Zipserdeutsch

Zipserdeutsch oder Zipserisch (ungarisch: szepességi szász nyelv, rumänisch: Dialectul țipțer) ist ein Sammelbegriff für die – heute nur noch resthaft – in der Zips und Nachbarschaft (heute Slowakei) bereits seit dem. 12./13. Jahrhundert von den Zipser Sachsen sowie seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert von ausgewanderten Zipsern in einigen Sprachinseln und Ortsteilen (genannt Zipserei) in den Regionen Maramuresch, Bukowina und im Banater Gebirge (heute Rumänien), sowie in der Oblast Transkarpatien (heute Ukraine) gesprochenen deutschen Mundarten.

Erst die wissenschaftliche Analyse der Lautverschiebungen durch die germanistische Dialektologie der Nachkriegszeit wies die typologische Klassifikation des Zipserdeutschen in vier Dialekte nach, wovon zwei Dialekte schon im 19. Jahrhundert in nur einem Ort gesprochene Ortsdialekte waren. Die beiden großen Dialekte bestanden aus vielen, meist sehr variierenden Ortsmundarten – die Stadtmundarten dem Standarddeutschen mehr angenähert, als die Dorfmundarten – und lassen sich in jeweils zwei Subdialekte oder Mundartgruppen klassifizieren. Die Dialekte der Oberzips, auch Potokisch genannt, bestehen aus dem ältesten Zipserischen Dialekt – Zipserisch oder Zipser Sächsisch im engeren Sinne – unterteilt in die ‚Oberländischen‘ Ortsmundarten und die ‚Niederländischen‘ Ortsmundarten und in den bis heute gut erhaltenen Ortsdialekt von Hopgarten (slowakisch Chmeľnica), der Hopgarnertisch oder Outzäpsersch genannt wird. Die Dialekte der Unterzips und südlich benachbarter Orte, auch Mantakisch genannt, bestehen aus der Mundartgruppe der „Zipser Gründe“ in der Unterzips selbst – genannt ‚Gründlerisch‘ – und den mantakischen Mundarten des südlicheren Bodva-Tals, von denen die Metzenseifener Mundart in Medzev heute noch am besten erhalten ist. Dagegen trägt der Ortsdialekt von Dobschau (Dobšiná) eigene typologische Merkmale. Im Laufe der Jahrhunderte beeinflussten sich die Dialekte teilweise gegenseitig und zwischen benachbarten Dialekten entstanden lokale Übergangsmundarten.

Im Zuge der Forschungen ließen sich trotz jahrhundertelanger getrennter Entwicklung die typologischen Übereinstimmungen mit Dialekten im geschlossenen deutschen Sprachraum herausarbeiten, so indirekt die regionale Herkunft der Zipser-sächsischen Siedlergruppen vom 12. bis 15. Jahrhundert aufklären, was allein mit geschichtswissenschaftlicher Quellenanalyse nicht vollständig möglich war, und wodurch die überholte, bis heute populäre Vorstellung der Herkunft aus dem sächsisch-schlesischen Bereich widerlegt wurde. Die erste Siedlungswelle vom 12. bis Anfang 14. Jahrhundert verankerte das eigentliche Zipserisch/Zipser-Sächsisch (Ober- und Niederländische Ortsmundarten) anfangs in der ganzen Zips, welches, wie auch die Mundarten des zeitgleich unter ähnlichen Bedingungen etablierten Siebenbürgisch-Sächsischen eine westmitteldeutsche, speziell mittelfränkische (rheinische/ripuarische und moselfränkische) Grundlage aufweist, woher die meisten Siedler stammten. Die Mundarten weisen aber größere ostmitteldeutsche (thüringisch-obersächsische und schlesische) Anteile auf, als die der Siebenbürger Sachsen, woher offenbar eine Minderheit der Siedler kam. Dieser Besiedlung folgte die kleinere „schlesische Hausiedlung“ Anfang 14. bis Anfang 15. Jahrhundert in den Nordrand der Zips, auf die der schlesisch basierte Ortsdialekt Hopgartnerisch/Outzäpsersch zurückgeht. Schließlich formte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ein breiter Zuzug bairisch-tirolerischer Bergleute in die Bergbaugebiete der Unterzips diese Mundarten zum bairisch basierten mantakischen Dialekt der Unterzips und des Bodva-Tals mit Oberzipser Restmerkmalen um. Der Ortsdialekt Dobschauerisch blieb trotz vieler bairisch-mantakischer Elemente ein primär mitteldeutscher Dialekt mit eigenen, von der Oberzips gesonderten Merkmalen.

Die später in Rumänien und der Ukraine etablierten Dialekte haben meistens eine mantakische Grundlage, ein kleinerer Teil gehört zu den potokischen, hier aber dominant hopgartnerisch beeinflussten Dialekt ‚Zäpsersch‘. Schließlich bildete sich in Oberwischau/Maramuresch/Rumänien (Vișeu de Sus) und Umgebung durch Verschmelzung mit Siedlern aus dem Salzkammergut eine Gemeinschaft, die sich als Zipser identifiziert, deren gemeinsamer Dialekt Oberwischauerisch aber vorwiegend der oberösterreichische Dialekt mit einigen Elementen des Zäpserschen wurde.

Alle zipserdeutschen Dialekte haben nach jahrhundertelangen Sprachkontakten viele Einflüsse besonders aus dem Slowakischen, auch aus dem Ungarischen, in der Oberzips auch aus dem Polnischen (meist dem regionalen Dialekt Goralisch) und dem Ukrainischen (Russinischen), in Rumänien auch aus dem Rumänischen.

Nach der Evakuierung, Flucht und Vertreibung der meisten deutschsprachigen Zipser aus der Zips, Transkarpatien und der Bukowina im und nach dem Zweiten Weltkrieg blieben nur Reliktgruppen von Sprechern zurück, in einigen Kleinstädten über 100 bis zu 400 Menschen. Jüngere Generationen gingen oft zum Slowakischen oder Rumänischen bzw. Ukrainischen, in Deutschland und Österreich zum Hochdeutschen über. Die zipserdeutschen Dialekte sind nur noch in wenigen Familien als Haussprache erhalten. Größere lokale Sprechergemeinschaften blieben in Hopgarten/Chmeľnica (Outzäpsersch) und Metzenseifen/Medzev (Metzenseifener Mantakisch) zurück, wo die Dialekte bis heute öffentlich verbreitet sind, außerdem in Oberwischau (Vișeu de Sus), wo aber ein Dialekt nicht wirklich zipserdeutscher Herkunft gesprochen wird. In der Maramuresch und im Banat folgte die mehrheitliche Auswanderung meistens erst ab den 1990er Jahren.

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