Tintenfraß
Tintenfraß bezeichnet eine durch die Schreibflüssigkeit (Tinte) bedingte Zersetzung des Beschreibstoffes (Papier).
In das öffentliche Bewusstsein gelangte der Tintenfraß beispielsweise durch die notwendig gewordene Restaurierung zahlreicher Notenhandschriften von Johann Sebastian Bach. Tintenfraß entsteht an Papieren, die mit eisenvitriolhaltiger Tinte beschrieben wurden, wie bei der ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. benutzten Eisengallustinte. Diese war noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts die in Europa am meisten benutzte Schreibflüssigkeit und so auch durch Bach für seine Notenschriften.
Bei der Reaktion des Sulfat-Ions des in der Eisengallustinte enthaltenen Eisenvitriols (Eisen(II)-sulfat, ein Eisensalz der Schwefelsäure), mit Luftinhaltsstoffen (hier vor allem Wasser) entsteht Schwefelsäure, welche die Papierfasern durch Spaltung der Celulosepolymere angreift. Das Papier verliert daraufhin im Bereich der Schriftzüge an Festigkeit und zerfällt im extremen Fall vollkommen. Beim Bewegen oder Blättern betroffener Papierbögen oder Seiten brechen unversehens Fragmente mit Schriftzügen heraus. Die betroffenen Texte werden dadurch unvollständig und unverständlich, ganze historische Handschriftendokumente werden unbenutzbar. Um die Schriftzüge bilden sich infolge der Diffusion von Schwefelsäure in den Faserverbund oft bräunliche Höfe, die den Kontrast der Schriftzüge zum Papier verschlechtern, und so werden die Dokumente schlechter lesbar.
Ein mögliches Sicherungs- und Restaurierungsverfahren für betroffene Seiten ist das Papierspaltverfahren. Dessen Bedeutung ist gesunken, es wird nur noch selten angewandt.