Lemniskales System
Als lemniskales System oder Schleifenbahnsystem (lateinisch lemniscus ,Schleife’) von allgemeinen somatischen Afferenzen (ASA) werden aufeinanderfolgend die aufsteigenden langen Leitungsbahnen (1.) des Hinterstrangs und (2.) des Lemniscus medialis (mittlere Schleife) sowie (3.) deren Projektionen zur Großhirnrinde zusammengefasst.
Dieses funktionelle System ist für die sensible Wahrnehmung bei Säugetieren von besonderer Bedeutung. Es leitet Informationen von verschiedenen Mechanorezeptoren der Leibeswand nach Art und Ort unterschieden in solcher Weise, dass Reize nach Sinnesqualitäten differenziert mit hoher räumlicher Auflösung haptisch fein wahrgenommen werden können:
- Oberflächensensibilität: Feinwahrnehmung oder epikritische Sensibilität mit hoher Tastschärfe
- für Berührung, Druck, Vibration (v. a. Mechanorezeptoren der Haut; nicht aber Nozizeptoren und Thermorezeptoren)
- Tiefensensibilität: feine Wahrnehmung von Haltung, Spannung und Bewegung des eigenen Körpers
- mit Kraftsinn, Stellungssinn, Bewegungssinn (v. a. Propriozeptoren in den Muskelspindeln, Golgi-Sehnenorganen und Gelenkkapseln)
Daneben gibt es andere funktionelle Systeme, sowohl allgemein somatosensible mit ähnlicher Leistung von Leitungsbahnen primärafferenter Neuronen im Kopfbereich mit dem Lemniscus trigeminalis, als auch spezielle somatosensorische (SSA), beispielsweise für den Gehörsinn (auditorisches System) mit dem Lemniscus lateralis, oder für den Gleichgewichtssinn (vestibulares System).
Die Leitungsbahnen für die (protopathische) Wahrnehmung von Schmerz und Temperatur – und auch für die Grobwahrnehmung von Druck, Berührung oder Kitzel – stellen funktionell allgemein somatosensorische Systeme mit anderer Leistung dar (siehe anterolaterales System).