Frühkindlicher Autismus
Frühkindlicher Autismus (auch als autistische Störung, Kanner-Autismus, Kanner-Syndrom, infantiler Autismus bezeichnet, historisch auch frühkindliche Psychose) ist eine Variante des Autismus, die zuerst 1943 von Leo Kanner beschrieben wurde. Er gilt als prototypische Form des Autismus und wird in der Literatur auch als klassischer Autismus bezeichnet.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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F84 | Tiefgreifende Entwicklungsstörungen |
F84.0 | Frühkindlicher Autismus |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Der frühkindliche Autismus zeigt sich vor dem dritten Lebensjahr und zeichnet sich durch charakteristische Auffälligkeiten in den Bereichen der sozialen Interaktion, der Sprache und Kommunikation sowie durch eingeschränkte, repetitive Verhaltensmuster aus. Häufig, jedoch nicht immer, geht er mit einer geistigen Behinderung einher. Der frühkindliche Autismus hat erhebliche Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Menschen.
Die Symptomatik entsteht aus einer Störung bei der Entwicklung des zentralen Nervensystems, welche stetig verläuft.:8 Ursachen oder Auslöser für das Auftreten der Entwicklungsstörung sind nicht bekannt, jedoch ist allgemein anerkannt, dass genetische und Umweltfaktoren eine große Rolle spielen. Frühkindlicher Autismus tritt mit einer Häufigkeit von etwa 1:1000 auf, wobei das Verhältnis von Jungen zu Mädchen etwa 3:1 bis 5:1 beträgt.
In der zehnten Auflage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10, 1994) wird der frühkindliche Autismus zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gezählt. Eine vergleichbare Diagnose enthält das DSM-IV (1994, revidiert 2000), die vierte Auflage des Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders der American Psychiatric Association. Im 2013 veröffentlichten DSM-5 sowie in der seit 2022 international gültigen ICD-11 werden alle zuvor unterschiedenen Ausprägungen von Autismus zu einer einzelnen Diagnose Autismus-Spektrum-Störung zusammengefasst und die Diagnose frühkindlicher Autismus damit aufgegeben. Im deutschsprachigen Raum wird der Übergang von ICD-10 zur ICD-11 ab 2022 einige Jahre in Anspruch nehmen.