Münchhausen-Stellvertretersyndrom
Das Münchhausen-Stellvertretersyndrom (englisch MSBP Munchausen Syndrome by Proxy, Munchausen by Proxy Syndrome oder FDP Factitious Disorder by Proxy), benannt nach Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen (dem sogenannten Lügenbaron), ist das Erfinden, Übersteigern oder tatsächliche Verursachen von Krankheiten oder deren Symptomen bei Dritten, mehrheitlich Kindern, meist um anschließend eine medizinische Behandlung zu verlangen und/oder um selbst die Rolle eines scheinbar liebe- und aufopferungsvoll Pflegenden zu übernehmen. Es handelt sich um eine subtile Form der Kindesmisshandlung, die bis zum Tod des Opfers führen kann. Die Täter – 90 bis 95 Prozent sind Frauen – sind meistens die leiblichen Mütter. Handelt es sich bei dem Opfer um einen Erwachsenen, so spricht man auch vom Münchhausen by Adult Proxy Syndrom.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Eintrag fehlt | Eintrag fehlt |
T74.8 | Sonstige Formen des Missbrauchs von Personen |
Y07.- | Sonstige Misshandlung |
Z61.6 | Probleme mit Bezug auf vermutete körperliche Misshandlung eines Kindes |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Störung gehört wie das sogenannte Münchhausen-Syndrom zu den artifiziellen Störungen und wurde als eigener Subtyp „nicht näher bezeichnete vorgetäuschte Störung“ im psychiatrischen Klassifikationssystem ICD-10 definiert. Die vorgetäuschte Störung by proxy wurde zunächst nicht ins DSM-IV (1994) aufgenommen, da dies dazu benutzt werden könnte, Personen, die Kinder misshandeln, zu entlasten. In der aktuellen Version des DSM-5 ist sie jedoch unter dem Begriff „Factitious Disorder Imposed on Another“ (301.51) spezifiziert. Auch für die künftige ICD-11 werden derzeit Diagnosekriterien diskutiert.