Staatenimmunität
Staatenimmunität ist ein Grundsatz des Völkerrechts, der besagt, dass die Hoheitsakte eines Staates nicht von den Gerichten eines anderen Staates überprüft werden können. Ausgehend von der Unabhängigkeit und Gleichheit souveräner Staaten ist es keinem Staat gestattet, über einen anderen Staat zu Gericht zu sitzen: par in parem non habet iudicium. Dies bezieht sich jedoch nur auf hoheitliches Handeln des Staates, nicht auf dessen privatrechtliche Tätigkeit. Meinungsverschiedenheiten unter Staaten müssen ggf. vor internationalen Gerichten, z. B. dem Internationalen Gerichtshof, ausgetragen werden.
Ausprägung der Staatenimmunität ist die Unverletzlichkeit des Staatsoberhaupts eines Landes im Ausland. Das Staatsoberhaupt unterliegt kraft Amtes keiner Haft, Festnahme, Strafverfolgung oder sonstiger Zwangsmaßnahmen des Gastlandes. Dasselbe gilt für amtierende Regierungschefs und Minister von Regierungen anderer Staaten und die sie amtlich begleitenden Angehörigen und ihr sonstiges Gefolge bei Besuchen in amtlicher Eigenschaft. Während die Immunität für Handlungen in Ausübung des Amtes auch nach Ende der Amtszeit fortbesteht, endet sie in Bezug auf private Handlungen mit dem Ende der Amtszeit.
Durch neuere Entwicklungen im Völkerrecht wird die Immunität des Staatsoberhaupts für die Kernverbrechen des Völkerstrafrechts und ius cogens (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression) zunehmend eingeschränkt. Vor internationalen Gerichten sind Strafverfahren auch gegen amtierende Staatsoberhäupter zulässig. So wurde der serbische Präsident Slobodan Milošević vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien angeklagt. Charles Taylor, bei Anklageerhebung amtierender Präsident Liberias, wurde vor dem Sondergerichtshof für Sierra Leone verurteilt. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof ist ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren sudanesischen Präsidenten Umar al-Baschir anhängig. Eine Überstellung aus sudanesischem Gewahrsam glückte bisher jedoch nicht. Al-Bashir ist weiterhin auf freiem Fuß. Der IStGH hat am 17. März 2023 gegen den russischen Staatspräsidenten Putin Haftbefehl erlassen.