Ungarische Räterepublik
Die Ungarische Räterepublik (ungarisch: Magyar Tanácsköztársaság, eigentlich Ungarländische Räterepublik, Magyarországi Tanácsköztársaság), auch Räte-Ungarn oder Kun-Regime genannt, war ein kurzlebiger sozialistischer Staat, der für viereinhalb Monate von 21. März bis zum 1. August 1919 bestand. Abgesehen von der Diktatur der russischen Bolschewisten handelte sich bei Räte-Ungarn um das einzige bedeutende kommunistische Regime der europäischen Zwischenkriegszeit.
Ungarische Räterepublik (Ungarländische Räterepublik) | |||||
Magyar Tanácsköztársaság (Magyarországi Tanácsköztársaság) | |||||
1919 | |||||
| |||||
Wahlspruch: Világ proletárjai, egyesüljetek! Deutsch: Proletarier aller Länder, vereinigt euch! | |||||
Räte-Ungarn von Räte-Ungarn besetzt (Slowakische Räterepublik) rumänisch besetzte Gebiete Räte-Ungarns von Frankreich und Jugoslawien kontrolliert | |||||
Amtssprache | Ungarisch | ||||
Hauptstadt | Budapest | ||||
Staats- und Regierungsform | Räterepublik mit sozialistischem Einparteiensystem | ||||
Staatsoberhaupt, zugleich Regierungschef | Sándor Garbai (de jure) Béla Kun (de facto) | ||||
Währung | Ungarische Krone | ||||
Errichtung | 21. März 1919 | ||||
Endpunkt | 1. August 1919 | ||||
Nationalhymne | Die Internationale |
Das linksradikale Räte-Ungarn entstand in Folge der gemeinsamen Machtübernahme der ungarischen Sozialdemokraten mit den Kommunisten unter Béla Kun, die sich umgehend zu einer sozialistischen Einheitspartei vereinigten. Gleichzeitig wurde Ungarn zu einer Räterepublik erklärt und die „Diktatur des Proletariats“ im Namen der Arbeiterklasse (einer kleinen Minderheit der Gesamtbevölkerung) ausgerufen. Die politische Opposition wurde verboten, die Pressefreiheit durch Zensur beschränkt und bis Anfang Mai weitgehend abgeschafft. Das bisherige Justizwesen wurde aufgelöst und durch ein System von Revolutionstribunalen ersetzt, die eine politische Klassenjustiz samt Todesstrafen praktizierten. Ebenso wurden die ungarischen Sicherheitskräfte durch rote Milizen ersetzt. Insbesondere die Lenin-Jungs fungierten dabei als politische Polizei und Terroreinheiten, die auch ohne Gerichtsurteile brutal gegen tatsächliche und vermeintliche Gegner des Regimes vorgingen.
Insgesamt forderte der ungarische Rote Terror binnen weniger Wochen etwa 300 bis 600 Tote sowie Tausende Misshandlungsopfer auf den Gebieten Räte-Ungarns sowie auf den von ungarischen Truppen besetzten Gebieten der Slowakischen Räterepublik. Historiker attestieren dem Roten Terror außerdem auch eine Mitverantwortung für das Ausmaß des auf die Räterepublik folgenden Weißen Terrors, der wesentlich brutaler und systematischer ausfiel als die vorangegangene rote Gewalt.
Außenpolitisch unterstützte das Kun-Regime im Sinne einer kommunistischen Weltrevolution auch die gewaltsamen Putschversuche der österreichischen Kommunisten gegen die demokratische Regierung in Wien, die jedoch scheiterten.