Scham- und Schuldkultur
Die Begriffe Schamkultur und Schuldkultur bezeichnen einander gegenübergestellte Konzepte, die Kulturen danach unterscheiden, ob diese sich eher äußerer (Scham) oder innerer (Schuld) Instanzen für den Umgang mit Fehlverhalten zur Konfliktregulierung bedienen.
Die Gegenüberstellung der Schamkultur, die vornehmlich dem Nahen und Fernen Osten zugeschrieben wird, und Schuldkultur, die Teilen der westlichen Welt zugeschrieben wird, wurde von Ruth Benedict etabliert und gilt als umstritten.
Durch die kulturvergleichende Studie von Ruth Benedict (1946) wurde in der Sozialforschung Mitte des 20. Jahrhunderts die Unterscheidung von ‚Schuld- und Schamkulturen‘ in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht. Benedict greift dabei auf die Vorarbeiten von Margaret Mead (1937) zurück, die vor allem eine Charakterisierung von Interaktionsformen in kulturspezifischen Sozialisations- bzw. Individuierungsprozessen annahm. Der Oxforder Altphilologe E. R. Dodds hat im Jahre 1951 unter Berufung auf Benedicts Arbeit zwischen (antiken griechischen) Schamkulturen (engl. shame-culture) und (frühchristlichen) Schuldkulturen (engl. guilt-culture) unterschieden.