Europäischer Filmpreis 2022
Die 35. Verleihung des Europäischen Filmpreises fand am 10. Dezember 2022 in Reykjavík statt. Die Auszeichnung wurde von der über 4300 Mitglieder zählenden Europäischen Filmakademie (EFA) vergeben. Als Veranstaltungsort wurde das Konzerthaus Harpa ausgewählt. Ursprünglich war Reykjavík bereits als Veranstaltungsort für die Preisverleihung 2020 vorgesehen. Aufgrund der COVID-19-Pandemie war aber die Gala in Islands Hauptstadt abgesagt worden.
Die vollständigen Nominierungen wurden am 8. November 2022 bekanntgegeben. Mit jeweils vier Nennungen führten der Jugendfilm Close, der Thriller Holy Spider und die Satire Triangle of Sadness das Favoritenfeld an. Erfolgreichster Film wurde Triangle of Sadness von Ruben Östlund, der in allen nominierten Kategorien (Bester Film, Beste Regie, Bester Darsteller – Zlatko Burić, Bestes Drehbuch) ausgezeichnet wurde. Als Beste Darstellerin wurde die luxemburgisch-deutsche Schauspielerin Vicky Krieps (Corsage) prämiert. Bereits vor der Verleihung waren den Filmschaffenden Margarethe von Trotta, Elia Suleiman und Marco Bellocchio Ehren- bzw. Sonderpreise zuerkannt worden.
Erstmals wurde bei der Auflage 2022 ein Preis für Nachhaltigkeit ausgelobt, der von der Europäischen Filmakademie in Kooperation mit dem Programm Connect4Climate der World Bank Group verliehen wird. Der European Sustainability Award – Prix Film4Climate soll fortan eine europäische Institution, ein Unternehmen oder einen Film für einen „herausragenden europäischen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Film“ auszeichnen. Erster Preisträger ist der European Green Deal. Die Auszeichnung sollte von Ursula von der Leyen im Auftrag der Europäischen Kommission angenommen werden. Die Preisübergabe erfolgte durch drei Jugendliche aus Rumänien, Schweden und Island.
Vor dem Hintergrund des im Frühjahr begonnenen russischen Angriffs auf die Ukraine erklärte sich die Europäische Filmakademie solidarisch mit der Ukrainischen Filmakademie und setzte sich dafür ein, russische Filmproduktionen von der diesjährigen Preisverleihung auszuschließen. Aus Protest darauf hatte der ukrainische Filmemacher Sergei Loznitsa die Europäische Filmakademie verlassen. Er war selbst zwischen 2013 und 2021 dreimal für seine Kurz- und Dokumentarfilme für den Europäischen Filmpreis nominiert worden. Im November wurde der Koproduzentenpreis – Prix Eurimages an alle ukrainischen Filmproduzenten vergeben und damit erstmals nicht an eine Einzelperson. Die Preisvergabe galt als Ausdruck der starken Wertschätzung für die wachsende Qualität der ukrainischen Filme in den letzten Jahren und als Zeichen der anhaltenden Unterstützung nach dem russischen Überfall, da die Infrastruktur für die Produktionsunterstützung in der Ukraine zusammengebrochen ist.
Jörg Taszman (Filmdienst) kritisierte sowohl fehlenden Mut bei der Preisvergabe als auch eine generell fehlende Strahlkraft des Europäischen Filmpreises nach 35 Jahren des Bestehens.