Proteste in Belarus 2020–2021
Die Proteste in Belarus 2020–2021 waren die größten Massendemonstrationen seit Ausrufung der Republik Belarus im Jahr 1991. Die meisten Proteste richten sich gegen die Politik und Präsidentschaft von Aljaksandr Lukaschenka, der das Land seit 26 Jahren diktatorisch regiert; es kam aber auch zu staatlich organisierten Unterstützungskundgebungen für Lukaschenka. Die Demonstrierenden hatten insbesondere das Ziel, die Regentschaft Lukaschenkas zu beenden und Demokratie sowie grundlegende Menschenrechte in Belarus durchzusetzen, die durch die Regierung bedroht sind.
Anlass für die Proteste war insbesondere die Präsidentschaftswahl 2020, die am 9. August 2020 endete und die international weitgehend als Scheinwahl gilt, weil relevante Gegenkandidaten festgenommen wurden und Wahlmanipulationen nachgewiesen werden konnten.
Die Massenproteste in Belarus hatten schon vor der Wahl begonnen; nach der Wahl waren Demonstranten repressiven polizeilichen und behördlichen Maßnahmen ausgesetzt. Bei den täglichen Protesten wurden über 33.000 Menschen festgenommen, und über 250 verletzt (darunter auch Kinder). Es wurde von vielfachen Festnahmen, massiver Gewalt und Folterungen, insbesondere im Minsker Isolationszentrum Okrestino, berichtet. Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte sprach davon, dass man Berichte von über 450 dokumentierten Fällen von Folter und Misshandlungen seit dem Tag der Präsidentschaftswahl erhalten habe. Dazu zählten auch sexueller Missbrauch und Vergewaltigung. Mindestens acht Menschen verloren im Kontext der Proteste ihr Leben. Demonstranten wurden teilweise erschossen, verstarben aufgrund unterlassener medizinischer Hilfeleistung in Haft oder wurden zu Tode geprügelt. Die Polizei schoss teilweise mit scharfer Munition auf Demonstranten. Bis heute wurde kein einziges Strafverfahren gegen die Handlungen der Sicherheitskräfte eröffnet. Laut dem Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte wurden mehr als 450 Fälle von Misshandlungen an Häftlingen registriert. Ende 2020 dokumentierte das Menschenrechtszentrum Wjasna 1.000 Zeugenaussagen von ehemaligen Häftlingen zur Folter in belarussischen Gefängnissen.
Die belarussische Propaganda verbreitete, dass die Massenproteste vom Westen gesteuert seien, und beschönigte die repressive Vorgehensweise der staatlichen Stellen stark. Das Vorgehen des Regimes wurde international stark kritisiert. Seit dem 13. August traten landesweit hunderttausende Arbeiter, auch solche, die zuvor als regimetreu galten, in einen Generalstreik. Die aussichtsreichste Oppositionskandidatin Swjatlana Zichanouskaja wurde bereits im Vorfeld der Wahl massiv eingeschüchtert und sah sich nach der Wahl gezwungen, das Land zu verlassen.
Die Behörden gingen immer wieder gezielt und massiv gegen die Protestbewegung, deren Spitze sich mittlerweile auch in einem eigenen Rat, dem Koordinierungsrat für einen friedlichen Machtübergang organisiert hat, aber auch gegen die Berichterstattung durch Journalisten vor. So wurde die Akkreditierung zahlreicher Journalisten entzogen, was international als Angriff gegen die Pressefreiheit kritisiert wurde. Das Vorgehen der Behörden steht auch darüber hinaus weltweit in der Kritik.
Im August 2023 dokumentierte die Menschenrechtsorganisation Wjasna 1489 politische Gefangene in Belarus. Im Zuge der Proteste wurden ca. 1500 Organisationen in Belarus verboten.