Die Toten (James Joyce)
Die Toten (im englischen Original The Dead) ist die letzte Kurzgeschichte beziehungsweise Novelle in James Joyce’ Sammlung von Erzählungen, die als einheitliches Gesamtwerk konzipiert erstmals 1914 unter dem Titel Dubliner erschienen ist. Die Geschichte gilt neben der Anfangsgeschichte The Sisters als einer der wichtigsten Texte Joyce’, in der der Autor zum Teil auch eigene Familienangehörige und sich selbst porträtierte.
Inhaltlich behandelt die Erzählung die übergreifende Thematik der „Paralyse“ oder „Lähmung“ des gesamten Lebens im Dublin der Jahrhundertwende, die die „Isolierung und Frustrierung“ der Individuen zur Folge hat und bis zur Übermacht der Toten über die Lebenden gesteigert wird. Die Geister der Toten beherrschen dabei nicht nur das Leben der Menschen im öffentlichen und privaten Leben des zeitgenössischen Dublins, das im übertragenen Sinne zum eigentlichen „Reich der Toten“ wird; sie werden zugleich zu Chiffren einer übergreifenden Einsicht, die das Universum als solches betrifft. Allein die für Joyce charakteristische epiphany des Protagonisten Gabriel Conroy mit seiner Einsicht in das sich durchziehende Phänomen der Paralyse selber deutet eine Möglichkeit der Befreiung aus der allgemeinen Stasis und der Starre der Isolation und Frustration des Individuums in der neuen Welt des Übergangs zum 20. Jahrhundert an.
Mit seiner Erzähling The Dead gestaltet Joyce nicht allein den chorusartigen Abschluss seines als Werkeinheit komponierten Geschichtenzyklus der Dubliners, sondern schafft zugleich wesentliche thematische und erzähltechnische Voraussetzungen für sein nachfolgendes Romanwerk, so vor allem für The Portrait of the Artist as a Young Man (1914–1915) und Finnegans Wake (1923–1939).