Mayenit-Obergruppe
Die Mayenit-Obergruppe ist eine Gruppe nanoporöser Minerale aus der Klasse der Oxide und der Silikate, die alle den gleichen strukturellen Aufbau haben. Ihre Zusammensetzung gehorcht der allgemeinen Formel:
- X12{IVT18-xVIT'1x}IVT26O124O28-x(O2aH)3×[W6-x].
Für die Definition der einzelnen Minerale dieser Gruppe wird die vereinfachte Formel
- X12T14O32-x(OH)3×[W6-x] zugrunde gelegt.
In dieser Strukturformel repräsentieren die Großbuchstaben X, T (T1, T'1, T2), O (O1, O2) und W unterschiedliche Positionen in der Mayenitstruktur, mit
- X: Ca2+
- T: Al3+, Fe3+, Si4+, Mg2+
- O: O2-
- W: Cl-, F-, (OH)-, O2-, H2O, □ (Leerstelle)
Die Minerale dieser Gruppe bilden meist unscheinbare, rundliche Körnchen oder Kristalle mit den Flächen des Triakistetraeders {211}, die selten größer als 0,1 mm werden. Je nach Zusammensetzung sind sie farblos, blass grün, limonengelb oder grau bis schwarz mit gläsernem Glanz. Sie zeigen keine Spaltbarkeit und sind mit einer Mohsschen Härte von 5–6 ungefähr so hart wie Fensterglas.
Alle Minerale dieser Gruppe sind sehr selten und einige nur von einem Fundort bekannt. Sie kommen in kalkreichen Gesteinen vor, die bei niedrigem Druck und sehr hohen Temperaturen von chlor- und fluorhaltigen Gasen verändert worden sind. Dies sind vor allem Skarne und Kalksteineinschlüsse in basaltischen Magmen oder Ignimbriten.
Synthetische Verbindungen dieser Gruppe haben große technische und industrielle Bedeutung. Die Verbindung Ca12Al14O32[O □5] (Mayenit) ist ein Bestandteil der Zementklinker von Tonerdezementen – das sind korrosionsbeständige und schnell härtende Spezialzemente.
Mayenite, die statt O2− zwei Elektronen auf der W-Position enthalten (C12A7:2e), sind temperaturstabile Verbindungen mit Elektronen als Anion (Elektride) und für zahlreiche Anwendungen in der Optoelektronik und als Katalysatoren in der chemischen Industrie von Bedeutung. Als Promotor für Ruthenium-Nanoteilchen haben sie das Potential, einen der wichtigsten Prozesse der chemischen Industrie, die Synthese von Ammoniak nach dem Haber-Bosch-Verfahren, zu revolutionieren.