Serbokroatische Sprache

Serbokroatisch oder Kroatoserbisch (serbokroatisch srpskohrvatski oder hrvatskosrpski bzw. kyrillisch српскохрватски oder хрватскосрпски) ist eine plurizentrische Sprache aus dem südslawischen Zweig der indoeuropäischen Sprachen. Sie basiert in allen ihren Standardvarietäten auf der štokavischen Dialektgruppe. Ihr Sprachraum umfasst das heutige Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien. In der Linguistik wird alternativ auch die Bezeichnung Bosnisch/Kroatisch/Serbisch (kurz B/K/S) verwendet. Umgangssprachlich ist der Begriff naš jezik (serbokroatisch für ‚unsere Sprache‘) bzw. (po) naše/naški die unsrige geläufig, um eine ethnische Zuordnung zu umgehen.

Serbokroatisch
(srpskohrvatski jezik, српскохрватски језик)

Gesprochen in

Serbien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Nordkosovo
Sprecher ca. 17–22 Millionen (Gesamtzahl der Sprecher aller gewöhnlich zum Serbokroatischen gerechneten Standardvarietäten und von diesen überdachter Dialekte)
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Jugoslawien Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien (bis 1990/1992)
Bosnien und Herzegowina 1992 Bosnien und Herzegowina (1992–1995)
Bosnisch, Kroatisch, Serbisch und Montenegrinisch sind Amtssprachen in Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Serbien, Nordkosovo und Montenegro
Sprachcodes
ISO 639-1

sh (veraltet); stattdessen jetzt: bs (Bosnisch), hr (Kroatisch), sr (Serbisch)

ISO 639-2

nur getrennt bos (Bosnisch), hrv (Kroatisch), srp (Serbisch)

ISO 639-3

hbs (Makrosprache)
getrennt: bos (Bosnisch), hrv (Kroatisch), srp (Serbisch), cnr (Montenegrinisch); ckm (Čakavisch)

Erstmals wurde der Begriff Serbokroatisch im Jahr 1824 von Jacob Grimm im Vorwort seiner Übersetzung der Kleinen Serbischen Grammatik von Vuk Stefanović Karadžić erwähnt. Einige Jahre später, 1836, wurde dieser Ausdruck erneut vom Philologen Jernej Kopitar in einem Brief benutzt. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Serbokroatisch die offizielle gemeinsame Standardsprache der Serben, Kroaten, Bosniaken und Montenegriner. Diese Entwicklung wurde von den Behörden Österreich-Ungarns gefördert, vor allem von den Kroaten aber auch teilweise abgelehnt. 1907 wurde in Bosnien als erstem Balkanland offiziell die „serbo-kroatische Sprache“ (srpsko-hrvatski jezik) als Amtsbezeichnung in Schulen und öffentlichen Institutionen eingeführt. In ganz Jugoslawien wurde diese Bezeichnung erst 1954 nach dem Abkommen von Novi Sad eingeführt. Nach dem Zerfall Jugoslawiens war Serbokroatisch von 1992 bis 1995 noch die Amtssprache der Republik Bosnien und Herzegowina, bevor sich auch hier wie in den übrigen Nachfolgestaaten die betreffenden Sprachstandards aus politisch motivierten Gründen auseinanderentwickelten, was durch die konsequente Anwendung der eigenständigen Bezeichnungen Kroatisch, Serbisch, Bosnisch und Montenegrinisch unterstrichen wurde.

Der Status der Standardvarietäten des Serbokroatischen als voneinander unabhängiger Sprachen ist sprachwissenschaftlich umstritten. Während einige Autoren von leicht voneinander abweichenden Realisierungen einer Makrosprache und somit einem einheitlichen Sprachsystem ausgehen, betonen andere die dialektale Unterschiedlichkeit und die Notwendigkeit eines politischen Willens zur Vereinheitlichung, der zurzeit nicht gegeben ist. Die Lage der serbokroatischen Sprache entsprach in der Soziolinguistik ungefähr der Situation der englischen Sprache (britische, amerikanische, kanadische, neuseeländische und australische Variante) und der deutschen Sprache (deutsche, österreichische und schweizerische Variante).

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