Oder-Neiße-Grenze
Die Oder-Neiße-Grenze, früher auch Oder-Neiße-Demarkationslinie oder kurz Oder-Neiße-Linie genannt, heute die deutsch-polnische Grenze, verläuft die Oder entlang bis zur Einmündung der Lausitzer Neiße, dann dieser folgend bis zur tschechischen Grenze. In ihrem nördlichsten Abschnitt verläuft sie durch Landgebiete; ganz im Norden teilt sie die Insel Usedom. Die Grenze ist 460,4 km lang. Davon entfallen auf den Landabschnitt 51,1 km, der Wasserabschnitt bei den Flüssen und Kanälen misst 389,8 km, bei den inneren Meeresgewässern sind es 19,5 km sowie im Hoheitsgewässer der Ostsee sechs Seemeilen (11,1 km).
Schon vor der Entscheidung der Alliierten über eine vorläufige Nachkriegsordnung im Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 unterstellte die Sowjetunion das deutsche Gebiet östlich der Oder und der Lausitzer Neiße (mit Ausnahme des Königsberger Gebiets) den Verwaltungsorganen der Republik Polen. Die Regierungen Großbritanniens und der USA erhoben gegen diese einseitige Entscheidung Protest. In den Potsdamer Beschlüssen stimmten die Staatsoberhäupter der drei Alliierten schließlich dennoch darin überein, dass der polnische Staat diese Gebiete verwalten solle, und bestimmten, dass die endgültige Festlegung der Westgrenze Polens erst in einer noch bevorstehenden Friedensregelung getroffen werden solle. Dahingehend sollten diese Gebiete nicht als Teil der sowjetisch besetzten Zone betrachtet werden.
Hierdurch sollte etwa ein Viertel des deutschen Staatsgebietes in den Grenzen von 1937 unter vorläufige polnische beziehungsweise sowjetische Verwaltung gestellt werden. De facto wurden diese Gebiete dauerhaft vom bisherigen deutschen Hoheitsgebiet abgetrennt. Flucht und Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa hatten zu diesem Zeitpunkt bereits begonnen. Dass Polen die unter polnische Verwaltung gestellten deutschen Ostgebiete in das Vertreibungsgebiet einbezog, wurde von den Westalliierten hingenommen. Bis 1950 waren etwa 90 Prozent der deutschen Bevölkerung dieser Gebiete davon betroffen.
Westlich dieser neuen Grenze befanden sich von 1945 bis 1949 die Sowjetische Besatzungszone Deutschlands sowie anschließend bis 1990 die Deutsche Demokratische Republik (DDR). Bereits kurz nach ihrer Gründung schloss die DDR mit Polen das Görlitzer Abkommen vom 6. Juli 1950, das die Oder-Neiße-Linie als endgültige „deutsch-polnische Staatsgrenze“ anerkannte. Diese wurde im offiziellen Sprachgebrauch „Oder-Neiße-Friedensgrenze“ genannt, obwohl Stettin westlich der Oder liegt. Die ebenfalls 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland erkannte erst 20 Jahre später am 7. Dezember 1970 im Warschauer Vertrag die „bestehende Grenzlinie“ unter dem Vorbehalt einer Änderung im Rahmen einer Friedensregelung als faktisch „unverletzliche“ westliche Staatsgrenze der Volksrepublik Polen an.
Seit dem 3. Oktober 1990 ist die Oder-Neiße-Grenze die Ostgrenze des wiedervereinigten Deutschlands. Der Verlauf der Grenze wurde nach 1951 nicht mehr verändert.