sich die Heeresgruppen auf ihre Kampfoperationen konzentrieren konnten, wurde Anfang 1941 jeweils ein Generalkommandostab pro Heeresgruppe gebildet. Die Berücks hatten die vollziehende Gewalt in ihren Gebieten nach Weisungen des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe auszuüben. Spätestens mit dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte infolge der sowjetischen Sommeroffensive 1944 verloren die Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete ihre Funktion; ihre Stäbe wurden aufgelöst und verbliebene Sicherungstruppen anderweitig unterstellt.