Schwabenzug

Als Schwabenzüge bezeichnet man die organisierte An- und Besiedlung der infolge der Türkenkriege fast menschenleeren Gebiete des Königreiches Ungarn, Slawonien, Batschka, und Banat durch die Habsburgermonarchie im 18. Jahrhundert, mit vornehmlich deutschstämmigen Untertanen aus dem Westen und jenseits der westlichen Grenzen des Heiligen Römischen Reiches. Zusätzlich zu den staatlichen Programmen gab es während dieser Zeit ebenfalls Anstrengungen privater Großgrundbesitzer im Königreich Ungarn, darunter auch kirchliche Grundherren, zur Besiedlung ihrer Ländereien.

Innerhalb des Auswanderungsraumes ragten die Pfalz, Schwaben, Rhein- und Mainfranken besonders hervor, aber auch das Elsass, Lothringen, Bayern, Böhmen und Innerösterreich, sowie kleinere Gruppen von Italienern und Franzosen hatten phasenbedingt einen wichtigen Anteil. Im gesamten mittleren Donauraum wurden die deutschen Siedler von ihren magyarischen, südslawischen und rumänischen Nachbarn, wie auch von bulgarischen, slowakischen und tschechischen Zuwanderern Schwaben genannt. Obwohl diese Bezeichnung nur für einen geringen Teil der Ansiedler zutraf, nannten sich auch die Deutschen im damaligen Ungarn fortan Schwaben. Insgesamt gab es drei große und zwei kleine Schwabenzüge. Ähnliche Ansiedlungen bestanden bereits seit 1686; 1689 erschien das erste Ansiedlungspatent von Kaiser Leopold I. für die fast entvölkerte und zerstörte Pannonische Tiefebene. Kaiser Leopold I. und seine Nachfolger Josef I., Karl VI., Maria Theresia und Josef II. waren bestrebt, aus den dünn besiedelten und verödeten Landschaften Pannoniens einen ertragreichen und geschützten christlichen Lebensraum zu gestalten. Unter den Kaisern Leopold II. und Franz II. wurde nach dem dritten großen Zug die Besiedlung bis 1848 fortgesetzt. Deutsch war zeitweise die Amtssprache im Banat.

Es siedelten sich 1692–1786 um die 150.000 (115.000 staatlich und 35.000 privat geworbene) Menschen dort an. Sie fanden im spärlich besiedelten Banat vorwiegend Rumänen und Serben vor. In der Zeit von 1700 bis 1778 lag das Verhältnis von Rumänen und Serben zu den Deutschen bei 5:1. Das Banat und die Batschka waren die bevorzugten Zielregionen der staatlichen Kolonisation, sie nahmen hauptsächlich die Siedlerströme der drei großen Schwabenzüge auf, sodass in Südungarn die Deutschen in der Folgezeit ungefähr die Zahl der Serben und Rumänen erreichten. Etwa die Hälfte der deutschen Ansiedler in Ungarn wurden von privaten Grundherrschaften angesiedelt. Die Hälfte der donauschwäbischen Siedler war bäuerlicher Herkunft. In der Batschka waren fast ein Drittel der Ansiedler Handwerker und Professionisten, mit Ausnahme von Apatin, wo sie etwa die Hälfte der Bevölkerung bildeten. Den Rest der deutschen Bevölkerung stellten in der Batschka die ehemaligen Soldaten, die nach 1763 hier angesiedelt wurden. Ansätze einer deutschen Kolonisation entstanden ferner in Slawonien und Syrmien, vor allem in Märkten und Städten.

Die Herkunftsländer der bäuerlichen deutschen Siedler wiesen zur Zeit ihrer Auswanderung eine hochentwickelte Bodenkultur auf. Das von den Siedlern im Banat übernommene Ackerland war ein erst seit kurzem entwässertes Sumpfland, das seit Jahrhunderten verwahrlost, verwildert und mit Gestrüpp überwuchert war. Die beharrlichen und fleißigen neuen Arbeitskräfte brachten landwirtschaftliche und handwerkliche Erfahrung mit, durch die sie einen entscheidenden Anteil an der Kultivierung des Landes hatten. Die Anforderungen, die die Gründung einer Lebensexistenz und einer Gemeinschaftsordnung an sie stellte, waren allerdings enorm. Die in dieses unwirtliche Land gesetzten großen Hoffnungen erfüllten sich im Laufe der Jahre allmählich, und die Siedler prägten letztlich ihre neue Heimat.

Es war allerdings ein langer und schwerer Weg. Das in den Sümpfen lauernde Sumpffieber und die Cholera lichteten die Reihen bedenklich. Die von den Heeren aus dem Osten eingeschleppte Pest (1738–1739) verbreitete sich schnell im ganzen Banat und ließ die Sterblichkeitsrate noch zusätzlich ansteigen. Die Sanitätskommission der Landesadministration konnte die Krankheiten schließlich eindämmen, doch wurde die Bevölkerung während der Züge wiederholt von ihnen heimgesucht. Von den 80.000 deutschen Siedlern dieser Zeit erlagen etwa 25.000 diesen Krankheiten, also fast jeder Dritte.

Ein deutscher Kolonistenspruch des 18. Jahrhunderts besagt:

„Die ersten fanden den Tod, die zweiten hatten die Not, und die dritten erst das Brot.“

Nach den großen Zügen kamen später noch vereinzelt Siedler aus dem Reich, aus der Batschka, aus der Zips und auch aus anderen Gebieten ins Banat, allerdings nahm die Bedeutung ab. Spätestens nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 hörten die deutschen Besiedlungen auf. In dem Ausgleich wurde Ungarn eine Reichshälfte und damit die politische Macht in diesem Gebiet zuerkannt. Ungarn versuchte folgend diese Gebiete zu magyarisieren.

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