Unternehmen Zeppelin

Das Unternehmen Zeppelin war eine von SS-Sturmbannführer Heinz Gräfe initiierte Sabotage- und Zersetzungsoperation des Geheimdienstes der SS, des Sicherheitsdienstes (SD) im Amt VI (Ausland-SD) des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA). Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion kamen dabei ab 1942 im Hinterland der Roten Armee sowjetische Kriegsgefangene zum Einsatz, die freiwillig mit dem SD kollaborierten, um dort Aktionen durchzuführen.

Nachdem der Auslands-SD seit seiner Entstehung im Wettbewerb mit dem militärischen Geheimdienst der Wehrmacht stand, war das Unternehmen Zeppelin eine Konkurrenz zur Sabotage- und Zersetzungsabteilung Abwehr II. Die Abwehr II operierte überwiegend gegen militärische Ziele in Frontnähe während Zeppelin eher politisch-strategisch agierte. Die Operationen beider Geheimdienste überschnitten sich häufig, jedoch wurde auch kooperiert. Abwehrchef Wilhelm Canaris nutzte Teile der Abwehr II für den geplanten Sturz von Hitler zusammen mit der Militäropposition. Der SD und damit das Unternehmen Zeppelin dienten im Gegensatz dazu der Machterhaltung Hitlers. Als Hitler im Februar 1944 befahl, einen einheitlichen Geheimen Meldedienst aufzubauen, geriet die Abwehr schrittweise und nach dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 schließlich völlig unter die Kontrolle des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA).

Der SD war 1946 im Nürnberger Militärtribunal als verbrecherische Organisation eingestuft worden. Kriegsverbrechen beim Unternehmen Zeppelin waren in Nürnberg 1948 auch Gegenstand einer Verhandlung gegen den Leiter des Auslands-SD, Walter Schellenberg. Die deutsche Justiz hingegen befasste sich erst ab 1962 mit dem Unternehmen Zeppelin, als die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg ein sogenanntes Zeppelin-Verfahren eröffnete. In Düsseldorf lief gar erst 1963 ein Verfahren gegen vormalige Zeppelin-Angehörige wegen der aktenkundigen Morde, die bereits in Nürnberg beim Militärtribunal Thema waren.

Inzwischen hatten viele Ehemalige des Unternehmen Zeppelin ihre Tätigkeit entgegen den Tatsachen als besonders erfolgreich dargestellt, um in den Geheimdiensten des Westens eine zweite Karriere zu starten bzw. einer Strafverfolgung wegen Kriegsverbrechen zu entgehen. Auf diese Weise konnten sie im beginnenden Kalten Krieg weiter geheime Operationen gegen die Sowjetunion durchführen. Sie stellten so ein Sicherheitsrisiko ersten Grades für diese Geheimdienste dar, denn viele Zeppelin-Angehörige waren aufgrund ihrer Kriegsvergangenheit erpressbar und den Geheimdiensten des Ostens bestens bekannt. In Moskau wusste man, dass die Westalliierten die Erfahrungen der Deutschen gegen die Sowjetunion nutzen würden. Das Ministerium für Staatssicherheit (MGB), der Vorläufer des KGB, sammelte alle erbeuteten Dokumente 1946 in dem Sonderarchiv Moskau. Die vorhandenen Erkenntnisse zum Unternehmen Zeppelin wurden beim MGB 1947 zusammengefasst. Die sowjetischen Sicherheitsorgane entwickelten daraus und durch Befragungen deutscher Kriegsgefangener Operationen gegen den Westen in den Folgejahren des Kalten Krieges.

1974 erhielt schließlich das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) u. a. Akteneinsicht zum Unternehmen Zeppelin beim KGB und durfte massenhaft Kopien erbeuteter Dokumente aus Kriegszeiten anfertigen. Dieser umfängliche Aktenfundus wurde von der Hauptabteilung IX/11 des MfS (NS-Archiv) 1977 in einer Forschungsarbeit analysiert. In der Folge wurde alle identifizierten Personen den diversen Einheiten des MfS zur weiteren Bearbeitung zugewiesen. Die Angehörigen des Unternehmen Zeppelin blieben somit bis zu ihrem Lebensende Zielobjekte östlicher Geheimdienste. Heute befindet sich dieser komplette Aktenfundus zum Unternehmen Zeppelin im sogenannten Stasi-Archiv des Bundesarchivs in Berlin.

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